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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern
Autoren: Lisa Scott
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Sicherheitsbeamte, der vor Anne gewarnt hatte, war der Geschwätzigste, mit einer immer noch durchtrainierten Figur, unnatürlich schwarzen Haaren, einer Bifokalbrille und einem Namensschild, auf dem OFFICER SALVATORE BONANNO stand. »Macht Platz, Jungs! Es ist der Rotschopf - und er ist mies drauf!«
    »Ganz richtig, Sal.« Anne warf ihren ledernen Aktenkoffer und ihre übergroße Kate-Spade-Umhängetasche auf das Transportband. »Drückt mir die Daumen.«
    »Was geht heute ab, meine Schöne?«
    »Das Übliche. Wieder ein Kampf für die gerechte Sache. Und ich zahle viel zu viel für meine Schuhe.« Anne trat durch das Sicherheitsportal, während Tasche und Aktenkoffer durch den Röntgenapparat glitten. »Haben die Herren schon Pläne für das lange Wochenende? «
    »Ich würde gern mit Ihnen tanzen gehen«, erwiderte Officer Bonanno und entblößte lächelnd seine dritten Zähne. Die anderen Wachen lachten schallend, mit Stimmen, die von zu vielen Zigarettenpausen am Personaleingang an der Siebten Straße rau geworden waren. Bonanno ignorierte sie fröhlich. »Ich könnte Ihnen den Jitterbug beibringen. Na, wie steht's, Rotschopf?«
    »Ha!«, warf Officer Sean Feeney breit grinsend ein. »Du und die liebreizende Miss Murphy ... Nur in deinen Träumen!« Feeney war ein rotgesichtiger, untersetzter Fünfundsechzigjähriger mit Augenbrauen buschig wie Raupen. »Sie ist ein irisches Mädchen und spart sich für mich auf.« Er wandte sich an Anne. »Ihre Familie kommt aus dem County Galway, stimmt's, Annie? Sie haben wunderschöne Haut, wie alle Mädchen aus Galway.«
    »Galway? Liegt das bei Glendale? «, fragte Anne, und alle lachten. Sie wusste nie, was sie sagen sollte, wenn ihr jemand Komplimente zu ihrem Aussehen machte. Das Röntgengerät spuckte ihre Tasche und den Koffer wieder aus, und sie wollte gerade zugreifen, als zwei Reporter sie einholten. Rasch warfen sie ihre Taschen auf das Fließband und bombardierten Anne mit Fragen.
    »Ms. Murphy, möchten Sie einen Kommentar zu der Verhandlung in der nächsten Woche abgeben?« - »Warum will Ihr Mandant keinen Vergleich schließen? « - »Steht dadurch nicht der Börsengang von Chipster auf der Kippe? « Sie redeten alle durcheinander. »Anne, worum geht es bei der heutigen Eingabe?« - »Warum wollen Sie den Geschworenen diesen Beweis vorenthalten? «
    »Kein Kommentar.« Anne packte ihre Taschen und wollte vor der Presse Reißaus nehmen, aber wie sich herausstellte, war das nicht mehr nötig. Officer Bonanno stellte sich mit eisigem Blick hinter seinen Bifokalgläsern den Reportern in den Weg.
    »Yo, Leute!«,  bellte er mit seinem Philadelphia-Akzent.  »Ihr kennt die Regeln! So was läuft im. Gericht nicht! Wie könnt ihr dieser  jungen Dame nur so zusetzen?«
    Officer Feeney sah den ersten Reporter stirnrunzelnd an und winkte ihn zu sich. »Kommen Sie mal her, Sir. Ich glaube, ich muss Sie mal gründlich scannen.« Er griff unter die Theke und tauchte mit einem Metalldetektor in der Hand wieder auf. »Kommen Sie schon. Und Sie auch.« Mit dem Gerät winkte er dem zweiten Reporter zu, und die anderen Wachmänner bauten sich hinter ihm auf wie eine altersschwache Phalanx.
    »Aber ich  gehöre zur Presse! «, protestierte der Journalist. »Ich bin Gerichtsreporter. Sie sehen mich doch jeden  Tag. Ich heiße  Allen Collins. Wollen Sie meinen Ausweis  sehen?« Hinter ihm blieb seine Leinentasche plötzlich  im Röntgengerät stecken, und der Sicherheitsbeamte, der den  Monitor überwachte, konfiszierte sie kurzerhand. Der  Reporter drehte sich verwirrt zu ihm um. »He, Moment mal! «
    Officer Bonanno schickte Anne mit neu gewonnener  Autorität zu den Aufzügen. »Gehen Sie ruhig weiter, Miss! «
    »Danke, Officer.« Anne unterdrückte ein Lächeln, als sie in die Aufzugskabine trat und auf den Knopf für den neunten Stock drückte. Sie hatte nicht um Hilfe gebeten und fühlte sich ein klein wenig schuldig, weil sie sie angenommen hatte. Aber nur ein klein wenig.
    Kurz darauf befand sich Anne im neunten Stock und betrat einen geräumigen, modernen Gerichtssaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Der Fall Chipster - Klage wegen sexueller Belästigung gegen Gil Martin, Philadelphias bekanntesten Internetmillionär - hatte seit dem Tag, als die Klage eingereicht worden war, die Aufmerksamkeit der Presse auf sich gezogen. Reporter, Gerichtsmediziner und das Publikum drängten sich auf den polierten, modernen Sitzbänken aus dunklem Holz. Beinahe
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