Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord ist schlecht fürs Geschäft

Mord ist schlecht fürs Geschäft

Titel: Mord ist schlecht fürs Geschäft
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Sammlung von Kleidungstücken aus vergangenen Zeiten hielt sie bei Verstand. Wenn sie darüber nachdachte, wer wohl diese Handschuhe, diese Knöpfstiefelchen, dieses spitzenverzierte Hemd getragen haben mochte, vergaß sie eine Zeitlang, dass die Wäscherei zwei Dutzend Tischdecken verlegt hatte oder dass die Flitterwöchner von Zimmer drei die Sprungfedern in ihrem Bett dauerhaft ruiniert hatten.
    Honey besaß eine kleine, aber höchst interessante Sammlung von Spitzenhandschuhen, Seidenstrümpfen, Strumpfbändern und einigen sehr aufreizenden Dessous. Heute hatte |8| sie das große Los gezogen. Sie hätte noch mehr ersteigert, hätte nicht Casper angerufen.
    »Ihr erster Fall«, sagte er. Seine Stimme am anderen Ende der Leitung klang blechern. Ringsum war die Auktion in vollem Gange.
    »In Ordnung«, antwortete sie, ein Auge auf den Auktionator und das viktorianische Korsett gerichtet, das gerade an der Reihe war: Fischbein und Spitze und für eine Wespentaille gemacht, die weniger Umfang hatte als heutzutage ein Oberschenkel.
    Honey sabberte beinahe vor Begierde.
    »Wo sind Sie? Sind Sie in der Nähe?«
    Honey blickte sich verstohlen um. Sollte sie lügen?
    »Die Wahrheit, meine Liebe«, sagte Casper, als könne er Gedanken lesen.
    »Ich bin in Jolly’s Auktionshaus.«
    »Gut. Um spätestens halb zwölf sind Sie hier.«
    Mit »hier« meinte er sein Büro. Er legte auf, und das Knacken knallte wie ein Pistolenschuss. Casper ließ sich ungern mit einem »Nein« abspeisen.
    Und das Korsett?
    »Zum Dritten!«
    Verzweifelt winkte sie dem Mann auf dem Podest zu.
    »Tut mir leid, gnädige Frau. Zu spät.«
    Verdammt! Es war ein so hübsches kleines Korsett gewesen, roter Satin mit schwarzem Spitzenbesatz. Ganz bestimmt französisch. Ganz bestimmt aufreizend.
    »Aber nicht für dich bestimmt«, murmelte sie vor sich hin, als sie sich einen Weg durch Händler, Schaulustige und Schnäppchenjäger bahnte.
    Auf dem Weg nach draußen blickte sie auf die Uhr.
    Erst musste sie noch ihre Rechnung bezahlen und ihre neueste Errungenschaft abholen. Die war riesig, passend zum Preis.
    »Die ist aber nicht für Sie, Mädel?« Der Mann an der Kasse grinste.
    |9| Alistair war ein bulliger, zotteliger Schotte.
    »Doch! Ich mach mir ’n Zelt draus!«
    Vor der Tür stopfte sie den viktorianischen Liebestöter in ihre marokkanische Ledertasche. Angeblich hatte diese Riesenunterhose einmal Königin Viktoria gehört – daher der Preis. Die Tasche war geräumig, aber der Liebestöter war geräumiger. Wie ein Fähnchen flatterte ein Zipfel von einem baumwollenen Unterhosenbein aus der offenen Tasche hervor.
    Als Honey am Pump Room vorüberging, brach die Sonne durch die Wolken und ließ die elegante Fassade in warmem Honiggold aufleuchten. Drinnen spielte ein Streichquartett den Leuten Händel vor, die da saßen und aus echten Porzellantassen Tee aus echten Teeblättern tranken und echte Schlagsahne aßen, die aus schottischen Scones und pappsüßen Krapfen troff. Die Musik schwebte durch die Luft, aber die Wogen von Honeys aufgewühlten Gefühlen konnte sie nicht glätten.
    Die ärgerte sich, dass ihr das Korsett durch die Lappen gegangen war. Roter Satin! Und über hundert Jahre alt! Was für eine Rarität!
    Verdammt sollte er sein, dieser Casper St. John Gervais! Wenn er nicht darauf bestanden hätte, dass sie sofort zu ihm käme, Punkt halb zwölf, dann würde das Korsett jetzt ihr gehören!
    Es hätte ihr sogar gepasst.
    Na ja, vor zehn Jahren vielleicht. Sie lächelte leise vor sich hin. Jetzt musst du dich als wohlgerundet bezeichnen, meine Liebe, nicht mehr als schlank. Doch hatte anderseits heutzutage nicht jede Frau eine Taille jenseits der viktorianischen 18 Zoll?
    Im Stadtzentrum von Bath herrschte geschäftiges Treiben. Das war im Juni nicht anders zu erwarten. Vor den Büros, Banken und Läden quollen die Hängekörbe vor prächtigen Geranien über. Ranken von buntblättrigem Efeu und dunklem Blaukissen schmückten die Laternenmasten. Sobald einmal |10| die Sonne herauskam, erstrahlten die elegant geschwungenen Fassaden der Straßen und Plätze aus der Regency-Zeit 1 beinahe primelgelb.
    Monat für Monat kamen Touristen aus aller Welt angereist, bestaunten die römischen Bäderanlagen, verschlangen die gigantischen Buns, die in »Sally Lunn’s Teashop« angeboten wurden, und ließen sich vor der Abteikirche, im Royal Crescent oder am Ende der Pulteney Bridge fotografieren.
    Touristen waren das Lebenselixier der Stadt, der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher