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Moon

Moon

Titel: Moon
Autoren: James Herbert
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Gabby?«
    »Es geht ihr gut... sozusagen. Sie ist nebenan, bei Annabel, und spielt. Ich glaube, es geht darum, wer die größte Verwüstung hinkriegt. Melanie wollte sie den Nachmittag über in den Garten verbannen, aber das läßt das Wetter ja nicht zu... Wie ist es bei euch da drüben? -Hier schüttet es.«
    »Ja, hier auch. Ich denke, es wird wohl Sturm geben...«
    Wieder Stille.
    »Hör mal, ich hab' sozusagen ziemlich viel zu tun, Jonathan. Bis um vier muß ich in der Stadt sein.«
    »Du arbeitest samstags?«
    »In gewisser Weise schon. Einer von unseren Autoren kommt heute in London an, und sein Verleger möchte, daß ich mich um ihn kümmere... Ein Vorgeschmack auf seine Signiertour nächste Woche.«
    »Hätte sich nicht Ashby darum kümmern können?«
    Ihre Stimme nahm einen scharfen Tonfall an. »Wir betreiben die Agentur auf Partnerschaftsbasis - ich trage meinen Teil. Überhaupt, was erwartest du von einer wiedergeborenen Karrierefrau?«
    Die kaum verhüllte Anklage saß, und er fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sie je damit fertig werden würde, daß er abgehauen war. Abgehauen war ihre Formulierung.
    »Wer kümmert sich um Gabby?«
    »Sie wird bei Melanie zu Mittag essen, und Janet holt sie dann später ab.« Janet war das junge Mädchen, das seine frühere Frau als Tages-Kindermädchen eingestellt hatte. »Sie wird bei Gabby bleiben, bis ich wieder nach Hause komme. Genügt dir das?«
    »Fran, ich wollte nicht... «
    »Du hättest nicht fortgehen müssen, Jon. Niemand hat dich rausgeworfen.«
    »Du hättest nicht dableiben müssen«, erwiderte er ruhig.
    »Ich sollte eine ziemliche Menge einfach aufgeben.«
    »Damals war die Agentur nur eine Halbtags-Sache.«
    »Aber sie war mir wichtig. Und jetzt ist sie's um so mehr... sie muß es sein. Aber es gab noch andere Gründe. Unser Leben hier.«
    »Es ist unerträglich geworden.«
    »Und wessen Fehler war das?« Ihre Stimme wurde weich, als bedauere sie ihre Worte. »Schon gut, ich weiß... Die Dinge, die passiert sind... alles ist außer Kontrolle geraten. Ich hab' versucht, zu verstehen, damit fertig zu werden. Aber du warst derjenige, der weglaufen wollte.«
    »Es ging um mehr, und das weißt du.«
    »Ich weiß, ja, aber irgendwann hätte sich alles wieder gelegt... Alles.« Sie wußten beide, was sie damit meinte.
    »Man kann nie sicher sein.«
    »Hör mal, ich hab' jetzt keine Zeit dafür, ich muß mich beeilen. Ich gebe Gabby einen Kuß von dir, und vielleicht ruft sie dich morgen an.«
    »Ich würde sie gern sehen... bald.«
    »Ich... ich weiß nicht. Vielleicht nach dem Zwischenzeugnis. Wir werden sehen.« »Tu mir einen Gefallen, Fran.«
    Sie seufzte. Ihr Ärger war verflogen. »Laß hören.«
    »Schau nach Gabby, bevor du weggehst. Schau nur kurz hinein, sag Hallo. Vergewissere dich, daß sie okay ist.«
    »Was soll das, Jon? Das hätte ich sowieso getan, aber wie kommst du darauf?«
    »Es ist nichts. Schätze, dieses leere Haus macht mich fertig. Man macht sich Sorgen, weißt du.«
    »Du hörst dich... seltsam an. Bist du wirklich so erledigt?«
    »Das geht vorbei. Tut mir leid, daß ich dich aufgehalten habe.«
    »Ich werde schon hinkommen. Brauchst du irgendwas, Jon, kann ich dir was rüberschicken?«
    Gabby. Du kannst mir meine Tochter rüberschicken. »Nein, ich brauche nichts. Alles in Ordnung. Trotzdem danke.«
    »Okay. Muß jetzt los.«
    »Viel Glück mit deinem Schreiberling.«
    »So, wie das Geschäft geht, nehmen wir alles, was wir kriegen können. Und er wird eine gute Promotion kriegen. Bis bald.«
    Die Verbindung war unterbrochen.
    Childes kehrte ins Wohnzimmer zurück und ließ sich auf das Sofa fallen. Er beschloß, daß er keinen weiteren Drink wollte. Er nahm seine Brille ab und rieb sich mit steifgewordenen Fingern die Augen, und das Bild seiner Tochter verschwamm.
    Gabrielle war vier Jahre alt gewesen, als er sie verlassen hatte. Er hoffte so sehr, daß sie ihn eines Tages verstehen würde.
    Er saß lange da, den Kopf an die Sofalehne zurückgefallen, die Beine auf dem kleinen, gemusterten Teppich und dem sauberen Parkettboden ausgestreckt; die Brille in einer Hand, und diese Hand auf den Brustkorb gelegt. Er starrte zur Decke empor, und ab und zu schloß er die Augen und versuchte sich daran zu erinnern, was er gesehen hatte.
    Aber aus einem unerfindlichen Grund war alles, was er noch zusammenbrachte - rot. Rote Farbe. Ein dickes, klebriges Rot. Und er glaubte, das Blut sogar riechen zu können.

Der erste Alptraum kam in
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