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Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6

Titel: Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Autoren: Robin Cook
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gesperrt, um sie von hier zu entführen«, erklärte Lou. »Und dann haben sie sie mitsamt dem Sarg in einem der Leichenwagen abtransportiert.«
    »Um Himmels willen«, platzte Jack heraus und sah Laurie an. »Da hast du mir ja nie von erzählt.«
    »Ich habe versucht, das alles zu verdrängen«, entgegnete Laurie und fügte dann ohne eine Pause hinzu: »Wartet mal gerade einen Moment auf mich.«
    Sie ging in das Büro der Leichenhalle, wo sie sich eine Kopie der Liste besorgen wollte, auf der die in der vergangenen Nacht eingelieferten Fälle den jeweiligen Kühlfächern zugeordnet waren.
    »Ich wage gar nicht, mir vorzustellen, wie man sich wohl fühlen muß, wenn man in einem Sarg eingesperrt ist«, sagte Jack und schüttelte sich. Er litt vor allem unter Höhenangst, aber auf so engem Raum eingesperrt zu sein, mußte fast genauso schlimm sein, wie aus tausend Metern Höhe in einen Abgrund zu blicken.
    »Ich kann’s mir auch kaum vorstellen«, pflichtete Lou ihm bei. »Aber sie hat sich erstaunlich schnell erholt. Eine knappe Stunde nach ihrer Befreiung aus dem Sarg war sie schon wieder so geistesgegenwärtig, daß sie es geschafft hat, uns beide zu retten. Für mich war das ganz schön demütigend, denn eigentlich war ich ja gekommen, um sie zu retten.«
    »Alle Achtung!« sagte Jack und schüttelte den Kopf. »Dabei hatte ich bis heute geglaubt, daß niemand etwas Schlimmeres durchgemacht hat als ich, als mich dieses Killerpaar mit Handschellen an der Spüle festgekettet hat und sich nicht einigen konnte, wer mich um die Ecke bringen sollte.« Als Laurie aus dem Büro zurückkam, wedelte sie mit einem Blatt Papier.
    »Fach Nummer einhundertelf«, sagte sie. »Ich hatte übrigens recht: Die Leiche ist noch nicht geröntgt worden.« Dann stürmte sie wie eine Olympia-Geherin los. Jack und Lou hatten einige Mühe, sie wieder einzuholen. Schnurstracks steuerte sie auf das Kühlfach einhundertelf zu. Dort angekommen, klemmte sie sich die Autopsieakte unter den linken Arm und öffnete mit der rechten Hand das Schnappschloß. Mit einem geübten Griff schwang sie mühelos die Tür auf und ließ die auf Kugellagern rollende Bahre herausgleiten. Im nächsten Moment legte sich Lauries Stirn in Runzeln.
    »Das ist ja wirklich seltsam!« rief sie. Die Bahre war leer. Man konnte lediglich ein paar Blutflecken und vereinzelte getrocknete Sekretreste erkennen.
    Laurie drückte die Bahre zurück ins Fach und schloß die Tür. Dann überprüfte sie noch einmal die Nummer, doch sie hatte sich nicht geirrt. Sie hatte das Fach Nummer einhundertelf geöffnet. Nachdem sie sich noch einmal auf der Liste vergewissert hatte, daß sie die Zahl auch richtig gelesen hatte, öffnete sie die Tür des Kühlfaches ein zweites Mal. Die Hand an der Stirn, versuchte sie das blendende Licht abzuschirmen; dann spähte sie angestrengt in das dunkle Innere des Fachs. Aber es gab keinen Zweifel. Die Überreste von Carlo Franconi waren nicht da.
    »Was zum Teufel soll das bedeuten?« fluchte Laurie und knallte die Isoliertür wieder zu. Um sicherzugehen, daß nicht etwa irgendein dummer logistischer Fehler vorlag, öffnete sie nacheinander sämtliche Fächer, die sich in der näheren Umgebung befanden. Bei allen Fächern, die Leichen enthielten, überprüfte sie die Namen und die Kühlfachnummern. Doch bald war auch der letzte Zweifel beseitigt: Carlo Franconi war nicht dabei.
    »Ich kann es einfach nicht glauben«, entfuhr es Laurie; sie war frustriert und wütend. »Die verdammte Leiche ist einfach nicht da.«
    Jack hatte sich ein Grinsen nicht verkneifen können, als er gesehen hatte, daß das Fach einhundertelf leer war. Beim Anblick von Lauries wütendem Gesicht konnte er nicht mehr an sich halten. Er mußte laut und herzlich loslachen, womit er Laurie natürlich noch mehr auf die Palme brachte.
    »Tut mir ja leid«, brachte er schließlich hervor. »Meine Intuition hat mir zwar gesagt, daß du dich mit diesem Fall in bürokratische Probleme verstricken würdest - aber offensichtlich lag ich wohl falsch: Vielmehr wird dieser Fall den Bürokraten ein paar gehörige Probleme bescheren.«

 
    Kapitel 2
    4. März 1997, 13.30 Uhr
    Cogo, Äquatorialguinea
     
    Kevin Marshall legte den Bleistift aus der Hand und sah aus dem Fenster vor seinem Schreibtisch. Das Wetter draußen war recht angenehm und stand in starkem Kontrast zu seinem inneren Aufruhr. Seit Monaten sah man zum ersten Mal den blauen Himmel, die Trockenzeit hatte endlich begonnen.
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