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Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6

Titel: Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Autoren: Robin Cook
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gußeisernen Kronleuchtern beleuchtet wurde. Der Raum, in dem ohne weiteres bis zu hundert Menschen Platz fanden, war früher wahrscheinlich einmal als Festsaal genutzt worden.
    Kevin betrat das Haus und stieg die zentrale Treppe empor. Sie mündete in einen engen Flur, von dem aus er ins Eßzimmer gelangte. Wie erwartet, fand er einen gedeckten Mittagstisch vor.
    Eigentlich war das Haus viel zu groß für ihn, denn er hatte keine Familie. Doch als er diese Bedenken bei der ersten Begehung des Objektes geäußert hatte, hatte Siegfried Spallek ihn darauf hingewiesen, daß die Entscheidung in Boston getroffen worden sei und es daher nicht besonders ratsam erscheine, sich darüber zu beklagen. Also hatte Kevin die Zuteilung akzeptiert, doch der Neid seiner Kollegen machte ihm häufig zu schaffen. Wie durch Zauberei stand plötzlich Esmeralda in der Tür. Kevin fragte sich immer wieder, wie sie das bloß anstellte. Es war, als ob sie ständig nach ihm Ausschau hielt. Sie war eine angenehme, etwas rundliche Frau mit traurigen Augen und von undefinierbarem Alter. Sie trug ein bedrucktes Kleid in den knalligsten Farben und dazu ein passendes Tuch, das sie sich stramm um den Kopf gewickelt hatte. Neben ihrem Eingeborenendialekt sprach sie fließend Spanisch und ein passables Englisch, das von Tag zu Tag besser wurde. Von montags bis freitags wohnte Esmeralda in dem Hausmädchen-Apartment, die Wochenenden verbrachte sie mit ihrer Familie, die in einem Dorf am östlichen Ufer der Flußmündung lebte. Das Dorf war von GenSys aus dem Boden gestampft worden, um die vielen lokalen Arbeiter unterzubringen, die in der »Zone« beschäftigt waren. Die »Zone« - so wurde das Gebiet bezeichnet, das GenSys für sein Projekt in Äquatorialguinea in Beschlag genommen hatte. Esmeralda und ihre Familie waren aus dem auf dem Festland von Äquatorialguinea gelegenen Bata umgesiedelt worden. Die Hauptstadt Malabo befand sich auf einer Insel namens Bioko. Kevin hatte Esmeralda angeboten, daß sie auch während der Woche an den Abenden nach Hause gehen könne, wenn sie Lust dazu habe, doch sie hatte abgelehnt. Als Kevin sein Angebot stetig erneuerte, hatte sie ihm irgendwann erzählt, man habe ihr befohlen, in Cogo zu bleiben.
    »Ich habe eine telefonische Nachricht für Sie«, sagte Esmeralda.
    »Ach ja?« entgegnete Kevin nervös. Sein Herz fing sofort an zu rasen. Es passierte nur äußerst selten, daß ihm jemand eine telefonische Nachricht hinterließ, und in seinem derzeitigen Zustand konnte er auf weitere unvorhergesehene Ereignisse gut verzichten. Der nächtliche Anruf von Taylor Cabot hatte ihn schon genug durcheinandergebracht.
    »Dr. Raymond Lyons hat aus New York angerufen«, fuhr Esmeralda fort. »Er bittet um Rückruf.«
    Daß der Anruf aus dem Ausland kam, überraschte Kevin nicht weiter. GenSys hatte in der Zone ein Satellitenfunksystem eingerichtet, mit dem es sich leichter nach Europa oder in die USA telefonieren ließ als nach Bata, das keine hundert Kilometer nördlich von Cogo lag. Telefonate in die Hauptstadt Malabo waren so gut wie unmöglich.
    Kevin steuerte auf das Wohnzimmer zu, wo sich auf einem Ecktisch sein Telefon befand.
    »Möchten Sie zu Mittag essen?« fragte Esmeralda.
    »Ja«, erwiderte Kevin. Er hatte zwar immer noch keinen Hunger, wollte Esmeralda aber einen Gefallen tun. Kevin ließ sich an seinem Telefontischchen nieder. Den Hörer bereits in der Hand, überschlug er schnell, daß es in New York etwa acht Uhr morgens sein mußte. Er fragte sich, warum Dr. Lyons wohl angerufen hatte, und kam zu dem Schluß, daß es irgend etwas mit seinem kurzen Telefonat mit Taylor Cabot zu tun haben mußte. Es gefiel Kevin ganz und gar nicht, daß Carlo Franconi obduziert werden sollte, und er konnte sich vorstellen, daß Raymond Lyons das ähnlich sah.
    Kevin war Raymond zum ersten Mal vor sechs Jahren begegnet, und zwar in New York während eines Treffens der Amerikanischen Vereinigung für die Förderung der Wissenschaft, wo Kevin einen Vortrag gehalten hatte. Eigentlich haßte er es, die Ergebnisse seiner Arbeit öffentlich zu präsentieren, was deshalb auch nur äußerst selten vorkam, doch damals hatte ihn der Leiter seiner Abteilung in Harvard dazu gedrängt. Seit seiner Doktorarbeit hatte Kevin sich für die Transposition von Chromosomen interessiert, jenem Prozeß also, bei dem die Chromosomen einzelne Bestandteile austauschen, um die Anpassung einer Spezies an die natürlichen Umstände und somit die Evolution
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