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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Hanna Julian
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machen, ohne dass du dich zusätzlich mit einem Job für die Miete rumschlagen musst. Wenn sie dein Schwulsein akzeptieren, hast du doch eigentlich ganz gute Karten.“
    Kai nickte. „Ja, ich weiß.“ Nach einer Weile fügte er an: „Aber mit einer eigenen Bude ist vieles einfacher. Man hat eben einfach mehr ... Privatsphäre.“ Kenny schien zu überlegen, dann lachte er. „Ich denke, ich weiß, was du meinst. Aber glaube mir, in Ruhe wichsen zu können, ist es nicht wert, extra auszuziehen und sich die Kohle dafür beschaffen zu müssen. Schließ einfach deine Tür ab, bevor du dir einen runterholst und genieß ansonsten deine Unabhängigkeit.“
    Kai starrte ihn an. „Du bist ja ziemlich direkt“, murmelte er dann.
    „ Hey, das Leben ist kurz. Ich habe noch nie lange um Dinge herumgeredet. Vielleicht das einzig Positive, das ich von meinem Alten geerbt habe.“
    Kai biss sich auf die Lippe. Kennys Nähe und dessen ungehemmte Worte zum Thema Selbstbefriedigung hatten dafür gesorgt, dass Kai nun mit einem halberigierten Ständer in der Hose dasaß.
    „ Wie ist das so in der Geisterbahn?“, fragte er, um sich abzulenken. Kenny zuckte mit den Schultern. „Gruselig, denke ich. Warst du noch nicht drin?“
    „ Nein, ich bin irgendwie noch nicht dazu gekommen.“
    Kenny lachte. „Du hast Angst!“
    „ Hab ich nicht. Echt nicht!“, versicherte Kai rasch.
    „ Okay, dann komm mit!“ Kenny stand auf und ging bereits über die Wiese in Richtung Kirmes. Alles lag inzwischen im Dunkeln da und Kai runzelte die Stirn. „Wohin willst du denn?“, fragte er verblüfft.
    „ Ich zeige dir die Geisterbahn – von innen.“ Kai riss die Augen auf. „Aber die ist ausgeschaltet. Das lohnt sich doch gar nicht.“
    „ Du hast doch Angst“, mutmaßte Kenny grinsend. Kai schüttelte den Kopf. Er dachte darüber nach, dass er eigentlich schon auf dem Weg nach Hause sein müsste, um keine Diskussion mit seinen Eltern zu riskieren. Aber wenn er das nun ins Feld führen würde, glaubte Kenny am Ende noch, es sei nur eine dumme Ausrede.
    „ Ich habe keine Angst“, wiederholte Kai, „zeig mir deine Geisterbahn“, sagte er dann entschieden und folgte Kenny.
     
    ~*~
     
    Während sie die Wiese verließen und zwischen den geschlossenen Buden entlanggingen, wühlte Kenny in seiner Hosentasche. „Du hast Glück, dass mir mein Chef den Schlüssel überlassen hat. So kommst du in den Genuss einer exklusiven Führung. Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht zu laut sind. Und leider wirst du die ganze Strecke zu Fuß und im Dunkeln zurücklegen müssen. Sämtliche Türen sind von Hand zu öffnen und die Geräuschkulisse fällt heute sehr stumm aus. Sorry, aber nur zahlende Gäste bekommen den vollen Service.“ Kenny lachte leise, während er den Schlüssel ins Schloss schob.
    „ Das macht gar nichts“, erwiderte Kai ebenfalls mit leiser Stimme. „Ich finde es aufregend, dass du mir das alles zeigen willst, auch wenn es nun vermutlich nur halb so gruselig sein wird.“
    Wie sehr er sich bei dieser Vermutung getäuscht hatte, wurde Kai sofort klar, als Kenny nach einer Taschenlampe griff, die direkt hinter dem Eingang lag, und das erste Monster in den Lichtkegel getaucht wurde. Die Figur stand rechts neben den Schienen und blickte mit blutigen Augen auf die Fahrgäste hinab, die normalerweise unter ihr hindurch fuhren.
    „ Das ist Madam Griselda. Sie hält sich Raben als Haustiere, siehst du?“, Kenny zeigte auf ein paar schwarze Vögel, die an einem Rad befestigt waren, das wohl sonst über den Köpfen der Besucher kreiste. „Dummerweise haben die Biester ihr die Augen ausgehackt, aber das ist nur der Fantasie der Fahrgäste überlassen. Wer glauben will, ihr sei nur die Wimperntusche verlaufen, den klären wir nicht über die wahren Hintergründe ihres Leidens auf.“ Kenny zwinkerte Kai zu, der die blutigen Augen nun näher betrachtete. Plötzlich erklang ein Geräusch aus der Figur, das Kai erst erschreckte und dann zum Lachen brachte.
    Auch Kenny lachte und sagte dann mit schauriger Stimme: „Und manchmal furzt Griselda ... das ist das Schlimmste, das dir hier in der Geisterbahn passieren kann. Gut, dass wir das jetzt hinter uns haben.“
    Kai bekam sich gar nicht mehr ein vor Lachen, bis Kenny einen Finger vor die Lippen hielt, um ihn daran zu erinnern, dass sie leise sein mussten. Als Kai sich beruhigt hatte, erklärte Kenny: „Das ist die Druckluft, mit der die Figuren bewegt werden. Ab und an entweicht sie,
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