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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Hanna Julian
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blendete auch das aus. Irgendwie war ihm plötzlich alles zu viel. Die flackernden Lichter, die laute Musik und die donnernden Wagen des Loopings. Kai kam der Gedanke, wie irre es aussehen würde, wenn in diesem Moment jemand die Zeit einfach anhielte. Das wäre mal eine richtig coole Sache! Aber das tat natürlich niemand und daher war Kai klar, dass sich Sascha und Lennart bald eilig von ihm verabschieden würden, um in Saschas neuer Bude vögeln zu gehen. Bis Kai sich selbst eine eigene Wohnung würde leisten können, würden vermutlich noch Monate vergehen. Klar, dass Sascha ganz schön angab, seit er seiner elterlichen Aufsicht entkommen war und niemandem mehr Rechenschaft über das ablegen musste, was er so trieb ... und mit wem ... und wie oft. 
    Kai seufzte erneut bei dem Gedanken und hörte nur mit halbem Ohr hin, als seine Freunde ihn tatsächlich fragten, ob sie ihn eine Zeitlang auf der Kirmes allein lassen könnten. Da er wusste, dass es ohnehin nichts bringen würde, sie aufhalten zu wollen, gab er sich jovial.
    „ Klar, wir sehen uns dann.“
    „ Super, bis später“, sagte Lennart mit schwerer Stimme. Sein Atem klang jetzt schon so, als stecke er bis zum Anschlag in Saschas Hintern.
    „ Viel Spaß“, murmelte Kai und sah zu, wie seine Freunde über die Wiese eilten, um den Weg abzukürzen. Er erinnerte sich daran, wie sie ihm vor einer Woche erzählt hatten, dass sie es nach einer Tour mit dem Fahrrad nicht einmal mehr in die Wohnung geschafft hatten. Noch im Fahrradkeller hatten sie sich gegenseitig die Schwänze gerieben und waren aus dem Lachen nicht mehr rausgekommen, als sie Kai berichtet hatten, dass nicht nur ihre Fahrräder einen mächtigen Ständer gehabt hätten. Die Beiden konnten schon arg albern werden ... und doch war überdeutlich, dass sie eine verdammt gute Zeit miteinander hatten. Leider hatte dies jedoch zur Folge, dass Kai immer häufiger allein unterwegs war. 
     
    ~*~
     
    Kai steckte die Hände in die Jackentaschen und schlenderte durch die Menge langsam zurück bis zu der Stelle, an der die Geisterbahn stand. Hinter ihm droschen ein paar Jungs auf eine Boxbirne ein, um messen zu lassen, wie hart ihr Schlag war. Sie sahen so aus, als würden sie diesen Test durchaus auch an Menschen vornehmen, die anders waren, als sie selbst. Kai war sich seiner Andersartigkeit bewusst, seit er etwa Vierzehn Jahre alt war. Er stand auf Männer, aber nicht auf solche Kerle wie die Schlägertypen hinter ihm. Wenn er solche Typen sah, wurde ihm immer mulmig zumute. 
    „ Was glotzt du denn so?“, fauchte ihn plötzlicher einer von denen an. Kai sah rasch weg, und verfluchte sich dafür, dass er sie einen Moment zu lange beobachtet hatte; schon wurde er gepackt und unsanft geschüttelt.
    „ Ich hab mit dir geredet, Arschloch!“ Der Kerl, der ihn festhielt, fixierte ihn, dann grinste er höhnisch. Kai wurde bewusst, dass der Typ ihm angesehen hatte, dass er schwul war. Das passierte ihm häufiger, und so sehr er sich auch bemühte, einen normalen Eindruck zu machen, er hatte damit offenbar keinen Erfolg.
    „ Diese taube Nuss hier sieht aus wie ein Schwanzlutscher“, rief der Kerl jetzt seinen Freunden zu. Die kamen nun näher und umzingelten Kai.
    „ Stehst du drauf, was in den Arsch geschoben zu bekommen?“, fragte einer der anderen nicht gerade leise. Einige Kirmesbesucher wichen im weiten Bogen aus. „Wie wäre es mit meiner Stiefelspitze? Die ramme ich dir gerne rein.“
    „ Lass doch den perversen Scheiß“, schaltete sich ein anderer der Gruppe ein. Kai atmete auf, bis der Kerl anfügte: „Wir können ihn unten am Hafen zusammenschlagen, da ist weniger los als hier. Ich hab keinen Bock auf Bullen.“
    Der Typ, der ihn festhielt, zog ihn näher an sich und Kai konnte dessen nach Bier stinkenden Atem in seinem Gesicht spüren. Er wusste, dass es langsam Zeit für echte Panik wurde. Würde ihm jemand helfen, wenn er nun schrie? Immerhin war die Kirmes gut bevölkert. Aber auch ohne, dass er um Hilfe rief, mussten die Leute um sie herum doch längst bemerkt haben, dass er bedroht wurde. Aber niemand half - Im Gegenteil, alle sahen weg, als ginge sie das rein gar nichts an.
    „ Ich werde dir zeigen, was ich mit Typen wie dir mache“, drohte der Kerl, der ihn festhielt mit düsterer Stimme. Doch plötzlich ließ er ihn los - genaugenommen taumelte er nach hinten und riss Kai dabei mit sich, weil ihm der Typ die Hände ins Hemd gekrallt hatte. Dann ging alles unheimlich schnell.
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