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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Hanna Julian
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verzückte Mütter, die mich attraktiv finden, und die sich gar nicht mehr einkriegen, weil ich so lieb mit ihrer Brut umgehe. Wenn ich in einem Gay Lokal bin, sehe ich die geilen Kerle, die mir am liebsten auf dem Klo ihren Ständer präsentieren möchten. Aber wenn ich in der Geisterbahn bin, höre ich nur das Gekreische und sehe, wie die Leute mir ausweichen, weil sie am liebsten nichts mit mir zu tun haben möchten. Ja, mehr noch, weil sie sich vor mir fürchten, oder sogar ekeln. Das ist lustig. Reine Äußerlichkeiten ... denn ich bin ja immer noch derselbe Mensch. Na ja, bis auf die Verkleidung eben.“
    Kai hatte ihm fasziniert zugehört. „Eigentlich wollen immer alle so gut wie möglich aussehen ... zumindest alle, die ich bislang kennen gelernt habe“, erwiderte er. Kenny lachte. „Okay, ich gebe zu, dass ich ohne Maske auch Wert darauf lege, nicht wie der letzte Penner auszusehen.“
    „ Davon bist du ziemlich weit entfernt“, gab Kai zurück und senkte rasch den Kopf, als er erkannte, dass Kenny das Kompliment durchaus verstanden hatte.
    „ Du siehst ja selbst nicht gerade schlecht aus. Für solche Augen würde manch einer töten“, meinte Kenny lachend. Kai spürte, dass er rot wurde; die Freude über das Kompliment machte ihn stolz und nervös zugleich.
    „ Und was treibst du so?“, fragte Kenny. Der Themenwechsel machte Kai wieder sicherer.
    „ Ich baue gerade mein Abitur und lebe noch Zuhause. Nächstes Jahr möchte ich anfangen, Informatik zu studieren.“
    „ Du machst gerade dein Abi? So jung bist du also noch.“, sagte Kenny und lächelte milde. Kai verspürte einen Stich und erwiderte rasch: „Ich bin fast volljährig! Nächstes Jahr möchte ich mir neben dem Studium einen Job suchen und ausziehen. Meine Eltern wollen, dass ich noch bleibe, aber ich weiß, dass ich es packe.“
    „ Große Pläne“, sagte Kenny nachdenklich, „ich wünsche dir Glück, dass alles so klappt, wie du es dir vorstellst. Hattest du schon dein Coming-out?“
    „ So halb“, nuschelte Kai und blickte zu Boden.
    „ Was ist denn ein halbes Coming-out?“, fragte Kenny belustigt.
    „ Na ja, ungefähr die Hälfte meiner Familie weiß Bescheid, und alle meine Freunde. Meine Eltern haben cool reagiert, aber meine Großeltern sollen nichts wissen. Die sind so ... schwierig halt. Sie machen meinen Eltern schon genug Stress, deshalb ist es besser, wenn sie sich da nicht auch noch einmischen. Und die Familie vom Mann meiner Schwester soll nichts erfahren. Keine Ahnung warum. Ist mir eh egal.“
    „ Klingt anstrengend. Dann musst du ja immer aufpassen, wem du was erzählst“, sagte Kenny und seine warmen Augen blickten Kai verstehend an.
    „ Ich rede ohnehin nicht so viel mit meiner Familie“, erwiderte dieser. Kenny zog nur eine Augenbraue hoch, schließlich bekannte er: „In Sachen Familie kann ich dir echt keine Ratschläge geben, und vermutlich willst du die auch gar nicht.“
    „ Wie war das denn bei dir mit deinem Coming-out?“
    Kenny lachte. „Oh, unkompliziert“, sagte er und wurde dann ernst. „Meine Mutter ist gestorben als ich zwei Jahre alt war. Autounfall. Ihre Familie hat wohl eh nie viel von meinem Vater gehalten und den Kontakt abgebrochen – was ich ihnen nicht mal übel nehmen kann. Dummerweise haben sie damit auch mich im Stich gelassen. Aber wer fragt schon danach? Also sah mein Coming-out ungefähr so aus: Ich sagte   ‚Hey, Papa, da du gerade mal nicht blau bist, möchte ich dir was sagen, damit du es auch begreifst. Ich bin schwul.’ Er schrie irgendwas rum, schlug mir ins Gesicht und hat sich dafür ein Veilchen von mir eingefangen. Natürlich hat er das aus Scham niemandem erzählt ... Weder das mit dem Veilchen, noch dass ich schwul bin. Ich zog es dann vor, mich nach einem Job umzusehen und abzuhauen. Tja, als ich ging, war ich achtzehn. Seit vier Jahren bin ich jetzt schon mit der Kirmes unterwegs. Nicht gerade eine filmreife Story fürchte ich.“
    „ Ich stelle es mir ziemlich aufregend vor, mit einer Kirmes zu reisen. Du lernst so viele Leute kennen, bist in so vielen Städten ... das muss aufregend sein.“
    Kenny seufzte. „Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte ein Elternhaus gehabt, in dem ich mich wohl gefühlt hätte, und es mir wie dir möglich gewesen wäre, zu studieren. Eigentlich begreife ich auch nicht so ganz, warum du von Zuhause so schnell wie möglich weg möchtest. Sei doch froh, dass deine Eltern dir die Chance bieten, was aus deinem Leben zu
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