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Morituri - Die Todgeweihten

Titel: Morituri - Die Todgeweihten
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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Kapitel 1
     
    Das Schiff war gewaltig. Jede Seite des gigantischen Dekaeders maß fast einen Quadratkilometer.
    An Bord hielt sich nur ein einziger Mann auf. Er trieb regungslos in einem flachen Becken, das in der Mitte einer Sektion stand. Er öffnete die Augen. Blau. Ausdruckslos, wie bei einem Neugeborenen. Einige Zeit verstrich.
    Ein Ventil schaltete sich ein, und die Flüssigkeit lief ab. Als das Becken leer war, klappte ein Seitenteil auf. Der Mann setzte sich auf, stellte die Füße auf den Boden und bewegte sie dann so langsam und vorsichtig wie jemand, der sehr lange ans Bett gefesselt gewesen war. Der Boden unter seinen Füßen war warm.
    Er mochte einen Augenblick so dagesessen haben, vielleicht auch eine Stunde oder einen Tag, bevor eine Stimme erklang. Sie kam von überall her:
    »Im Raum nebenan steht etwas zu essen und zu trinken.«
    Gehorsam erhob sich der Mann. Er stand noch ein wenig unsicher auf den Beinen, wankte zur Seite und fing sich wieder. Auf einem niedrigen Hocker neben dem Becken-Bett lag ein blauer Overall. Er warf einen kurzen Blick darauf und ging dann auf die gegenüberliegende Wand zu. Bis auf einen runden Tastknopf war sie glatt und leer. Er berührte den Sensor.
    Die Wand verwandelte sich in einen Bildschirm. Vid? Radar? Computersimulation?
    Draußen befand sich All/Nicht-All. Es war schwarz, und es war farbig. Es tat dem Mann in den Augen weh. Er berührte den Sensor noch einmal mit der Handfläche, und der Schirm verwandelte sich in eine Wand zurück.
    Dann schlenderte er, noch immer nackt, durch einen Durchgang in den Raum nebenan.
    Dort stand ein Tisch mit einem Gedeck. Die Schüsseln waren zugedeckt. Der Mann hob einen Deckel hoch und steckte sich eine Handvoll Essen in den Mund. Er kaute, dann schluckte er. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert teilnahmslos.
    Er wischte die Finger an seinem Oberschenkel ab und ging in eine andere Sektion, wo er einen Lehnstuhl mit einem stählern glänzenden Helm erblickte. Seltsame Tentakel kräuselten sich aus diesem Helm nach hinten weg.
    Der Mann setzte sich und stülpte den Helm über den Kopf.
    Jetzt waren plötzlich noch andere Leute im Raum. Nein. Er war draußen. Er war bekleidet, eine Art Uniform. Die anderen Leute lächelten ihn an, lachten und wollten ihn berühren. Er ließ es zu. Er hörte sich selbst Worte aussprechen, die er noch nicht verstand.
    Eine Gestalt in der Menge fiel ihm auf. Eine Person mit blassem Gesicht und funkelnden Augen. Die blasse Person streckte ihm wie alle anderen die Hand entgegen. Plötzlich zog sie etwas Glitzerndes, Metallisches aus dem Gewand.
    Der Mann spürte, wie sein Magen getroffen wurde. Er spürte, wie er nach hinten fiel. Er spürte Schmerzen. Schmerzen, die immer stärker wurden, bis … bis plötzlich alles vorüber war.
    Der Mann nahm den Helm ab. Jetzt befand er sich wieder in dem kargen Raum auf dem Lehnsessel.
    Wieder ertönte die Stimme: »E-Zeit seit Deaktivierung: sechs Jahre, drei Monate, zwei Tage.«
    Der Gesichtsausdruck des Mannes veränderte sich kaum merklich. Ein Gedanke schwebte durch sein Bewusstsein: »Falsch. Fünf Jahre zu spät.« Dann wurde der Gedanke als bedeutungslos verworfen. Was bedeutete »spät«? Er stand auf.
    »Ihnen bleiben zehn Schiffstage bis zum Neubeginn.«
    Der Mann nickte einmal. Er kehrte in den Speisebereich zurück. Er hatte schon wieder Hunger.

 
Kapitel 2
     
    Es war ein ruhiger kleiner Planet in einem nicht näher klassifizierten System, das von einer sterbenden gelben Sonne erleuchtet wurde. Das System konnte keine besondere Geschichte vorweisen, lag abseits aller größeren Handels- und Touristenrouten und erhielt so gut wie keine Besucher.
    Vor vielen E-Jahren hatte eine Imperiale Vermessungsexpedition eine oberflächliche Studie angefertigt und dabei so gut wie nichts von Interesse entdeckt. Der wissenschaftliche Offizier hatte pflichtgemäß vermerkt, dass der Planet etwa über 87 Prozent der Erdgröße, über akzeptable Schwerkraftsverhältnisse und eine E-normal-Atmosphäre verfügte, und drei AE von seiner Sonne entfernt war. Das Klima variierte von tropisch bis subarktisch, was zur Entwicklung einer Reihe blühender Lebensformen geführt hatte. Das größte Landraubtier war ein sehr scheues, katzenähnliches Wesen, das für Menschen keine Gefahr darstellte.
    Abgesehen davon hatte man »keine höherentwickelten Lebewesen beobachtet.«
    Der Planet bekam den nüchternen Namen Vermessungsplanet XM-Y-1134 verpasst; so hieß er mehrere
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