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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Jonathan Kellerman
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besetzt war. Dahinter wieder Maschendraht und breite Streifen schwefelgelben, sandigen Bodens. Hinter dem Zaun stand ein kräftig wirkender Mann in einem karierten Sporthemd und Jeans. Als er unseren Wagen hörte, drehte er sich um und musterte uns.
    Milo sagte: »Unser Empfangskomitee«, und begann mit der Suche nach einem freien Parkplatz. »Wie kann man bloß auf die Idee kommen, hier arbeiten zu wollen?«
    »Fragst du generell oder speziell wegen Dr. Argent?«
    »Beides. Aber klar doch, auch sie. Warum hat sie sich ausgerechnet das hier ausgesucht?«
    Seit seinem Anruf war erst ein Tag vergangen, und ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt, die Akte Argent einzusehen. »Jeder hat so seine Vorlieben«, sagte ich. »Außerdem ist die Situation im staatlichen Therapiebereich schwieriger geworden. Vielleicht hatte sie keine andere Wahl.«
    »Von wegen. Sie hat eine Forschungsstelle im County General Hospital aufgegeben. Neuro-was weiß ich.«
    »Vielleicht hat sie hier ja auch Forschung betrieben.«
    »Vielleicht«, sagte er. »Aber offiziell hatte sie eine Stelle als Psychologin II, also Staatsdienst, und der Direktor- Swig heißt der Kerl - hat von Forschung nichts erwähnt. Wie kommt sie dazu, die Stelle im County für das hier aufzugeben?«
    »Du bist sicher, dass sie nicht gefeuert worden ist?«
    »Ihr Ex-Chef im County hat mir erklärt, sie hätte gekündigt. Ein gewisser Dr. Theobold.«
    »Myron Theobold?«
    »Den kennst du also?«
    »Ich bin ihm ein paar Mal bei Fachtagungen begegnet. Was hat er noch erzählt?«
    »Nicht viel. Dass er sie nicht besonders gut kannte zum Beispiel. Aber vielleicht hat er ja auch nicht alles erzählt. Eventuell solltest du dich mit ihm unterhalten.«
    »Klar.«
    Er entdeckte eine Parklücke, bog scharf ab und stieg abrupt auf die Bremse. Während er sich von seinem Sicherheitsgurt befreite, schaute er zur Windschutzscheibe hinaus. Der Mann in dem karierten Hemd hatte den zweiten Zaun aufgeschlossen und kam auf uns zu. Er war in den Fünfzigern, hatte graue Haare und einen ebensolchen Schnurrbart. Er winkte. Milo erwiderte die Geste.
    Er fischte sein Jackett vom Rücksitz und steckte die Schlüssel in die Tasche. Sein Blick wanderte an dem Mann in dem karierten Hemd vorbei auf die eingezäunte Ödnis. »Acht Stunden am Tag hat sie hier zugebracht. In Gesellschaft von Arschlöchern mit ‘nem Sprung in der Schüssel und diversen Morden auf dem Kerbholz. Und jetzt ist sie tot. Da ist man als Detective doch so richtig in seinem Element, oder?«

4
    Dollard schloss das hintere Tor auf, durch das wir den Hof verließen. Über einen Zementweg gingen wir auf das Hauptgebäude zu, das sich vor uns auftürmte wie eine Gewitterwolke - kollossal und wuchtig, mit einem flachen Dach, glatter Stirnseite und völlig schmucklos. Keine Treppen, keine Rampe, einfach nur braune Eisentüren, die in Bodenhöhe in den Betonklotz eingelassen waren. Kleine, gestochen scharfe Buchstaben verkündeten: »Starkweather Hauptgeb.« Reihen von winzigen Fenstern zierten die Zementfassade wie ein Schachbrettmuster. Keine Gitter. Die Scheiben wirkten ungewöhnlich stumpf, wie von einem Film überzogen. Die Fenster waren gar nicht aus Glas, sondern aus Plastik. Dicker, bruchsicherer Kunststoff, von Wind und Staub zerschrammt wie von einem Sandstrahlgebläse und nahezu undurchsichtig. Vielleicht war bei benebelten Gemütern eine klare Aussicht unnötiger Luxus.
    Die Türen waren nicht abgeschlossen. Dollard stieß die rechte Tür auf. Die Empfangszone war kühl, klein und geschwängert von Bratengeruch. Rosa-beige Wände und schwarzes Linoleum schimmerten blässlich im Schein bläulich-weißer Neonröhren. Aus den Luftschächten der Klimaanlage an der Decke drangen Geräusche, die wie Flüstern klangen.
    Eine kräftige Frau Mitte dreißig mit einer Brille saß hinter zwei alten Holzschreibtischen, die L-förmig angeordnet waren, und telefonierte. Sie trug ein ärmelloses gelbes Stricktop und ebenso wie Dollard eine eingeschweißte Kennmarke mit Foto. Auf ihrem Schreibtisch standen zwei Schilder. Auf dem ersten stand: »Regel Nr. 1: Ich habe immer Recht. Regel Nr. 2: Siehe Regel Nr. 1«. Und auf dem zweiten: »L. Schmitz.« Zwischen den beiden Schildern lag ein Stapel Broschüren.
    Ihr Telefon hatte ein Dutzend Leitungen, von denen vier blinkten. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing ein Farbfoto von Emil Starkweather aus Wahlkampfzeiten mit einem Strahlemannlächeln, das ganz offensichtlich das Werk eines
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