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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Jonathan Kellerman
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Rimmin hat mal wieder seine Gesangsübungen nicht gemacht Ii Ii Ii la la la kein Eigelb um die Stimmbänder zu ölen Pavarotti war sauer dass er keine Lust mehr hatte für ein öffentliches Amt zu kandidieren.«
    »Na klar«, sagte Dollard und zwinkerte Milo und mir zu.
    Der Riese drehte uns dreien den Rücken zu und blickte starr auf die öde hellbraune Fläche des Hofes. Ein kleiner dicker Mann mit dunklen Haaren hatte sich die Hosen heruntergezogen und pinkelte in den Schmutz, wodurch sich kleine Staubwolken am Ort des Geschehens in die Luft erhoben. Von den übrigen Männern in Khaki schien niemand Notiz davon zu nehmen. Das Gesicht des Riesen war plötzlich wie versteinert.
    »Nass«, sagte er.
    »Mach dir deswegen keine Gedanken, Chet«, sagte Dollard sanft. »Du kennst doch Sharbno und seine Blase.«
    Der Riese erwiderte nichts, doch Dollard musste irgendein Zeichen gegeben haben, denn mit einem Mal kamen aus der Ecke am anderen Ende des Hofes zwei Pfleger - ein Weißer und ein Schwarzer - angetrabt. Sie waren ebenso muskulös wie Dollard, doch um einiges jünger und trugen die gleiche Uniform, bestehend aus kurzärmeligen Sporthemden, Jeans und Turnschuhen. Vom Laufen in der Hitze glänzten ihre Gesichter schweißnass. Milos Sportjacke war an den Achseln durchweicht, wohingegen der Riese keinen einzigen Schweißtropfen abgesondert hatte.
    Die Muskeln in seinem Gesicht spannten sich noch weiter an, während er dem pinkelnden Mann zuschaute, wie er die letzten Tropfen abschüttelte und dann im Entengang - die Hosen immer noch um die Knöchel baumelnd - über den Hof watschelte.
    »Nass.«
    »Wir kümmern uns drum, Chet«, versuchte Dollard ihn zu beschwichtigen.
    Der schwarze Pfleger sagte: »Ich zieh ihm mal die Hosen hoch.«
    Er schlenderte auf Sharbno zu. Der weiße Pfleger blieb bei Chet. Dollard tätschelte ihm noch einmal die Schulter, und wir gingen weiter.
    Zehn Meter weiter drehte ich mich um. Die Pfleger standen nun zu beiden Seiten von Chet. Doch der Riese hatte mittlerweile eine andere Haltung eingenommen - seine Schultern waren hochgezogen, der Hals in die Höhe gereckt, während er noch immer auf die Stelle starrte, wo Sharbno gestanden hatte.
    Milo sagte: »Ein Kerl von dieser Größe - wie halten Sie den unter Kontrolle?«
    »Wir halten ihn nicht unter Kontrolle«, sagte Dollard. »Das macht das Clozapine. Letzten Monat ist seine Dosis erhöht worden, nachdem er die Scheiße aus einem anderen Patienten rausgeprügelt hat. Ungefähr ein Dutzend Knochen hat er ihm gebrochen.«
    »Vielleicht braucht er sogar noch mehr«, sagte Milo. »Warum?«
    »Na ja, allzu zusammmenhängend hört sich nicht an, was er da von sich gibt.«
    Dollard lachte leise vor sich hin. »Zusammenhängend.« Er warf mir einen Blick zu. »Wollen Sie wissen, wie hoch seine tägliche Dosis ist, Doktor? Vierzehnhundert Milligramm. Selbst bei seinem Körpergewicht ist das ziemlich großzügig, meinen Sie nicht?«
    »Normalerweise liegt die Höchstdosierung bei neunhundert«, erklärte ich Milo. »Bei den meisten Leuten wirkt ein Drittel davon schon Wunder.«
    Dollard sagte: »Er war auf elfhundert Milligramm, als er dem anderen Insassen das Gesicht zermatscht hat.« Dollards Brust blähte sich ein wenig auf. »Wir überschreiten andauernd die empfohlene Maximaldosis; von den Psychiatern heißt es dann immer: >Kein Problem<.« Er zuckte mit den Achseln. »Kann sein, dass Chet noch mal raufgesetzt wird. Wenn er sich wieder was zu Schulden kommen lässt.«
    Wir setzten unseren Weg fort und kamen dabei an weiteren Insassen vorbei. Ihre Haare waren ungekämmt, ihre Münder schlaff, die Augen leer und ihre Uniformen fleckig. Keine Spur von irgendwelchen Bodybuildern mit stählernen Muskelpaketen, wie man sie in Gefängnissen sieht. Diese Körper waren schwammig und gebeugt und wirkten, als hätte man die Luft aus ihnen herausgelassen. Ich spürte im Hinterkopf, dass ich beobachtet wurde, und als ich zur Seite blickte, sah ich, wie mich ein Mann anstarrte, dessen Augen den wirren Glanz eines Propheten hatten und dessen Brust von einem dichten schwarzen Bart bedeckt wurde. Dort, wo die Gesichtsbehaarung aufhörte und die Wangen lagen, taten sich tiefe aschgraue Kuhlen auf. Unsere Blicke trafen sich. Mit steifen Armen und wackelndem Kopf kam er auf mich zu. Er machte den Mund auf. Kein einziger Zahn war zu sehen.
    Er kannte mich nicht, doch sein Blick war voller Hass und Abscheu.
    Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich ging schneller.
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