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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Jonathan Kellerman
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1
    Der Riese kannte Richard Nixon.
    Hoch aufragend, ein in khakifarbenen Drillich gehüllter Berg von einem Mann - wenn auch mit Schlagseite -, gekrönt von einem gelben, mit grauen Strähnen durchzogenen Schopf, kam er humpelnd näher. Milo machte sich auf einen Angriff gefasst. Ich schaute zu Frank Dollard hinüber und wartete auf ein Signal seinerseits, doch er schien völlig unbesorgt. Seine fleischigen Arme hingen an der Seite herunter, und er verzog nicht einmal die Mundwinkel, jedenfalls nicht so weit dies unter dem grauen, mit Tabakflecken durchsetzten Schnurrbart zu erkennen gewesen wäre. Nur seine Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen, aber das waren sie auch schon am Haupttor gewesen.
    Der Riese stieß ein sonores Lachen aus, das eher wie ein Rülpser klang. Er strich sich eine fettige Haarsträhne aus dem Gesicht. Sein Bart war ein maisfarbenes Trauerspiel. Und nun konnte ich ihn auch riechen - essigsauer, hormongestresst. Er war mindestens einsachtundneunzig groß und zweihundertsiebzig Pfund schwer. Sein Schatten auf dem Sandboden war eine aschfarbene Riesenamöbe von solchen Ausmaßen, dass wir darin verschwanden.
    Er schlurfte noch einen Schritt näher heran, und nun schoss Frank Dollards rechter Arm vor.
    Der Hüne schien es nicht einmal zu bemerken. Er stand einfach nur da, während Dollards Arm gegen seinen Bauch prallte. Es waren vielleicht noch ein Dutzend weitere Männer in Khaki auf dem Hof. Die meisten von ihnen standen nur reglos herum, nur ein paar liefen gehetzt hin und her, während andere wankend auf der Stelle verharrten oder ihre Gesichter gegen den Maschendraht pressten. So weit ich sehen konnte, blieb jeder für sich - Gruppen gab es keine. Über ihnen das endlose Blau des Himmels, wo eine gnadenlose Sonne die Wolken versengte. In meinem Anzug fühlte ich mich wie in einer Sauna.
    Das Gesicht des Riesen war trocken. Er stieß einen Seufzer aus, ließ die Schultern heruntersacken, und Dollard senkte seinen Arm. Der Riese formte mit den Fingern einen Revolver, richtete ihn auf uns und lachte. Seine Augen waren dunkelbraun, an den Augenwinkeln zusammengekniffen, und das Weiße hatte eine ungesund teigige Färbung.
    »Geheimdienst.« Er schlug sich auf die Brust. »Im Schrank und unerkannt im Dienste der Dessous und immer auf der Suche nach dem alten Kumpel Richard Nixon RMN immer rein und immer drauf immer nur das eine wollt’ er Sprüche machen wackeln mit dem Arsch, verduften aus dem Weißen Haus bei Nacht und Nebel Saus und Braus mit Kurt Vonnegut J. D. Salinger der Glass Family und überhaupt mit jedem dem Politik egal war und was wegstecken konnte Cat’s Cradle das hab ich geschrieben und verkauft an Vonnegut für läppische zehn Eier Billy Bathgate hat das Manuskript getippt irgendwann hat er sich verpisst bis nach Vegas kam er dann doch dann gab’s Ärger mit den Hells Angels und zwar nicht zu knapp es ging um ein paar Kröten Vonnegut wollte das Staatsdefizit umtauschen in Kleingeld Rimmin hatte nichts dagegen doch die Angels wurden sauer und wir mussten ihn da rauszerren, ich und Kurt Vonnegut Salinger war nicht dabei Doctorow sägte an dem Katzenkorb doch das waren fiese Katzen, die ihn lieber heut als morgen umgepustet hätten leewärts den Oswald Harvey.«
    Er beugte sich vor und zog sein Hosenbein hoch. Unterhalb des Knies war der nackte Knochen zu sehen, nur bedeckt von einer dünnen Schicht Narbengewebes. Der Großteil der Wade war weggerissen. Ein naturgewachsenes Holzbein.
    »Bin angeschossen worden, als ich den alten Rimmin beschützt habe«, sagte er. »Gestorben ist er trotzdem der arme Richard kein Almanach kann einem sagen, was passiert ist hat zu hart gerimmt und gerammt er konnte es nicht lassen.«
    »Chet«, sagte Dollard und reckte sich, um dem Riesen die Schulter zu tätscheln.
    Der Riese wurde von einem Schauder gepackt. In den Muskeln an Milos Unterkiefer schienen kleine Kirschen zu tanzen. Seine Hand war dort, wo seine Waffe stecken würde, hätte er sie nicht am Eingang abgegeben.
    Dollard sagte: »Gehst du heute noch ins Fernsehzimmer, Chet?«
    Der Riese wankte ein wenig. »Ahh …«
    »Ich denke, du solltest mal ins Fernsehzimmer gehen, Chet. Da kommt heute ein Film über Demokratie. Wir singen nachher auch die Nationalhymne, und da könnten wir jemand mit ‘ner guten Stimme gebrauchen.«
    »Klar, Pavarotti«, sagte der Riese mit einem Mal freudig. »Der und Domingo waren im Cesar’s Palace was dabei rauskam hat ihnen nicht gefallen
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