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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht
Autoren: Manfred Zach
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doch.
    Dann fragen Sie Ihren Informanten gleich, ob er bereit ist, seine Aussage vor Gericht zu beschwören. Ich werde nämlich umgehend eine einstweilige Verfügung gegen Sie und den Sender beantragen.
    Das glaub ich nicht.
    Das können Sie aber glauben. Unser Rechtsanwalt, Professor Tetzel, sitzt gerade neben mir. Wenn Sie wollen, hole ich ihn ans Telefon. Er berät Sie sicher gerne, allerdings auf Ihre Kosten. Wollen Sie?
    Pause. Dann kam die Antwort: Okay, dann ziehe ich zurück. Kann man nichts machen. Schade.
    Gundelach wandte sich wieder seinem Besucher zu. Sie haben ihr Geld schon verdient, sagte er. Die Burschen versuchen mit allen Mitteln, das Ding am Kochen zu halten. Weil sie wissen, daß jeder Tag, an dem nicht eine neue Skandal-Schlagzeile die Runde macht, Spechts Chance zu überleben erhöht. Es ist ein Scheißgeschäft, finden Sie nicht?
    Professor Tetzel nickte verlegen.
    Gundelach traf Specht beim gemeinsamen Mittagessen mit dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage. Ein lange geplanter Termin, den Specht mit zunehmender Lebhaftigkeit absolvierte. Na also, dachte Gundelach, er ist ja fast wieder der alte. Anschließend informierte er ihn über das Gespräch mit Professor Tetzel.
    Nach Tetzels Einschätzung, sagte er, wird der Spiegel über Andeutungen nicht hinausgehen. Ich glaube das auch. Außerdem habe ich gerade eine weitere Sache mit der Androhung gerichtlicher Schritte unterbunden. Das wird sich schnell herumsprechen und zumindest die landespolitischen Journalisten zu größter Vorsicht veranlassen. Langsam aber sicher gewinnen wir Boden.
    Specht zögerte, dann sagte er: Die Zeitung will doch ein Interview mit mir. Rufen Sie an, sie sollen morgen vormittag kommen. Ich bin dazu bereit.
    Wunderbar. Und heute nachmittag halten Sie eine kämpferische Rede vor der Industrie- und Handelskammer und betonen, daß Sie diese Kampagne durchfechten werden. Das ist das richtige Publikum, und Sie werden sehen, wie die Leute hinter Ihnen stehen!
    Sie lassen nicht locker, was?
    Nein.
    Freitag morgen war Gundelach nach der Durchsicht des Pressespiegels sehr zufrieden. Das Präsidium der Landes-CDU hatte sich in einer ausführlichen Erklärung hinter Specht gestellt. Der Vorstand der Jungen Union bekannte sich uneingeschränkt zu ihm. Aus den Ortsverbänden kam starke Rückendeckung. Der Wirtschaftsminister prangerte die Sprachlosigkeit der Unternehmensverbände an. Specht selbst hatte vor der Industrie- und Handelskammer erklärt, er werde die Sache durchstehen.
    Die Voraussetzungen für ein möglichst vielstimmiges samstägliches Medienkonzert schienen erfüllt. Erst sollte Specht in dem Zeitungsinterview Flagge zeigen, dann würde Landwirtschaftsminister Reiser, der in einer Stadthalle volksfestartig seinen 60. Geburtstag feierte, den Ministerpräsidenten der einmütigen Unterstützung des Kabinetts versichern (und nebenbei den zahlreich versammelten Journalisten ans Schienbein treten), und abends konnte Specht, wenn er nur halbwegs gut drauf war, den Neujahrsempfang zu einer Sympathiekundgebung für sich umfunktionieren.
    Aus alldem ließ sich ein Stimmungsbild komponieren, das Specht gefestigt und eingebunden in eine täglich größer werdende Solidargemeinschaft zeigte. Sollte der Spiegel am Samstag wieder mit einer Vorabveröffentlichung auf den Nachrichtenmarkt drängen, würde die Meldung wenigstens nicht alleine stehen. Konnte man schlechte Botschaften schon nicht verhindern, war es immer noch am besten, sie mit möglichst vielen positiven zu garnieren.
    So dachte sich Gundelach das. Wie bei einem Häuserkampf richteten sich seine Anstrengungen nur noch auf das am nächsten liegende Ziel. Jeder überstandene Tag war ein erobertes Haus, welches Deckung bot. Das Interview mit der Zeitung sollte wieder ein Stück Landgewinn bringen.
    Doch schon die einleitenden Sätze Spechts, der den Redakteuren fahrig und bleich gegenübersaß, machten alle Hoffnungen zunichte. Er, der jahrelang Journalisten mit Wortkaskaden schwindlig geredet hatte, verhaspelte sich schon bei den ersten kritischen Fragen und blickte stumm, wie ein Schüler, der seinen Text nicht aufsagen kann, zu Boden.
    Die Redakteure witterten ihre Chance. Sie trieben ihn in die Ecke und schlugen ihm ihre Fragen rechts-links wie Fäuste an den Kopf. Und endlich hatten sie ihn so weit, daß er etwas von Rücktritt stammelte, an den er unablässig denke, den er nicht ausschließe, nein, keinesfalls, vielleicht schon am
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