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Die Hölle lacht

Titel: Die Hölle lacht
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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1
     
    Schmerzgeplagt taumelte der Mann durch den nachtdunklen Wald. Die Nacht war warm und die Mücken summten in einer dichten Wolke um ihn, angezogen von dem verkrustenden Blut seiner Wunden. Er achtete nicht auf sie. Zu groß waren seine Schmerzen, die Stiche der lästigen Insekten zu spüren. Und noch schlimmer als der körperliche Schmerz war der des brennenden Hasses und der ihm zugefügten Demütigung.
    Hass, Demütigung und Zielstrebigkeit. Obgleich die Schwärze unter dem Laubdach schier undurchdringlich war, humpelte der Mann ohne Zögern dahin, als leite ihn ein sechster Sinn.
    Aber er hatte diesen Weg ja auch schon sehr oft genommen. Er als einziger von allen, die hier auf dieser verfluchten Kerkerinsel hausten, hatte sich in diese Gegend gewagt. Nur er allein hatte von ihrem Geheimnis gehört …
    Plötzlich kam er auf eine riesige Lichtung. Das Rauschen eines Wasserfalls, das er bisher nur gedämpft vernommen hatte, brauste nun laut in seinen Ohren. Im Schein des Vollmonds sah er, wie das Wasser als schmales Band über ein Felssims quoll und donnernd in einen Teich gischtete. Flüchtig durchzuckte Furcht ihn, trotz seines Hasses und seiner Schmerzen und obwohl er schon einmal hier gewesen war und den Ort kannte: Die Felswand ähnelte auf unheimliche Weise einem Totenkopf.
    Schwertschädel nannten sie diesen Felsen, und seit Jahrhunderten, länger als die Erinnerung reichte, waren furchterregende Sagen mit ihm verknüpft, so dass nun der gesamte südwestliche Teil von Os Harku seinetwegen gemieden wurde. Zweifellos war das der Grund, weshalb die gesamte Insel Os Harku ursprünglich zur Kerkerinsel gemacht worden war.
    Der Mann blieb stehen, zögerte, sah, dass das dunkle Blut aus seinen Wunden zu trocknen begann. Er war verhältnismäßig kleingewachsen, aber ungemein kräftig gebaut. Seine Rechte hing schlaff, unbeholfen hinab. Er wusste, dass sie zumindest verstaucht, wenn nicht gar gebrochen war.
    Im Augenblick ließ die Furcht ihn jedoch seine Schmerzen vergessen. Ja, es war wahrhaftig unheimlich, wie diese Höhlen, Leisten und Spalten die Augen, Nase und Umrisse eines Schädels zu formen schienen, wie diese Felsblöcke unten am Teich wie die dazugehörenden Zähne aussahen. Der schmale Wasserfall – ein Silberband im Mondschein – ergoss sich über das rechte Auge von einem Einschnitt am Rand der Kuppe – ein Einschnitt, der aussah, als käme er vom Schwerthieb eines Riesen.
    Vielleicht ein andermal …
    Doch noch während sich ihm dieser Gedanke aufdrängte, wusste er: jetzt oder nie. Gerade heute war der Vollmond der Sommersonnenwende am nächsten; dadurch war dies eine Nacht voll gewaltiger Zauberkräfte. Vielleicht war es der Wille der schrecklichen Urgötter, dass die Ereignisse zu seiner Demütigung geführt hatten.
    Er fletschte die Zähne in Erinnerung an diese Erniedrigung, und seine dunklen Augen funkelten im Mondschein voll Hass. Nun zauderte er nicht länger. Er trat an das Ufer des Teiches und hob beide Arme.
    »Ordru!« rief er mit tiefer, kräftiger Stimme. »Ordru – ich komme!«
    Dann tauchte er in den Teich und hörte das Donnern des Wassers, als er unter seiner Oberfläche schwamm. Bei jeder Schwimmbewegung schmerzte seine Rechte, doch er ließ sich davon nicht aufhalten. Nun hatte er die Zähnen ähnelnden Felsblöcke erreicht und tastete nach dem Gang, von dem er wusste, dass er hier sein musste. Er fand ihn und schwamm hinein.
    Das Dröhnen des Wasserfalls wurde schwächer. Eine neue Furcht beschlich den Mann, während er sich vorwärts tastete, denn soweit war er bisher noch nie gekommen. Angenommen, es gab hier keinen luftgefüllten Raum – oder ein Wächter lauerte in der Nähe …
    Doch noch während seine Ängste wuchsen, spürte er, wie die Decke des Ganges höher wurde und kurz danach tauchte sein Kopf an die Wasseroberfläche. Gleich darauf ertastete er ein Sims und kletterte darauf. Eine Weile kauerte er dort. Er atmete, so leise er konnte, und lauschte angespannt.
    Er kannte diesen Ort und wusste, dass sein Fuß der erste war, der ihn betrat, seit der Große Kataklysmus das Urland zerstörte. Ebenso wusste er, dass die Ähnlichkeit des Felsens mit einem Totenschädel gewollt war. Dunkelheit und Stille waren hier absolut. Er hätte viel für eine Fackel gegeben, aber er wusste auch, dass dies seinen Tod herbeiführen würde. Nie war hier Licht geduldet worden, nicht seit die vormenschlichen Schöpfer das hier hatten entstehen lassen. Licht war hier
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