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Die Hölle lacht

Titel: Die Hölle lacht
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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überlegt, wie die Wahrheit - die Erlebnisse, wie sie wirklich geschahen – bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist, wenn sie schließlich niedergeschrieben und zu den Akten gelegt wird. So, wie Hubarthis und ich sie berichten werden.«
    »Was habt Ihr vor?«
    »Nun, wir dürfen nicht die unverblümte Wahrheit sagen. Das würde schwerwiegende Folgen haben.«
    »Es kann schwerwiegendere Folgen haben, wenn Ihr die Wahrheit verschweigt, habt Ihr Euch das überlegt?«
    »Ja, ja«, antwortete Desmos. »Aber wir haben es hier nicht mit Männern im Wald zu tun, die um ihr Lagerfeuer sitzen und beschließen, was sie tun werden, um zu überleben. Wir haben Aristokraten und Bürokraten vor uns. Wir müssen es also anders angehen. Ich bin überzeugt, dass Ihr das versteht .«
    »Ja, ich verstehe es wohl, aber ich möchte ganz einfach nichts damit zu tun haben.«
    Sie kamen zu einer Schenke und betraten sie. Die üblichen, buntgemischten Gäste wie in jeder Hafenstadt saßen herum.
    Sie ließen sich an einem Tisch nieder und bestellten Bier.
    »Habt Ihr Geld?« fragte Desmos.
    »Erstaunlicherweise, ja«, erwiderte Sonja. »Ich habe noch denselben vollen Beutel wie zu dem Zeitpunkt, als ich an Bord der Niros ging. Er hing die ganze Zeit an meinem Schwertgürtel.«
    »Ich wollte mich nur vergewissern. Zum Bier habe ich Euch natürlich eingeladen …«
    Sie nippten an ihren Krügen und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Das Wichtigste für Sonja war, sich ein Pferd zu besorgen. Vielleicht würde sie noch einen Tag in der Stadt bleiben, möglicherweise auch eine Woche, doch dann spätestens wollte sie weiterziehen.
    Sie hatte Verlangen nach offenem Land, einer Steppe oder Wüste, wo sie ungestört über das vergangene Abenteuer nachdenken konnte und inwieweit ihr Schicksal seine Hand im Spiel gehabt hatte. Sie leerte ihren Krug, bestellte sich einen frischen und einen zweiten für Desmos – und bemerkte, wie Desmos sie eingehend betrachtete.
    »Passt gut auf Euch auf«, murmelte er. »Wohin immer Ihr auch reist, passt gut auf Euch auf, ja?«
    »Gewiss doch, Desmos. Und passt Ihr gut auf Euch auf.«
    »Vielleicht – eines Tages …«
    Sie lächelte und drückte seine Hand.
    Als sie den zweiten Krug fast geleert hatten, entschuldigte sich Desmos. Er ging durch die Menge und bestellte zwei weitere Krüge. Auf dem Rückweg stellte er fest, dass Sonja fort war.
    Wie er es fast erwartet hatte.
    Er flüsterte. »Mitra beschütze dich, Hyrkanierin. Achte gut auf dich …«
    Ein Teil seines Ichs liebte sie, das wusste er und daraus schöpfte er Kraft.
    Er kehrte zum Tisch zurück und setzte sich. Eine dralle Schenkmaid kam mit einem Tablett vorbei. Desmos zog seinen Beutel und holte ein Goldstück heraus.
    »Für die rothaarige …«
    »Sie hat bereits bezahlt. Ich sehe, Ihr habt für eine Weile genug zu trinken, Richter.«
    »Ja.« Er leerte seinen zweiten Krug und hob den dritten an die Lippen. Er fühlte sich angenehm stark – das machte das Bier, vermutlich – und starrte auf den nassen Ring, der von Sonjas Krug zurückgeblieben war.
     
    Die Insel lag in der Mitte des Shirki. Wenn sie jemals einen richtigen Namen gehabt hatte, war er selbst von den aquilonischen Schreibern längst vergessen, denn sie war entlang des Ufers bei ihrem eindeutigen Schimpfnamen bekannt: Os Harku – Hafen des Bösen, oder ganz einfach nur als ›die Insel‹. Keine Kauffahrer besuchten sie, keine Ausflugsschiffe und auch keine Galeassen von den aquilonischen Forts am Ufer patrouillierten mehr in dem Gewässer, denn sie war nicht länger bewohnt, weder von Siedlern noch Einwanderern noch Verbrechern noch von irgend etwas Lebendem. Es war eine Insel voll Asche, versengtem Gestein, eine Insel des Todes und der Verheerung.
     
    Und fort von Tanasul – auf einem Schimmelhengst, den sie mit einem halben Beutel Gold erstanden hatte, mit ihrem Schwert an der Seite, dem flammendroten, im Wind flatternden Haar, der in der Sonne glitzernden Rüstung und lachenden Lippen – ritt die Rote Sonja in das weite Steppenland und freute sich der ungezügelten Freiheit.

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