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Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück
Autoren: Berte Bratt
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Stadt gewandert war, weil ich das Geld für die Taxe lieber in meine eigene Tasche steckte.
    Übrigens muß ich zugeben, daß Mutti recht hatte. An diesem bewußten Tag war ich todmüde. Ich war erst um halb zwei Uhr nachts ins Bett gekommen, und das Aufstehen wurde mir unsagbar sauer. Am liebsten hätte ich den ollen Wecker an die Wand geschmissen. Und dann hatten wir ausgerechnet Französisch, und das ist leider meine schwache Seite. Ich bin überhaupt nie unter den besten zehn in der Klasse gewesen, beileibe nicht, aber andererseits bin ich ganz gut mitgekommen in der Schule, und ich habe nie die schreckliche Angst gehabt: Werde ich versetzt?; denn versetzt worden bin ich jedes Jahr pünktlich.
    An jenem Tag war ich – wie gesagt – schrecklich müde. Das Kind, das ich gestern gehütet hatte, war noch dazu furchtbar unruhig gewesen, und ich war gar nicht richtig zum Arbeiten gekommen. Ich war dementsprechend schlecht vorbereitet. Es ist mir von jeher schleierhaft gewesen, wie man diese verflixten „en“ und „y“ in der französischen Sprache anbringt, und an diesem Tage war es mir rätselhafter denn je. Als es zur großen Pause läutete, hielt mich unsere Lehrerin zurück.
    „Monika“, sagte sie. „Ich muß ein ernstes Wort mit dir reden. Du läßt jetzt wirklich beunruhigend nach im Französischen. Kannst du dich denn nicht richtig zusammennehmen, Kind? Du kommst doch sonst ganz gut mit. Aber so, wie es jetzt mit dem Französischen ist, bezweifle ich sehr, daß du es in diesem Jahr schaffst. – Hast du besondere Probleme? Gibt es etwas, das du gar nicht verstehst? Sag es mir, wir werden dann ein wenig repetieren! Du mußt zu Hause fleißig arbeiten. Tue das, Monika! Versprich’s mir!“

Mutti darf es nicht wissen
     
    Es folgten ein paar Tage ganz ohne Verdienst, und ich war schon betrübt. Nächste Woche hatte Mutti Nachtdienst. Das bedeutete, daß sie um halb acht Uhr abends losmußte und erst um fünf Uhr morgens zurückkam. Nun ja, das war nicht das erste Mal! Ich kannte es alles ja sehr gut, und ich wußte ganz genau: Wenn es klingelte, durfte ich nicht aufmachen, und wenn etwas los wäre, dann sollte ich Mutti anrufen, und die Nachbarn wußten Bescheid, daß ich allein war, und so weiter. Das kannte ich ja alles seit etlichen Jahren.
    „Ach Moni!“ sagte Inge in der Pause. „Ich habe einen Job für dich! Ich sollte von unserer Nachbarin fragen, ob du morgen bei ihr babysitten könntest?“
    „Morgen, Dienstag, ach, das darf ich ja nicht!“ sagte ich zögernd. „Mutti hat es mir verboten.“
    „Schade“, sagte Inge. „Denn sie würden sehr gut zahlen. Unsere Nachbarin war ganz unglücklich, weil sie niemanden hatte. Sie wollen zu einem Betriebsfest.“
    „Was sind es denn für Leute?“ fragte ich.
    „Ach, sie sind gerade vor 14 Tagen eingezogen“, erzählte Inge. „Bis jetzt wohnten sie in Paris. Die Frau ist Französin, und sie haben einen kleinen Sohn von drei oder vier Jahren.“
    „Französin“, knurrte ich. „Ja, das hat mir gerade gefehlt. Sag bloß nicht, daß das Kind nur französisch spricht!“
    „Doch!“ Inge lachte. „Das sage ich allerdings. Es versteht kein Wort Deutsch, aber ich bitte dich, so viel Französisch wirst du doch wohl können? Du brauchst ja nur auf einenZettel zu schreiben, wie alles heißt, was du voraussichtlich brauchen wirst: ,Ich habe Durst’ – ,Tante, gib mir was zu trinken’ – ,Sei ruhig, mein Kind, Mutti kommt gleich wieder’ – ,Die Tante ist bei dir’ und ,Ich muß mal’. Vergiß nicht, daß das sehr wichtig ist.“
    Ich mußte lachen. „Ja – wann sollte es denn sein?“ fragte ich zögernd.
    „Ab acht und dann voraussichtlich bis zwölf oder halb eins. Sie meinten, daß sie nicht später als zwölf Uhr kommen würden. Und du wirst nach Haus gefahren. Der Herr im Hause spendiert eine Taxe.“
    Ich überlegte es noch einmal. „Was zahlen sie denn?“
    „Oh, sie zahlen gut!“ behauptete Inge. „Du kriegst fünf Mark die Stunde.“
    Fünf Mark die Stunde! Vier Stunden von acht bis zwölf, zwanzig Mark an einem Abend! Einen solchen Verdienst konnte ich mir nicht entgehen lassen!
    „Gut, Inge“, sagte ich. „Ich mache es. Aber eines sage ich dir, es bleibt unter uns. Mutti darf es nicht wissen. Versprichst du es mir auf Ehrenwort?“
    „Na klar“, sagte Inge. „Bin ich vielleicht nicht ein guter Kamerad? Na also!“
    Inge schrieb den Namen und die Anschrift auf. Familie Clausen wohnte in einem neuen Mietshaus, ganz in
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