Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
Stadt.
    Daß diesmal gleich zwei Drittel meines Monatsgeldes auf die Bank gebracht wurden, war ja klar. Vorläufig würde ich schon mit den Strümpfen und der Unterwäsche auskommen. Ich mußte eben jeden Abend schnell ein Paar Strümpfe waschen. Wenn ich wieder ein Paar kaufen mußte, würde ich richtige Strapazierstrümpfe anschaffen, keine hauchdünnen Perlons.
    Oh, man lernt so allerlei, wenn man bewußt Sparpolitik betreibt.
    Eines Morgens – es war an einem Sonntag – guckte Mutti mich kritisch an und sagte:
    „Moni, du siehst verboten aus! Jetzt mußt du etwas mit deinen Haaren machen. Diesen Struwwelkopf kann ich nicht mehr sehen!“
    Ich konnte den Struwwelkopf selbst auch nicht mehr sehen, aber ich hatte einen Plan. Bis jetzt hatte ich mir immer eine Dauerwelle machen und die Haare ein bißchen toupieren lassen. Ich fand mich so selbst sehr schick, aber meine Frisur wollte gepflegt werden. Nun wollte ich etwas anderes tun.
    „Sag, Mutti“, fragte ich, „glaubst du nicht, daß eine glatte Frisur mir stehen würde?“
    „Schon möglich“, sagte Mutti. „Früher hast du ja immer deine Haare ganz glatt getragen. Aber wieso? Gefällt dir deine Frisur nicht mehr?“
    „Doch“, sagte ich. „Tut sie schon, aber das viele Geldausgeben gefällt mir nicht mehr.“
    Mutter lachte: „Ich muß sagen, du bist wirklich konsequent! Ja, meinetwegen trag deine Haare glatt, wenn du nur ein bißchen ordentlicher aussiehst als jetzt.“
    Also ging ich am folgenden Tag zum Friseur, ließ mir die Haare kurz schneiden, und von diesem Tag an habe ich mir die Haare selbst gewaschen. Ich brauchte sie nur ab und zu schneiden zu lassen.
    Und das gesparte Geld wanderte schnurstracks auf mein Konto.
    Früher hatte ich es immer so gemacht, daß ich an Regentagen mit dem Bus zur Schule fuhr. Das brauchte ich nicht mehr; denn jeden Morgen holte Melitta mich ab.
    Dann saß ich neben ihr in ihrem kleinen Rotkäppchen, wie sie ihr Wägelchen immer nannte, und ich guckte ihr alle Griffe, jede Bewegung ab. Bald kannte ich mich ganz gut aus. Melitta hatte ihren Führerschein Anfang des Urlaubs gemacht. Sie fuhr schon recht gut. Melitta ist die älteste Schülerin in unserer Klasse, ich bin die jüngste. Ich mußte noch ein ganzes Jahr warten, bis ich einen Führerschein machen konnte, aber ein Jahr würde ich bestimmt auch brauchen, bis ich das Geld zusammenhätte – für all das, was ich mir vorgenommen hatte.
    Ich fragte sie eines Tages ein bißchen nach der theoretischen Prüfung, und sie erzählte bereitwillig. Sie fand die Theorie am schlimmsten, andere würden vielleicht das Fahren schwieriger finden. Nun ja, in unserer kleinen Stadt ist der Verkehr nicht allzu toll. Ich mag gar nicht daran denken, wie es mir ergehen würde, falls ich in Hamburg oder München oder Frankfurt den Führerschein machte. Dort würde ich ganz bestimmt bei der praktischen Prüfung durchfallen.
    Melitta borgte mir das große Heft, nach dem sie gepaukt hatte, und abends im Bett las ich keine spannenden Romane, auch keine Schularbeiten – leider, leider! – , sondern ich las über Geschwindigkeitsbegrenzungen, über das Innere des Wagens, über Pferdestärken, über Hubraum, über öl und Benzin – überhaupt über alles, was ich zur Prüfung wissen mußte. Die Verkehrsregeln kannte ich. Schließlich war ich eine geübte Radfahrerin.
    In unserer kleinen Stadt spricht sich alles schnell herum. Als ich zwei-, dreimal Babysitter gewesen war, da wußten die Leute schon: Wenn Not am Mann war, konnten sie sich an Monika Hasseldorf wenden. Doch als ich das vierte Mal ein Baby gehütet hatte, protestierte Mutti.
    „Nein, Moni, so geht es nicht. Wenn du babysitten willst, dann nur Sonnabends, so daß du dich am Sonntag richtig ausschlafen kannst. Heute bist du grün im Gesicht. Und du willst mir doch nicht weismachen, daß du in der Schule richtig aufpassen kannst, wenn du so müde bist! Ich will es dir nicht strikte verbieten; ich verstehe dein Sparprogramm. Ich finde es lobenswert, aber die Gesundheit hat Vorrang vor allem. Künftig gibt es Babysitten nur Sonnabends und nur unter der ausdrücklichen Bedingung, daß man dir Geld für eine Taxe nach Haus gibt. Das mußt du im voraus verabreden. Ich will nicht, daß meine Tochter vielleicht nachts allein durch die ganze Stadt geht. Versprichst du mir das?“
    Ich mußte es wohl oder übel versprechen. Ich wagte nicht zu sagen, daß ich vorigen Sonnabend, gerade wie Mutti sagte, ganz allein durch die halbe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher