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Mondkuss

Mondkuss

Titel: Mondkuss
Autoren: Astrid Martini
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„Wie eine alte Wasserleiche“, kommentierte Ruth trocken, bemüht, ihren Schrecken beim Anblick ihrer Freundin zu verbergen. „Eigentlich“, sagte sie bewusst burschikos, „war ich ja der Meinung, dass die Erde vor Liebe und Glück endlich für dich gebebt hätte.“ „Ach, Ruth. Zwar hat die Erde für ein paar kurze Momente gebebt, doch der Taifun, der dem Beben folgte, war stärker – und jetzt ist mir, als säße ich wie tot mitten in dessen Auge und …“ „Du meinst damit wohl, dass ihr – du und Rafael – euch gestritten habt“, unterbrach Ruth das Gestammel. „Komm, lass alles raus, was dich bedrückt. Du kennst meine Devise: Probleme sind dazu da, dass sie gelöst werden.“ Sie breitete ihre Arme aus. „Komm her und mach dir Luft.“ Als Marleen in Ruths wache und besorgte Augen blickte, war es um ihre Beherrschung geschehen. Mit lautem Schluchzen warf sie sich in die Arme ihrer Freundin, ließ ihren Tränen freien Lauf. „So, und nun trinken wir beiden Hübschen erst einmal eine starke Tasse Kaffee, machen es uns gemütlich, und du erzählst mir alles – von Beginn an.“
    ~~~
    Das Beisammensein mit Ruth hatte ihr gut getan. Ach, hätte ich mich ihr doch schon früher anvertraut. Wie viel anders wären meine Reaktionen in so mancher Hinsicht ausgefallen.
    Sie dachte mit blutendem Herzen an Rafaels Versöhnungsversuche. An seine Einfälle, seine Hartnäckigkeit, seinen Charme. Sie hatte ihn mehr als einmal auflaufen lassen. Übel und kalt. Da würde sie sich doch nicht von diesem einen missglückten Versuch abschrecken lassen.
    Nein, nein, nein! Und sie hatte auch schon einen Plan, wie sie bei ihrem nächsten Versuch vorgehen würde
    … Als sie kurz nach Mitternacht in die Straße einbog, in der das „Moonlight“ lag, setzte ihr Herzschlag für einen Moment aus, und ihr Magen begann zu rebellieren. Alles wird gut … alles wird gut! Sie stellte den Wagen genau hinter seinen Sportwagen, versperrte ihm somit die Ausfahrt und stieg aus. Mit weichen Knien umrundete sie ihren Wagen, öffnete dann die Motorhaube und begann ein Kabel zu lösen. Ob ein Kabel reicht? Lieber noch eins, dann hat er länger zu tun. Oder soll ich vorsichtshalber ein Kabel zerschneiden? Kaum hatte sie dies gedacht, hatte sie auch schon ihre Nagelschere aus ihrer Handtasche gekramt und eines der Kabel durchgeschnitten. So, das dürfte genügen. Zufrieden begutachtete sie ihr Werk und schlug grinsend die Motorhaube zu. Dann begann das Warten. Ihre Nervosität wuchs. Was, wenn er mit einer Frau im Arm herauskommt? Sie lief aufgeregt hin und her. Setzte sich in ihr Auto, stieg wieder aus, setzte sich hinein. Es war Montagabend, allgemein nicht viel los, sodass sie hoffte, Rafael würde pünktlich schließen. Sie griff nach dem bunten Päckchen auf dem Beifahrersitz, betrachtete den Schriftzug, den sie in silbernen Lettern aufgeklebt hatte und legte es wieder ab. ‚Elen sila lumenn omentielvo’ – Ein Stern leuchtet über der Stunde unserer Begegnung. Es war fast eine Ewigkeit her, als Rafael ihr diese Worte zum ersten Mal zugeflüstert hatte. Sie lächelte bei dem Gedanken daran, wie viel Mühe und Geduld sie am Nachmittag von ganzem Herzen investiert hatte, um zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Eier waren zu Bruch gegangen, sie hatte Zucker mit Salz verwechselt, unzählige Teigplatten waren ihr verbrannt, aber sie hatte nicht aufgegeben und wurde Stunden später und ein paar graue Haare reicher damit belohnt, die erste Hackfleischpastete ihres Lebens kreiert zu haben. Rafaels Lieblingspastete, die er im „Moonlight“ auf jeden Fall als Snack anbieten wollte. Sie stieg erneut aus, legte das Päckchen auf das Autodach und lehnte sich gegen die Motorhaube. Die Zeit wollte und wollte nicht vergehen. Noch ein paar Schritte die Straße hinauf, wieder zurück, ein Blick in den Außenspiegel, um das Make-up zu überprüfen und dann die Stimme, die plötzlich hinter ihr ertönte: „Was machst du hier?“ Erschrocken fuhr sie herum, sah ihn mit aufgerissenen Augen an. „Hallo, Rafael. Was machst du hier … ich meine, ich habe dich gar nicht gehört.“ „Es soll so etwas wie Hinterausgänge geben.“ Sie senkte den Blick, räusperte sich. „Was willst du?“ Seine Stimme klang kühl, ungeduldig. „Dich!“ „Sonst nichts?“ „Doch, ich möchte, dass du mir zuhörst.“ „Es mag ja sein, dass du dir diese Inszenierung hier äußerst romantisch vorstellst, aber das Leben ist keine Komödie. Und auch kein
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