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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos)
Autoren: Michael Schuck
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Flügel eines großen und sehr traurigen Vogels.
    "MYLADY!", versuchte Tweeford sie zu beschwichtigen. "Wenn Sie nicht immer in diesen Spiegel sehen würden, dann wüssten Sie nichts von ihr und müssten sich nicht immer grämen."
    Schluchzen antwortete ihm.
    "Ich finde auch nicht, dass sie wirklich schöner ist als Sie. Sie ist auf eine völlig andere Art schön. Auf Ihre Art sind Sie sicher die Schönste auf der ganzen Welt. Es ist dieser Spiegel!", versuchte Tweeford sie zu trösten.
    Plötzlich hörte das Zucken ihrer Schultern auf. Tweeford spürte, wie ihr ganzer Körper hart wurde. Ihre Augen wurden weiß.
    "Tweeford!", hörte er sie sagen. Aber er hörte es wie von ferne. Er fühlte sich in diese beiden Augen gesogen, deren weiße Schächte irgendwo in die eisige Kälte des Weltraums zu führen schienen.
    "Tweeford!", wiederholte sie mit schneidender Stimme. "Deine Beziehung zu mir ist nicht solcher Art, dass du dir gestatten könntest, mir Ratschläge zu erteilen. Ich sehe in diesen Spiegel, sooft ich es will. Und was dich selbst betrifft, Tweeford: Entweder du bist ganz für mich, mit Haut und Haaren, entweder du wagst alles für mich, dein ganzes Leben, entweder du bringst mir auch das letzte Opfer oder du kannst dir alles abschminken. Hörst du? Alles! Abgetakelte Typen wie dich gibt es wie Sand am Meer. Aber mich gibt es nur einmal. Und die Art von Gunst, die ich dir erweisen kann, findest du nicht noch einmal. Nirgendwo!" Und dieses letzte Wort sprach sie so hart aus, dass es dreimal in Tweeford widerhallte.
    Bei Gott, dachte er, diese Frau verstand es ihn zu treffen. Sie schaffte es immer, dass er sich klein und schäbig vorkam, dass er sich ihrer bedürftig fühlte. Unter dem Echo ihrer Worte wandelte sich dagegen ihre eigene eher niedrige Leidenschaft geradezu in Größe. Tatsächlich war ihr Bedürfnis nach Sexualität ganz gering. Sie verwandte Sexualität in der Regel nur zur Manipulation von Männern. Ihr ging es nur um ihre Anziehungskraft, die sie als Machtmittel einsetzen konnte.
    Der Spiegel zeigte derweil sehr deutlich eine junge Frau mit ebenholzschwarzen Haaren, einer Haut, weiß wie Milch und einem Mund, rot wie Blut.
    "Wie, zum Teufel", fragte sich Tweeford, "bin ich in das Märchen von Schneewittchen geraten?" Und ganz leise fragte seine innere Stimme weiter: "Wie, zum Teufel, komme ich da wohl wieder heil heraus?"
    "Sie heißt Sophia", wusste der Spiegel zu berichten. Während die junge Frau einen dunkelgrünen Nissan bestieg, fuhr er fort: "Sie arbeitet mit einer Gruppe Behinderter in einer Wohnfamilie. Sie ist eine freundliche, entgegenkommende Frau. Zwei Mal wäre diese Wohnfamilie um ein Haar aufgelöst worden, weil Sophia angeblich einen zu engen Kontakt mit ihren Schützlingen pflegte. Aber sie hat eine starke Lobby im Stadtparlament. Ihre Uneigennützigkeit hat sich schließlich durchgesetzt."
    Der Spiegel kicherte durch sein Meeresrauschen hindurch. "Einige Mitglieder des hohen Hauses haben ein großes Interesse daran, dass es still bleibt um Sophias Gruppe. Diese Behinderungen, vor allem die Zwergwüchsigkeit ihrer Schützlinge, sind durch den großen Unfall vor zwanzig Jahren bei dem Chemiekonzern ECCO entstanden. Genetische Veränderungen und diese Dinge. Offenbar ist man im Parlament sehr daran interessiert, dass diese armen Wesen ungestört und ungehört betreut werden."
    MYLADY gab Tweeford einen Stoß. "Da hörst du es!", schrie sie grell. "Dieses Flittchen versuchst du zu schützen? Was ist ihr Leben gegen meines? Und schau' dir diese ekligen Typen an, mit denen sie herumbumst. So was beleidigt meine Augen. So was gehört doch in eine geschlossene Anstalt!", grollte sie unversöhnlich.
    Tweeford hätte gerne einmal seine Meinung über die Typen geäußert, mit denen MYLADY herumzubumsen pflegte. Aber ihm erschien dies nicht der rechte Augenblick für eine persönliche Aussprache.
    "Überfahren wäre viel zu human für dieses Weibsstück. Ich würde sie am liebsten kochen", schrie MYLADY weiter.
    Tweeford zuckte zusammen. Mit "überfahren" erinnerte MYLADY ihn undezent an Elfie, die erste Schöne, die er in ihrem Auftrag ermordet hatte.
    "Ich werde sie nicht kochen!", stellte Tweeford mit mutiger Bestimmtheit fest.
    "Dummkopf! Ich habe das doch nicht wörtlich gemeint", erwiderte MYLADY. "Aber sieh` dir diesen schlanken Hals an. Er lädt doch geradezu ein, hart angefasst zu werden."
    "Mir liegen diese direkten Gewaltakte nicht", wehrte Tweeford ab. Es schüttelte ihn
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