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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos)
Autoren: Michael Schuck
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am Morgen erwachten. Sie räkeln sich, Sie strecken sich, bis Sie ganz wach sind."
    "Ich bin ganz wach", sagte Ragnos und erhob sich frisch und munter von der alten Liege.
    "Eh! Gut!" Valmont war etwas überrascht und nicht ganz überzeugt. Dieser psychische Prozess von Ragnos verlief nicht ganz nach den Regeln. Er lief zu schnell. Aber Dr. Valmont verfuhr auch in diesem Fall nach den Prinzipien fast aller Modeärzte. Im Zweifelsfall vertraute er den Selbstheilungskräften der Natur und behielt, was nach seiner Wahrnehmung dagegen sprach, für sich. Der Patient behauptete gesund zu sein, und das war es doch schließlich, was er, Dr. Valmont, erreichen wollte.
    Ragnos brannte geradezu darauf, die Welt mit neuen Augen zu erleben. Dr. Valmont erhob sich ebenfalls, ging an Ragnos vorbei und schritt zu seinem Schreibtisch hinüber, hinter dem er sich umständlich niederließ. Dr. Valmont hatte sich, was die Einrichtung seiner Praxis anging, von einer ehemaligen Klientin beraten lassen, die als Innenarchitektin recht erfolgreich war. Die hatte die Meinung vertreten, dass ein Möbel von der Größe eines mittleren Volleyballfeldes ein unbedingtes Muss für den erfolgreichen Psychotherapeuten darstellte.
    "Wenn Sie noch weitere Termine haben wollen, sprechen Sie bitte mit Frau Eklund."
    "Ich glaube, es wird nicht nötig sein", sprudelte Ragnos nur so hervor. " Ich fühle mich so gut, so gut wie seit Jahren nicht mehr."
    "Und was die Rechnung betrifft…", versuchte Valmont fortzufahren.
    "Wird überwiesen, selbstverständlich!", fiel ihm Ragnos ins Wort.
    "…habe ich mir Barzahlung vorgestellt", versuchte Valmont deutlich zu werden. Aber Ragnos war schon ins Vorzimmer entschwunden.
    "Ich melde mich wieder, wenn ich den Doc noch `mal brauche!", warf er Frau Eklund im Vorbeigehen hin. Sie sah überrascht von ihrem Computer auf. "Aber ich glaube nicht, dass es noch einmal nötig ist."
    Und schon war er aus dem Zimmer hinaus und im Treppenhaus.
     
    *****
     
    Elquist war gleich am Telefon, als Herwe ihn anrief.
    "Wie sieht es heute Abend bei dir aus?", fragte sie.
    "Wenn du damit etwas in Bezug auf uns beide meinst, kann ich nur sagen: Gut!"
    "Okay! Wie wäre es mit: 'Die Akte'?"
    Er zögerte. Dann kam: "Und wie steht’s mit danach?"
    "Es gibt immer ein Danach", entgegnete sie.
    Hatte Julia Roberts das nicht zu ihrer Freundin Penny in "Pretty Woman" gesagt?
    "Mir ist sehr nach danach", sagte er. Und Herwe sah vor ihrem inneren Auge, wie er sich wieder in ihrer Wohnung breitmachte. Denn zu ihm konnten sie ja nicht gehen. Er war ja verheiratet.
    Jetzt zögerte sie. Dann antwortete sie:
    "Wenn es ein Deluxe-Danach werden soll, bin ich für ein Hotelzimmer. Kein billiges. Am besten im 'Seydtlitz'. Das ist sehr De Luxe."
    "Geht in Ordnung. Ich werde alles bestellen", sagte er.
    "Ich hole dich im Büro ab."
    "Nein, nein!", warf Elquist ein. "Komm einfach um kurz nach acht ins ' Seydtlitz'. Und du bist Frau Roberts. Denk dran!"
    "Guter Zug, Elquist!" Und während sie noch das Klicken des Auflegens im Ohr hatte, drehten ihre Gedanken zu Julia Roberts ab, die sie so bewunderte, um nicht zu sagen, liebte. Als Julia Roberts vor zwei Jahren in Berlin war, hatte Herwe vier Stunden vor dem Hotel auf sie gewartet, nur um einen kurzen Blick auf die schöne Frau werfen zu können. Sie hatte die damalige Situation noch komplett vor Augen. Der sechstürige Mercedes glitt heran. Die Türen öffneten sich und Julia entstieg ihm, die im Film immer so hübschen Beine voran. Aber Herwe war enttäuscht. Julia war eigentlich nicht schön. In der Realität wirkten ihre Beine zu dünn, ähnlich denen einer Barbiepuppe. Das Gesicht war viel zu lang und ihre Haare, die sie besonders in " Pretty Woman" so beeindruckend schwang, wirkten völlig ausgelaugt. Julia ging dicht an ihr vorbei. Julia wirkte so hektisch und fahrig. Herwe war versucht, ihre Hand auszustrecken, sie zu berühren und ihr damit etwas von ihrer eigenen Vitalität abzugeben. Aber da war sie auch schon vorbei, und der Strudel von Bodyguards und Hotelbediensteten schloss sich hinter ihr. Etwas aber von dieser Begegnung schwang immer noch in Herwe nach. Eine Unruhe oder besser, eine Sehnsucht, Freundin dieses Superstars zu sein.
    Selbst dieser eigentlich auf reinen Genuss angelegte Filmbesuch mit Elquist war ihr nicht einfach ein Genuss. Er wurde ihr zur Aufgabe. Vielleicht konnte sie ihrer geliebten Julia eines Tages einmal einen wichtigen Hinweis geben. Etwa in der Art von: "Weißt du,
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