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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos)
Autoren: Michael Schuck
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Lust, stand auf, kniete sich neben dem Bett auf den Boden, beugte sich über sie und begann ihren Körper mit Küssen zu bedecken. Die Frau genoss es und begann zu stöhnen.
    Plötzlich wurde Emela wach. Ein Geräusch hatte sie geweckt, etwas wie ein Schrei. Sie richtete sich im Bett auf, hörte eine Zeit lang nichts mehr, dann ein lautes Rufen.
    Mutter!
    Emela sprang aus dem Bett, rannte durch ihr dunkles Zimmer, die Diele entlang, die Treppe empor, über den Flur, an dessen Ende Mutters Zimmer lag. Keinen Laut hörte Emela in diesem Augenblick, außer den Geräuschen, die sie selber verursachte. Und selbst die schienen in dunkelblaue Watte gepackt. Aber Emela wusste, dass irgendetwas im Haus auf eine furchtbare Weise nicht stimmte. Der Boden des Flures war mit schwarzen Schatten übergossen, die sich bewegten und sich überschnitten. Vor dem Flurfenster stand eine alte Buche, die das Mondlicht mit ihren im Wind sich windenden Ästen ständig neu teilte. Emela wurde von Mutters weißer Tür magnetisch angezogen. Sie setzte ihren Fuß in die sich schlängelnden Schatten. Und sofort spürte sie Tamisrahs Kraft. Er wollte sie am Boden festsaugen. Jeder Schritt wurde zur quälenden Anstrengung. Es dauerte Ewigkeiten, bis sie die Tür zu Mutters Zimmer erreicht hatte. Emela fühlte sich wie ausgesaugt, kaum in der Lage, auch nur einen Ton zu sprechen, geschweige denn die silberne Türklinke herunter zu drücken.
    Sie fragte: "Mutter?", und es klang nicht lauter, als ginge ein Windstoß durch das Riedgras am Teich. Emela hob ihre Hand mit großer Anstrengung über die Klinke und ließ sie fallen. Aber ihre Hand fiel nicht, sondern schwebte wie ein weißer, zarter Schmetterling herab. Ganz langsam entschloss sich die Klinke dem sanften Druck des Schmetterlings nachzugeben.
    Die Tür öffnete sich.
    Emela sah das Bett mit den zerwühlten Laken. Auf dem Bett, ganz im Schatten des Fensterkreuzes die nackte, zusammen gekrümmte Gestalt ihrer Mutter. Ihr Blick war starr in eine Ecke der Zimmerdecke gerichtet, ihre Augen weit aufgerissen, ihre Zunge stand weit hervor.
    Emela taumelte ins Zimmer.
    "Mutter!", flüsterte sie, und wieder klang ihre Stimme nur wie ein sanfter Wind. Neben dem Bett bewegte sich etwas. Wie eine aufgezogene Puppe stakste Emela in den Raum. Neben dem Bett lag ihr geliebter Klavierlehrer auf dem Boden. Der Vorhang neben der Balkontür bedeckte ihn beinahe. Aus dem sich bauschenden Tuch heraus krallten sich harte Hände um den Hals des Musikers.
    "Komm näher, Emela! Komm ruhig näher und sieh zu, wie ich es zu Ende bringe!" , stieß die harte, dunkle Stimme aus dem Stoff hervor. Sie begann ihr Dinge über ihren Geliebten und die Mutter zu sagen, die für sie allzu schrecklich waren.
     
    Riss!
     
    Der Mann neben ihrem Bett hebt die Hände nach oben und streichelt zart Emelas Gesicht. Emela weiß es genau, dass der Mann ein Mörder ist, ein Mörder war, und doch... sie hatte ihn auch geliebt, bevor er sich dem Hass hingab. Und jetzt, zum ersten Mal nach so langer Zeit, spürt sie, dass er Verständnis bei ihr sucht oder wenigstens so etwas wie Mitgefühl. Sie beginnt zu weinen und ihre heißen Tränen fallen auf sein Gesicht. Der Mann lächelt. Seine Hände sinken zu Boden. Die Schatten Tamisrahs beginnen ihn einzuhüllen.
     
    Riss!
     
    Die dunkle Stimme redete und redete. Emelas Geliebter begann wieder etwas zu sich zu kommen. Er regte sich, machte Anstalten sich zu wehren. Aber die Wut des Schattens über ihm war grenzenlos. Er krallte seine Rechte in den Kehlkopf des Musikers. Mit entsetzten Blicken erkannte Emela, wie die schwere Faust sich immer mehr schloss. Es gab ein unaussprechliches knirschendes Geräusch, dann, mit einem harten Ruck riss der Hasserfüllte...
    Durch die heftigen Bewegungen des Kampfes wurde der Vorhang heruntergerissen. Die Vorhangstange fiel zu Boden. Im Mondlicht blitzte der lange Kupfernagel auf, mit dem sie in der Wand befestigt war. Jenseits allen rationalen Verstehens wurde der übermäc htige Wunsch in Emela wach, all diese Grausamkeit zu beenden und sei es durch eine weitere Grausamkeit.
    Blind, fast mechanisch, griff Emela nach dem Kupfernagel. Als der große Mann aus dem Stoff sich aufrichtete, zitternd vor Anstrengung oder vor Wut, stach sie mit aller Kraft zu, mitten in sein Gesicht. Sie traf sein rechtes Auge. Blind, fast wahnsinnig vor Schmerz, richtete er sich noch einmal zu voller Größe vor Emela auf, überragte sie wie ein Eisberg einen winzigen Nachen. Aber
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