Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos)
Autoren: Michael Schuck
Vom Netzwerk:
im Augenblick der Berührung in etwas Unbeschreibliches. Tweeford griff wie in flüssigen Gummi und konnte dieses schleimige und brennende Zeug nicht mehr von den Armen bekommen. Dieses ETWAS rutschte saugend und blubbernd an ihm empor, bis MYLADIES befehlende Stimme diesem extremen Wesen Einhalt geboten und es in eine dunkle Ecke verbannt hatte.
    Auch heute schien wieder jeder dunkle Winkel dieses Raumes von monströsen Wesen belebt, deren unnennbare Herkunft der Butler allenfalls ahnen konnte. Aber er war keineswegs scharf darauf, darüber Näheres zu erfahren. Er vermied dezent jede Berührung mit irgendetwas in diesem Raum. Selbst dem Boden traute er nicht ganz.
    "MYLADY wünschen?", äffte sie ihn höhnisch nach. "Du blöder alter Hammel! Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst dieses Haus nicht verlassen, wenn ich eine Seance veranstalte. Es könnte mein Tod sein", warf sie ihm vor.
    Tweeford blieb zerschmettert im Türrahmen stehen. Schließlich winkte ihm MYLADY gnädig zu, näher zu kommen. Sie bedeutete ihm, nun in schmeichlerischem Tonfall, einen Blick in den Spiegel zu werfen.
    "Oh nein! Nicht schon wieder!", wehrte Tweeford ab. Bestimmt handelte es sich wieder um eine hübsche junge Frau. Tweeford hatte überhaupt nichts dagegen, sich hübsche junge Frauen anzusehen, gar nichts. Aber er erkannte in MYLADIES schönen Zügen die verräterischen Anzeichen versteckter Wut.
    Irgendetwas Hartschaliges und Geripptes huschte raschelnd über Tweefords Füße. Er zuckte zusammen, sah aber nicht auf seine Füße, sondern hielt heldenmütig seinen Blick auf MYLADY gerichtet.
    MYLADY wies gebieterisch auf den Spiegel. Der Rahmen dieses ungewöhnlichen Instrumentes war ohne Frage eine feine venezianische Arbeit. In seiner absolut glatten Oberfläche jedoch, die nicht aus Glas, sondern aus einem schwarzen Kristall geschliffen war, mochte sich schon die Schöpfung dieser Welt gespiegelt haben. Der Spiegel begann zu rauschen, und dieser Ton drang direkt in Tweefords Seele. Es klang wie das Rauschen des Urmeeres.
    Zweimal schon hatte er das erlebt und jedes Mal war er hilflos gewesen. "MYLADY ist schön. Sie ist wunderschön", ertönte der Spiegel. Tweeford ging in die Knie und hielt sich die Ohren mit beiden Händen zu, in dem vergeblichen Versuch, die mächtigen Töne des Spiegels von sich abzuwehren.
    "Sieh sie dir an! Sieh MYLADY an!", rauschte der Spiegel verlangend.
    Langsam, widerstrebend hob Tweeford die Augen. Er sah MYLADY an und sah ein junges, blutvolles, anmutiges Wesen, mit blitzenden Augen und diesen wunderschönen Händen, die jetzt auf ihn zuschwebten und seine Hände, die er immer noch auf die Ohren gepresst hielt, bedeckten. Sie zog seinen Kopf näher zu sich heran, bis sein Gesicht schließlich in der weißen Seide ihres Gewandes verschwand. Seine Nase sog gierig den Duft ihres Parfüms ein.
    "Ist sie nicht schön? Sie ist die Schönste !", klang der Spiegel, machte eine kunstvolle Pause und fuhr fort: "Bis auf dieses hergelaufene Geschöpf, eine junge Frau, von der man meinen könnte, dass ihre Schönheit an die MYLADIES wenigstens heranreicht, vielleicht sogar sie..." Der Spiegel sprach die Worte nicht aus, die in diesem Hause für unaussprechlich galten.
    Aus MYLADIES Kehle drang ein gequältes Stöhnen, das von tiefstem, innerem Elend zeugte. Und obwohl Tweeford diese Frau hasste, weil sie ihm Angst machte, weil sie ihm sooft weh tat , und weil er so abhängig von ihr war, schnitt ihm ihr schrecklicher Kummer tief ins Herz.
    "Sieh in mich hinein, sieh es dir an!", rauschte der Spiegel.
    Tweeford konnte nicht anders, als zu gehorchen und wandte seinen Blick wieder dem Spiegel zu. Grüne und weiße Wellen liefen über dessen Oberfläche, bis sie die ersten Umrisse einer menschlichen Figur freigaben, das "hergelaufene Geschöpf". Und wenn der Augenblick nicht gar so dramatisch gewesen wäre, hätte Tweeford bewundernd gepfiffen.
    MYLADY bemerkte jedoch sogar diesen nur gedachten Pfiff. Sie schrie sofort in so hellem Schluchzen auf, dass sich Steine ihrer erbarmt hätten. Anklagend stieß sie den Zeigefinger in Richtung des Spiegels, als wolle sie die Person, die kein anderes Verbrechen begangen hatte, als ihre eigene Schönheit zu übertreffen, aufspießen.
    "Sieh sie dir genau an, Butler Tweeford! Dieses verkommene, nichtswürdige Biest. Sie ist ein Nichts und ist doch schöner als ich."
    Und in einer neuen dramatischen Welle des Schmerzes hoben und senkten sich ihre wunderschönen Schultern wi e die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher