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Moloch

Titel: Moloch
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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bestätigte diese Vermutung.
    »Wird die… ähm, hitzige junge Dame heute Abend mit Ihnen speisen, Sir?«
    »Ja, sie und niemand anders, Wetzel.«
    »Dann gestatten Sie mir, Sie zu einem Tisch zu bringen, mit dem sie beim letzten Mal sehr zufrieden gewesen ist.«
    Nachdem Diego sich gesetzt hatte und die Speisekarte überflog, gratulierte er sich insgeheim, nicht zu spät zur Verabredung erschienen zu sein. Oft machten seine Schreibaufträge seine besten Absichten zunichte, sich rechtzeitig Volusia zu widmen. Doch der Stolz auf seine Leistung verwandelte sich allmählich in ein mürrisches Schmollen, da er bereits eine halbe Stunde wartete und von Volusia noch immer nichts zu sehen war.
    Drei Drinks später – an diesem Abend bemerkte Diego eine Vorliebe für Arcanums, eine starke und neumodische Mischung aus Brandy, Rum, Limetta, Eiweiß, Sodawasser und einem Spritzer Mandelessenz – war seine Ungeduld längst einer irrationalen Gereiztheit gewichen, ähnlich dem Unmut, der ihn am Morgen nach dem Aufwachen erfasst hatte. Um sich von seiner eigenen schlechten Laune abzulenken, zündete er noch eine Seraglio an und bestellte einen vierten Arcanum. Er holte sein Notizbuch und einen Bleistift aus der Tasche, dann begann er, bruchstückhafte Ideen für Geschichten aufzuschreiben, die der Alkohol in ihm entstehen ließ.
    Welt, in der eine große Bandbreite an Tieren existiert, nicht nur Fische, Tauben, K. schaben, Ratten. Manche leben bei den Menschen im Haus. So genannte ›Gesellen‹.
    Parallele Städte, isoliert von JDG und vom FU. Kommunikation wie?
    Himmelsschiffe beherrschen das Reisen. Prot. ist ein Captain.
    Ingeniatoren, die neue Dinge *entdecken*, anstatt nur zu reparieren/flicken.
    Schuppen so billig wie Schmutz – Quelle?
    Möglichkeit des Fernbetrachtens.
    Eine plötzliche Unruhe an Wetzels Pult nahe dem Eingang ließ Diego von seinen Notizen aufblicken. Eine Schar Lakaien in weißen Schürzen umschwärmten eine Frau, die ein deutliches Stück größer war als die Männer. Der Mitarbeiterstab versuchte, die Frau davon abzuhalten, das Restaurant zu betreten, doch sie ließ sich nicht auf diesen Unsinn ein. Mit ausholenden Bewegungen schob sie die vergeblich sich abmühenden Kellner und Pikkolos aus dem Weg, die ihr daraufhin im Gänsemarsch folgten, während sie geradewegs zu Diego ging und von den anderen Gästen so schockiert angestarrt wurde, als wäre sie nackt.
    Doch Volusia hatte sich keinen derartigen Schnitzer erlaubt. Stattdessen trug sie immer noch ihre Arbeitskleidung, und die wiederum, trug deutlich sichtbare Beweise, dass sie erst unlängst wieder von ihrem Job gefordert worden war.
    Volusia Bittern war eine Feuerwehrfrau im Rang eines Leutnants bei den Esmond Casterline Irregulars, einem der zehn Feuerbekämpfungsunternehmen von Gritsavage. Ihre Kleidung bestand aus einem feuerroten Helm, der mit goldenen Verzierungen geschmückt war, einem vulkanisierten Überzieher, der bis zu den Knöcheln reichte und mit riesigen Messingschnallen verstärkt war. Dazu kam eine mit Messingknöpfen doppelreihig besetzte, königsblaue Strickjacke, eine passende Kniebundhose sowie Gummistiefel, die bis zur Hüfte reichten und von Hosenträgern gehalten wurden, die verschiedene Abzeichen aufwiesen. Um den Hals hing noch ihre Atemmaske.
    Während sie unbeeindruckt durch das Lokal schritt, zog sie ihren Mantel aus und drückte ihn gut gelaunt einem verblüfften Ober in die Hand. Ihre Uniform zeugte auf unerfreuliche Weise von ihrem jüngsten Kampf. Die Oberfläche der Stiefel glänzte nass, und bei jedem Schritt war ein deutliches Platschen zu hören. Ihr Helm wies weit oben eine tiefe Beule auf, und an einer verkohlten Stelle an ihrer Schulter hatte ihre Jacke offenbar Feuer gefangen. Obwohl sie noch ein paar Schritte von ihm entfernt war, konnte Diego den Brandgeruch deutlich wahrnehmen, der sie umgab.
    Bei jeder anderen Frau hätte der Zustand ihrer Kleidung Mitleid hervorgerufen, aber nicht so bei Volusia. Sie war keine typische Vertreterin ihres Geschlechts. Bei einer Größe von gut 1,80 Meter wog sie zumindest fünfundzwanzig Kilo mehr als Diego, hatte dabei aber nicht ein Gramm Fett zu viel am Körper. Ihr großer Busen fand in den fruchtbaren Hüften ein Gegengewicht, ihre starken Hände waren in der Lage, fest den Schaft einer Axt zu umfassen, wenn sie sie aneinander legte. Volusia überragte die meisten Frauen – und Männer – wie eine stämmige Ringerin eine Ansammlung von Gnomen.
    Diegos Freundin
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