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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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stammelte etwas von wachsendem schlechtem Gewissen. Als alles eskalierte, wollte er irgendwie raus aus der Nummer. Aber selber zur Polizei? Niemals.
    Der kleine, dicke Mann telefonierte nach derselben.
     
    Es war fast schon Mittag. Der kleine, dicke Mann saß mit Heidi am Frühstückstisch. Auf die Paarungsspiele der letzten Nacht würde wohl ein Muskelkater folgen. Die »Thüringer Allgemeine« war voll mit Berichten von den aktuellen Ereignissen um Born-Senf. Der Mörder des Bratwurstbraters sei ein Motorradrocker. Nach der Verhaftung des Geschäftsführers   R. und eines gewissen Jürgen   Z. sei von den Protestierern ein Gremium bestimmt worden, das übergangsweise die Senf-Produktion und die Geschäfte der Firma überwachen solle. Mitglied des Gremiums seien die Erfurter Bürgerinnen und Bürger Elisabeth Wickler-Knirschler, Karl Breithaupt, Leonid Müller und Horst Bäcker. Der kleine, dicke Mann kicherte. Horst, der Fleischer, hieß also Bäcker. Wie passend.
    Auch bei nochmaligem aufmerksamem Durchforsten der Zeitung fand der kleine, dicke Mann nirgendwo seinen Namen. Die Polizei erntete allen Ruhm.
    Der kleine, dicke Mann war zufrieden. Er lächelte Heidi zu, küsste sie und sagte: »Ich muss noch mal weg.«
    Auf dem Domplatz legte er eine Rose zu den anderen Blumen, die schon am verwaisten Bratstand lagen. Die Schweigeminute legte er aber erst ein, als er am nächstgelegenen Stand seine Bratwurst bekommen, diese dick mit Born-Senf versehen und hineingebissen hatte.
     

Knock-out
    VON JUTTA MARIA HERRMANN
     
    Kowalski steht auf dem Fahrdamm, mitten in Berlin. Die breit ausgebaute Straße ist wie leergefegt   – und das am helllichten Tag. Über dem Asphalt flimmert die Luft. Kowalski schwitzt. Der Schweiß rinnt ihm in Bächen den Rücken hinunter. Hinter sich hört er plötzlich einen Motor aufheulen. Er wirbelt herum. Aus Richtung Landsberger Allee rast ein Auto auf ihn zu. Ein knallroter Ferrari. Wow! Obwohl   …
    Kowalski kneift die Augen zusammen. Das ist ja ein Trabbi, so ‘ne alte Kugelpappe mit Rallyestreifen und drinnen   – meine Fresse   – unser Erich. Mit einem dämonischen Grinsen auf dem Gesicht hält der olle Honecker direkt auf ihn zu. »Nein«, schreit Kowalski und hebt die Hände, die   – wie er erst jetzt bemerkt   – in Boxhandschuhen stecken.
    Mit einem Ruck fährt Kowalski hoch und blinzelt gegen das Licht. Die Nachmittagssonne scheint ihm durchs Fenster direkt ins Gesicht. Im Hintergrund lärmt der Fernseher. Rennwagen drehen mit kreischenden Motoren ihre Runden. Formel   1. Kowalski gähnt bis sein Kiefer knackt und greift nach der Fernbedienung auf seinem Schoß. Er schaltet den Fernseher aus und hebt die Beine vom Sofa. Was schabt denn da an seiner Wohnungstür? Kowalski verharrt mitten in der Bewegung. Da! Wieder! Jemand macht sich am Türschloss zu schaffen. Er stemmt sich vom Sofa hoch. Die Sprungfedern quietschen. Die Jogginghose rutscht. Eine Hand am ausgeleierten Bund sprintet Kowalski zur Tür und reißt sie auf.
    »Ja?«
    Draußen steht Frau Barginski. Ein penetranter Haarsprayduft weht Kowalski in die Nase. Frau Barginski stößt einen spitzen Schrei aus, der Schlüsselbund fällt scheppernd zu Boden.
    »Herr Kowalski«, keucht sie, das Gesicht so aschgrau wie die frisch dauergewellten Haare auf dem Kopf. »Herrje, haben Sie mich erschreckt. Was haben Sie denn in meiner Wohnung zu schaffen?« Sie fuchtelt drohend mit ihrem Stock.
    Kowalski bückt sich nach dem Schlüsselbund und drückt ihn der alten Frau in die zitternde Hand. »Frau Barginski. Das hier ist meine Wohnung. Ihre ist ein Stockwerk höher. In der zweiten Etage.«
    Verwirrt blinzelt Frau Barginski ihn durch die dicken Brillengläser an. »Ja, bin ich denn nicht im zweiten Stock?«
    »Nein«, sagt Kowalski. »Im Ersten.«
    »Mhm«, murmelt Frau Barginski und schaut skeptisch.
    Kowalski zeigt auf das Klingelschild: »Hier steht’s! KOWALSKI. Sehen Sie’s?«
    Frau Barginski bringt ihr Gesicht ganz nah an das Schild. »Tatsächlich«, murmelt sie und sieht beschämt zu Kowalski hoch. »Das ist mir jetzt aber sehr peinlich. Entschuldigen Sie vielmals.«
    »Kein Problem. Kann ja mal vorkommen.« Kowalski winkt großmütig ab, obwohl es nicht zum ersten Mal passiert, dass die Alte sich im Stockwerk irrt.
    »Das ist mir ja noch nie passiert«, grummelt Frau Barginski und tippelt, auf den Stock gestützt, zum Treppenabsatz. »Ach, bevor ich es wieder vergesse, Herr äh   …« Sie bleibt stehen
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