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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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Habe ich wirklich »anphonen« gesagt? Er hasste sich für dieses anglisierte Neudeutsch. Aber nun war es einmal raus und Lisa konnte helfen. Der kleine, dicke Mann bat, sie möge auch Leo mit ranorganisieren. Lisa versprach, sich schnell zu kümmern.
    Als zwei Stunden später alle versammelt waren, guckten sie auf das Foto.
    »Nie gesehen«, sagte Horst und ließ sein Fleischerbeil kreisen.
    Herbert, der Kamikaze-Rentner sagte: »Das ist doch der Jürgen.«
    »Jürgen, genau«, echoten die Zwillinge.
    Leo sagte erstaunt: »Das ist Jürgen?«
    Horst wunderte sich: »So sieht der also aus.«
    Die Versammelten tauschten auf Bitten des kleinen, dicken Mannes ihre Erfahrungen aus, die sie mit ebenjenem Jürgen gemacht hatten. Je mehr die einzelnen erzählten, was sie Jürgen verdankten, vor allem an Ideen, umso mehr wusste der kleine, dicke Mann, dass er auf der richtigen Spur war.
    »Und Jürgen hat auch vorgeschlagen, mich unterzuhaken und in der ersten Reihe mitdemonstrieren zu lassen?«
    Karl bejahte.
    »Jürgen ist Sache der Polizei«, sagte der kleine, dicke Mann.
    »Keine Bullen!«, schrie Horst und stellte sich mit erhobenem Fleischerbeil vor die Tür.
    »Und ob«, sagte der kleine, dicke Mann. »Habt ihr nicht gehört, dass heute Nacht der Bratwurstbrater vom Domplatz ermordet wurde?«
    Lisa wurde bleich. Horst ließ das Beil sinken. Dem Kamikaze-Rentner klappte die Kinnlade runter, so dass fast das Gebiss herausfiel. Karl und Heinz guckten sich erschrocken an und machten sofort gegenseitig Handzeichen, die wohl bedeuten sollten: Ich war’s nicht!
    Ja, man habe schon mal gerufen »Tod den Senfpanschern!« und »Gelb oder Leben!«, aber das wäre doch symbolisch gemeint gewesen.
    Diese Sprüche kannte er doch, dachte der kleine, dicke Mann. Die anonymen Briefe an Rührnig. Natürlich! Als er es den dicken Zwillingen aufs Gesicht zu sagte, brachen die wie kleine Schulmädchen in Tränen aus und gaben alles zu.
    »Ihr Blödmänner«, sagte Horst.
    »Ich fand’s gut«, sagte Leo.
    »Und du hast die Internet-Seite von Born-Senf lahmgelegt«, sagte der kleine, dicke Mann zu Leo. Der grinste nur.
    Gut, dann wäre das auch geklärt.
    »Die Briefe habe ich mit Lisa geschrieben und organisiert, dass noch mehr geschrieben wurden«, sagte Herbert, der Kamikaze-Rentner. Lisa lächelte entschuldigend.
    »Noch weitere Beichten?«, fragte der kleine, dicke Mann.
    Horst holte tief Luft, setzte an, machte eine bedeutungsschwangere Pause und sagte dann: »Nee.«
    Alle bestritten, irgendetwas mit der Verwüstung der Produktionshalle von Born-Senf zu tun gehabt zu haben. Und mit dem Mord sowieso.
    Aber welche Rolle spielte Jürgen in dieser Angelegenheit?
     
    Der kleine, dicke Mann erstattete Rührnig Bericht.
    »Die lügen doch«, sagte Rührnig, »wer soll denn sonst hier gewütet haben?«
    »Jürgen«, sagte der kleine, dicke Mann. Es war ein Versuchsballon. Und er hatte nicht erwartet, dass gleich der erste Versuch zu so einem Ergebnis führen würde.
    Rührnig brach heulend zusammen. Und es floss alles aus ihm heraus, was der kleine, dicke Mann an Information brauchte. Jürgen mit dem etwas komplizierten Nachnamen Zwarczyk, geschickt von Tiger-Senf Dusselstadt, der schier übermächtigen Konkurrenz aus dem Westen. Der kleine Ost-Konkurrent sollte vernichtet und Thüringen mit Tiger-Senf überschwemmt werden. LKW-Ladungen wurden nach Thüringen geschickt. Der Tiger-Senf sollte kostenlos verteilt werden. Fast alle LKW mussten unentladen wieder umdrehen. Die Thüringer wollten Tiger-Senf nicht. Nicht mal geschenkt.
    Als er versucht hatte, Tiger-Senf in Born-Senf-Becher abfüllen zu lassen, streikte die Belegschaft. Er versuchte, sie zu erpressen, drohte mit Entlassung, nichts half. Im Gegenteil, trotz auferlegter Infosperre musste etwas durchgesickert sein, denn dann begannen die Proteste und Aktionen. Und dann kam Jürgen, der die Idee hatte, diese Proteste auszunutzen, sie ausufern und in Gewalt umkippen zu lassen. Der Motorradrocker von den »Bandidos« hätte zweimal Geld bekommen, einmal für den Werbeslogan und einmal für den Zerstörungseinsatz. Bargeld. Das erste hätte er, Rührnig, ausgezahlt, das zweite Jürgen Zwarczyk aus der, wie er sich ausdrückte, Kampfkasse. Aber mit dem toten Bratwurstbrater habe er nichts zu tun, heulte Rührnig.
    »Wieso haben Sie dann mich engagiert?«, fragte der kleine, dicke Mann wütend. »Dachten Sie, ich sei zu blöd, hinter all das zu kommen?«
    Rührnig schüttelte den Kopf,
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