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Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten

Titel: Mörderische Landschaften - Kriminelles aus dem Osten
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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der DDR nicht gegeben.
    Er braucht jetzt dringend einen Schnaps. Kowalski stapft an der Leiche vorbei ins Wohnzimmer. Der Barschrank ist rappelvoll mit seinem Lieblingsschnaps: Blauer Würger . Im Keller lagern nochmal an die zweihundert Flaschen. Hat er direkt nach der Wende für nen Appel und en Ei abgeschossen. Das reicht bis an sein Lebensende. Kowalski nimmt einen kräftigen Schluck direkt aus der Pulle. »Hach«, sagt er mit einem tiefen Seufzer. »Da geht’s einem doch gleich viel besser.« Er setzt die Flasche noch ein zweites Mal an und lässt sich zum Nachdenken auf dem Sofa nieder.
    Neulich auf RTL, in dieser Sendung, die immer spätabends läuft   – er kommt nicht drauf, wie die heißt   –, da ging es doch um den perfekten Mord. Und der Kommissar hat gesagt, die beste Methode, eine Leiche auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen, ist   … Kowalski legt die Stirn in Falten.   … ab in den Restmüll damit. Nur   – Kowalski zieht seine Unterlippe zwischen die Zähne   – er kann sich ja schlecht den toten Grieme über die Schulter werfen und durchs Treppenhaus runter zum Müll spazieren. Leichen rollt man in Teppiche, fällt ihm ein. Kowalski begutachtet den schmutzig grauen, vollgekrümelten Flokati unter seinen Füßen. »Nee.« Er schüttelt den Kopf. Zu klein. Da guckt der Grieme ja hinten und vorne raus. Aber die Abdeckplane für seine Schwalbe, die ist groß genug. Das müsste gehen. Die Plane ist unten im Keller. Kowalski springt vom Sofa hoch.
    In der Diele stoppt er abrupt. Erst muss die Leiche hier weg. Die liegt ja rum wie auf einem Servierteller. Wenn er die Tür aufmacht, sieht die doch jeder. Kowalski atmet tief durch, packt den Toten unter den Achseln, zerrt ihn über den Boden in die Küche und lehnt Grieme an die Wand neben dem Mülleimer. Dann nimmt er den Kellerschlüssel vom Haken, die Taschenlampe aus der Schublade und hastet in Pantoffeln die Stufen zum Keller hinunter. Feuchter Modergeruch schlägt ihm entgegen. Er tastet nach dem Schalter und knipst das Licht an. Ein Rascheln. Zwei dunkle Schatten flitzen um die Ecke. Ratten! Kowalski schüttelt es. Widerliches Viehzeug. Vor der Maueröffnung gab es die nicht in Marzahn. Zumindest nicht in diesen Mengen. Die Wiedervereinigung hat nichts als Ärger gebracht. Er hat das von Anfang an gesagt. Aber auf ihn hört ja keiner.
    Kowalski lässt den Lichtkegel der Taschenlampe über die vollgestopften Regale in seinem Kellerraum wandern. Unmengen an Halberstädter Gulaschsuppe, Halberstädter Wurstsoljanka, Spreewälder Gurken hat seine Hilde   – Gott hab sie selig   – hier gebunkert. Für den Fall eines dritten Weltkrieges. Und dass der so gewiss kommt wie das Amen in der Kirche, davon konnte sie nichts und niemand abbringen.
    Kowalski schnappt sich die zu einem unhandlichen Paket gefaltete Abdeckplane und eilt damit die Treppe hoch. Er fummelt den Schlüssel aus der Hosentasche und steckt ihn ins Schloss.
    »Guten Tag«, sagt eine Stimme hinter seinem Rücken.
    Kowalski zuckt wie ertappt zusammen, dreht sich zögernd um und reißt vor Staunen die Augen auf. Vor ihm steht   – leibhaftig   – Mario Barth. Die Plastikplane rutscht ihm aus den Händen und fällt zu Boden. Er kann es nicht fassen. Sein Held. Sein Idol. Der einzige Mann, der weiß, wie Frauen ticken   – zum Anfassen nah direkt vor ihm.
    »Kann ich ein Autogramm haben, Herr Barth«, flüstert er ergriffen.
    Der Mann verdreht in gespielter Verzweiflung die Augen. »Nee, könnense nich. Ich sehe vielleicht aus wie dieser Barth, aber ich bin’s nicht.« Er streckt Kowalski seine Hand entgegen. »Gestatten, Lothar Berger.«
    Kowalski ergreift die Hand und schüttelt sie. Er kann seinen Blick nicht vom Gesicht des Mannes lösen. Diese Ähnlichkeit. Der helle Wahnsinn.
    Lothar Berger befreit seine Hand gewaltsam aus Kowalskis festem Griff. »Wissen Sie zufällig, wo Rüdiger steckt?«, fragt er und dehnt vorsichtig seine Finger.
    Mit einem Schlag ist Kowalski ernüchtert. Er spürt, wie ihm die Hitze ins Gesicht steigt. »Rüdiger?«, wiederholt er dümmlich.
    »Ja, Rüdiger Grieme, Ihr Nachbar.« Berger deutet mit dem Kopf auf die Wohnung gegenüber. »Seine Tür ist nur angelehnt, aber er ist nicht da.«
    »Ach«, krächzt Kowalski und bückt sich mit hochrotem Kopf nach der Plastikplane.
    »Weit kann er ja nicht sein«, sagt Berger und zückt sein Handy. »Ich ruf ihn einfach mal an.«
    »Äh   … ja«, sagt Kowalski und dreht den Schlüssel im
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