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Moerderische Kuesse

Moerderische Kuesse

Titel: Moerderische Kuesse
Autoren: Linda Howard
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dass ihr aber je bewusst geworden war, weswegen sie so konfliktscheu war.
    Sie hatte das Risiko minimiert, indem sie mit so wenigen Menschen wie nur möglich Umgang gepflegt hatte.
    Wieder und wieder hatte sie die Übungen absolviert, um neue Verhaltensmuster einzuüben, und während ungezählter Sitzungen bei Dr. Shay hatte sie gelernt, ihren Zorn und Schmerz anders zu verarbeiten. Trauer war etwas Schreckliches, aber Einsamkeit war genauso schlimm, und sie hatte sich das Leben unnötig schwer gemacht, indem sie sich von ihren Mitmenschen abgeschnitten hatte. Sie brauchte ihre Familie und hatte, getrieben von Dr. Shay, vor einigen Wochen tatsächlich den Mut aufgebracht, ihre Mutter anzurufen. Beide hatten viel geweint, aber trotzdem hatte sich Lily unbeschreiblich erleichtert gefühlt, endlich wieder mit ihrem früheren Leben verbunden zu sein.

    Nur über Swain hatte sie nicht mit Dr. Shay gesprochen. Bis zu dem Anruf bei ihrer Mutter hatte sie weder Besuch empfangen noch mit der Außenwelt Kontakt aufnehmen dürfen, weshalb es nicht weiter überraschend war, dass sie seit jenem Tag auf Euböa, an dem sie geglaubt hatte, er hätte sie umgebracht, nichts mehr von ihm gehört hatte. Sie fragte sich, ob er auch nur ahnte, was sie ihm zugetraut hatte.
    Sie wusste nicht, ob er Schwierigkeiten bekommen würde, weil er seinen Auftrag auf so eigenwillige Art ausgeführt hatte, sie wusste nicht einmal, wie viel er der Zentrale berichtet hatte.
    Darum hatte sie ihn einfach nicht erwähnt, und auch Dr. Shay hatte nie von ihm gesprochen.
    Jetzt klopfte sie an Dr. Shays Tür, und eine ihr unbekannte Stimme sagte: »Herein.«
    Sie öffnete die Tür und sah überrascht auf den Mann hinter dem Schreibtisch. »Herein«, wiederholte er lächelnd.
    Lily trat ein und schloss die Tür. Schweigend setzte sie sich auf denselben Stuhl wie sonst auch.
    »Ich bin Frank Vinay«, stellte sich der Unbekannte vor. Er war etwa Anfang siebzig und hatte ein freundliches Gesicht, aber auch einen scharfen Blick. Erschrocken erkannte sie den Namen wieder. Er war der Direktor der Abteilung für Auslandseinsätze.
    Dann klickten ein paar Schalter um, und sie fragte: »Swains Frank?«
    Er nickte. »Zugegeben.«
    »Hatten Sie wirklich einen Autounfall?«
    »Wirklich. Natürlich kann ich mich an den Unfall selbst nicht erinnern, aber ich habe alle Berichte darüber gelesen.
    Mein Unfall brachte Swain in eine prekäre Lage, weil er herausgefunden hatte, dass es bei uns einen Maulwurf gab, der Rodrigo Nervi informierte. Leider wusste er nicht, wer das war, und weil ich andererseits der Einzige war, von dem er mit Sicherheit wusste, dass er kein Maulwurf ist, konnte er in der Zentrale niemandem mehr vertrauen. Er war bei der Operation ganz auf sich allein gestellt – abgesehen von Ihnen, natürlich.
    Ich möchte Ihnen für Ihren Mut den Dank Ihres Vaterlandes aussprechen.«
    Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber das auf keinen Fall. Sie sagte: »Ich dachte, Sie würden mich ausschalten lassen.«
    Das freundliche Gesicht verfinsterte sich. »Nachdem Sie Ihrem Land jahrelang treu gedient haben? Das ist nicht mein Stil. Ich hatte die Berichte gelesen, müssen Sie wissen; es war unverkennbar, dass Sie am Anschlag waren, aber ich konnte Sie nicht so führen, wie es nötig gewesen wäre. Natürlich hatte ich Angst, dass Sie nach dem Mord an Salvatore Nervi unser gesamtes Netzwerk auffliegen lassen könnten, aber trotzdem habe ich nie in Betracht gezogen, Sie aus dem Weg räumen zu lassen, es sei denn, Sie hätten mir keine andere Wahl gelassen.
    Dies hier war meine erste Option«, sagte er und deutete dabei auf Dr. Shays Schreibtisch. »Aber mir war klar, dass Sie jemandem, der Ihnen diesen Plan präsentierte, keinesfalls glauben würden. Sie würden ihn entweder töten oder untertauchen oder beides. Wir mussten Sie einfangen, und darum setzte ich meinen besten Jäger auf Sie an. Es war eine glückliche Wahl, denn ein anderer Führungsoffizier hätte die Situation vielleicht nicht so geschickt gelöst, nachdem sich die Umstände so dramatisch verändert hatten.«
    »Nachdem er von dem Maulwurf gehört hatte und ich erfahren hatte, woran in diesem Labor wirklich geforscht wurde.«
    »Genau. Es war eine vertrackte Situation. Als Damone Nervi entdeckte, was sein Vater und Bruder planten, leitete er alles in die Wege, um die Freisetzung des Virus zu verhindern: Er beauftragte Averill Joubran und seine Frau, Dr. Giordanos Arbeit zu zerstören, womit er die
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