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Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel

Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel

Titel: Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
Autoren: Peter O'Donnell
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doch stets darauf bestanden, daß unsere Arbeit für Sie sich auf weltlichem Niveau bewegen müsse, und so sind wir bemüht, auch in weltlichen Ausdrücken zu denken.»
    «Gewiß.» Luzifer schenkte Bowker ein traurigschönes Lächeln und wandte sich wieder Seff zu.
    «Fürchten Sie nicht, mir eine Last aufzubürden. Vor langer, langer Zeit, noch ehe ich euch aus den Unteren Regionen gerufen und um mich versammelt hatte, war es an mir,
alle
Arbeit zu tun: Millionen Entscheidungen Tag für Tag.»
    «Und Tag für Tag nimmt nun die Zahl Ihrer Untertanen um Millionen zu, Luzifer», sagte Seff verbindlich.
    «Es gereicht uns zur Ehre, Ihnen alle Arbeit bis auf die bedeutendsten Entscheidungen abnehmen zu dürfen.»
    Huldvoll neigte Luzifer das Haupt und trat dann an den Tisch, auf dem die Kartothek aufgereiht war. Sein Blick verdunkelte sich, und er legte seine kraftvolle Rechte leicht auf die dichtgedrängten Kuverts des ersten Kastens. Sehr langsam ließ er die Finger über die Reihe der Umschläge gleiten, wobei er jedes Kuvert sekundenlang befühlte. Nach einiger Zeit hielt er inne, zog einen Umschlag heraus und ließ ihn auf die Tischplatte fallen.
    Jack Wish saß dabei wie ein Kind, das einem Zauberkünstler zusieht. Es dauerte lange, ehe ein zweiter Umschlag gewählt und gezogen war, und die ganze Zeit über schritt Seff langsam und knirschend auf und ab. Er vermied es, Luzifer anzusehen, ehe nicht die Umschläge der ersten Lade geprüft und drei davon ausgewählt waren. Erst dann nickte er Jack Wish zu, der sich erhob und die Lade in den Schrank zurückschob.
    Jetzt wandte Luzifer sich den Kuverts der zweiten Reihe zu. Bowker folgte ihm mit dem Blick und ließ sich seine Besorgnis nicht anmerken. Er fühlte Erleichterung, sobald Luzifer ohne zu zögern wählte, verfiel aber sofort wieder in seinen gespannten Zustand, wenn die auswählende Hand unentschlossen zögerte, ehe sie den nächsten Umschlag zog. Zwei der Laden wurden von Luzifer nicht berücksichtigt.
    Das Ganze dauerte eine volle Stunde, während der kein Wort gesprochen wurde. Schließlich waren aus mehr als dreitausend Kuverts siebzehn ausgewählt.
    Nun trat der Meister von dem Tisch zurück, und während Jack Wish das letzte Fach im Aktenschrank verstaute, konzentrierte Luzifers Blick sich langsam wieder auf seine Umgebung. Abermals huschte das traurig-schöne Lächeln über seine Züge, als er den niedrigen Kuvertstapel gewahr wurde, der auf dem Tisch verblieben war.
    «Nun – ich habe entschieden, Seff.»
    «Wir danken Ihnen.» Seff verschränkte die Finger und ließ die Knöchel knacken. «Aber da wäre noch eine weitere Sache, der Sie bitte Ihr Augenmerk zuwenden wollen …»
    «Ja?»
    «Für einen Ihrer geringeren Diener ist die Zeit gekommen, in die Unteren Regionen zurückzukehren.
    Und es wäre eine große Auszeichnung für ihn, wenn Sie persönlich ihn befördern würden.»
    Ein Schatten huschte über Luzifers Stirn, so daß Seff mit blecherner Stimme eilig fortfuhr: «Wie unser Freund Dr. Bowker – um seinen weltlichen Namen zu gebrauchen – es formuliert hat, wünschen Sie stets im Einklang mit dem natürlichen Ablauf der Dinge zu handeln. Dennoch glauben wir, im Falle eines so guten Dieners auf eine Ausnahme hoffen zu dürfen – wie dies ja schon früher der Fall war.»
    Erinnerungsverloren lächelte Luzifer. «Ich möchte nicht merkbarer in Erscheinung treten als mein himmlischer Partner. Ja, es gab eine Zeit, da wir unsere Macht offener ausübten. Aber mein Kollege hat es längst aufgegeben, die Wasser zu teilen und die Sonne anzuhalten. Und ich habe beschlossen, es ihm gleichzutun.»
    «Viele Anzeichen sprechen aber dafür», sagte Bowker gedankenvoll, «daß er gelegentlich noch immer die Naturgesetze durchbricht, unauffälliger freilich, aber doch zum Wohl eines einzelnen Menschen.»
    «Das ist wahr.» Sinnend verschränkte Luzifer die braunen Arme über der Brust. «Nun gut», sagte er schließlich, «die Gnade sei gewährt.»
    Jack Wish verließ das Zimmer. Statuengleich stand Luzifer, den Blick in die Ferne gerichtet, und Bowker fragte sich wohl zum hundertstenmal, in welch absonderlichen Fernen der Geist hinter diesen Augen wohl schweifen mochte. Seff war nun stehengeblieben, die eine Hand in der Tasche seines schwarzen Anzugs.
    Und Bowker spürte, wie sich das Kommende ihm auf den Magen schlug.
    Es vergingen drei Minuten, ehe die Tür sich öffnete.
    Jack Wish trat ein; er führte einen blonden Burschen in Slacks und
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