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Mitarbeiter sind so verletzlich

Mitarbeiter sind so verletzlich

Titel: Mitarbeiter sind so verletzlich
Autoren: Fred Maro
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heraus – wählen wollten. Die Idee wurde begeistert aufgenommen, ein Wahltermin bestimmt und ein Prozedere festgelegt, das den „Wahlkampf“ in Grenzen halten sollte.
    Ich weiß, dass Sie jetzt ungläubig den Kopf schütteln. Fast alle – außer dem entschlossenen Manager taten dies – mich eingeschlossen. Der mir sehr sympathische Schweizer Querdenker Hans A. Pestalozzi definierte vor einigen Jahren Demokratie als „die Wahl zwischen Pest und Cholera, nach der man versuchen muss, die jeweils gewählte Krankheit zu überleben“. In dem von mir hier geschilderten Fall zeigte sich bald, dass sich in dem nun stattfindenden „Wahlkampf“ zwei Hauptkandidaten herauskristallisierten. Der eine (männlich) hatte eine feste Lobby unter den Kollegen. Sein Wahlkampfstil war sehr emotionell geprägt. Die Mitbewerberin pflegte einen sehr stilvollen – wenn nicht leicht distanzierten (aber nicht unkollegialen) Umgang. Beide Kandidaten hatten schon während des Wahlkampfes selbstständig vereinbart, dass der jeweilige Gewinner den Verlierer als Stellvertreter einsetzen würde. Daneben gab es noch eine Reihe weiterer Bewerber, deren wahrscheinliche Niederlage sich jedoch sehr früh abzeichnete.
    Das Erstaunliche an diesem Wahlkampf war: Es ging kaum Arbeitszeit verloren, der Arbeitsfrieden wurde nicht gestört und – das ist die wichtigste Erkenntnis – es bewarben sich nur Mitarbeiter, denen auch Fachleute ohne Weiteres die Führung des Bereiches zugetraut hätten.
    Am Wahltag herrschte Partystimmung. Die junge Dame gewann mit eindeutigem Vorsprung, wobei auch die männlichen Kollegen offensichtlich für sie stimmten. Bis heute erledigt sie ihre Arbeit mit einer erfolgreichen Präzision und Führungskommunikation, die im restlichen Unternehmen relativ selten anzutreffen ist …

Sprechen Sie KLARTEXT!
    Einige der zermotivierendsten Faktoren sind unklare Aussagen, zu diplomatisch formulierte Statements und offensichtliche Gefälligkeitskommentare oder erkennbar falsche Versprechen.
    In meiner langjährigen Praxis habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass klare Sätze und unmissverständliche Aussagen wesentlich mehr Verständnis erhalten. Selbst Aussagen, die sehr negativ stimmen, schaden weniger als diplomatische Verbiegungen, die möglichst nicht wehtun sollen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Führungskräfte nur deshalb so um den heißen Brei herumreden, damit sie die Flucht aus dem Tagungsraum ergreifen können, bis die Mitarbeiter in ihrem Bemühen, den Sinn der Ausführungen zu entschlüsseln, zu Ende gedacht haben. Der verstorbene Franz Josef Strauß war ein Meister dieser Sprachtechnik. Zahlreiche Politiker verfahren nach einem ähnlichen Muster. Eine weitgehend zermotivierte Bevölkerung ist das Resultat.
    Wie extrem man in ernsten Fällen werden muss – und wie viel Erfolg man mit deutlichen Worten haben kann, möchte ich Ihnen an dem folgenden Beispiel aufzeigen: Vor einiger Zeit hatte ich den Auftrag, in einem deutschen Unternehmen Hilfe zu leisten. Nach massiven Umstrukturierungen und Managementfehlern hatte die Außendienstmannschaft „auf stur geschaltet“ und ihre Tätigkeit auf ein Mindestmaß reduziert. Das Unternehmen war knapp an der Konkursgrenze. Dies aber störte die Verkäufer wenig, da sie vertraglich unkündbar und mit unglaublich hohen (provisionsfreien!) Gehältern ausgestattet waren. Schon in meiner Antrittsrede spürte ich, dass mich keiner der etwa 70 Anwesenden richtig ernst nahm. „Schon wieder so einer, der uns was von Motivation und mehr Einsatz erzählt!“ hat sich wohl so mancher im Saal gedacht.
    Deshalb habe ich zwei Wochen später die Herren – zusammen mit ihren Partnerinnen (!) – noch einmal zu einer Versammlung gebeten. Meine erste Folie, die ich einige Sekunden kommentarlos wirken ließ, zeigte ein, ins Publikum gestrecktes, nacktes Hinterteil. „Meine Herren, da hinein können Sie Ihre unkündbaren Verträge platzieren, wenn wir es in den nächsten zwei Quartalen nicht gemeinsam schaffen, die Verkaufszahlen deutlich zu erhöhen. Denn wenn uns das nicht gelingt, werden uns die Banken alle weiteren Entscheidungen abnehmen.“
    Eine atemlose Stille war die Reaktion auf diese Folie, der ich sofort eine zweite folgen ließ. Auf ihr waren links alle siebzig Namen aufgeführt. In der Mitte waren die momentanen Gehälter und auf der rechten Seite die Beträge zu lesen, die vom Arbeitsamt nach einem Konkurs an die dann Arbeitslosen gezahlt werden würden. Direkt
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