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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens
Autoren: Sarah Beth Durst
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Prolog
    Die Tochter des Nordwinds
    »Es war einmal vor langer, langer Zeit, da sagte der Nordwind zum König der Eisbären: ›Stehle mir eine Tochter, und wenn sie herangewachsen ist, soll sie deine Braut sein.‹«
    Cassie, vier Jahre alt, klammerte sich fest an ihre Bettdecke und blickte unverwandt auf ihre Großmutter. Die saß steif auf der äußersten Kante von Cassies Bett und erinnerte, hochgewachsen und aufrecht, in ihrer linken Hand einen Gehstock aus Mahagoni, an einen Armeegeneral. Dad war heute Abend nicht da. Er hatte außerhalb der Station zu tun. Das bedeutete, Cassie würde die Geschichte hören. Gram erzählte sie niemals, wenn er zu Hause war. Und es war die einzige Geschichte, die sie überhaupt je erzählte.
    »Und so kam es, dass der König der Eisbären ein Menschenkind entführte und es dem Nordwind brachte. Von da an lebte es bei ihm. Der Nordwind war sein Vater, und der Westwind, der Südwind und der Ostwind waren seine Onkel. Es wuchs zu einer wunderschönen, aber sehr einsamen jungen Frau heran. Eines Tages, als die Winde nicht da waren (was oft geschah), traf sie einen Menschen, einen Mann. Sie freundete sich mit ihm an, und schließlich verliebten sich die beiden ineinander.
    Als nun der König der Eisbären erschien, um seine Braut einzufordern, wies sie ihn ab. Ihr Herz, sagte sie, gehöre einem anderen. ›Ich will keine Braut, die nur aus Zwang die Meine wird‹, sagte er zu ihr. ›Aber dein Vater hat mir ein Versprechen gegeben.‹
    Die Tochter des Nordwinds wusste um die Macht magischer Versprechen, und so versuchte sie, dem ihres Vaters ein eigenes entgegenzusetzen: ›Dann werde ich dir etwas versprechen‹, erwiderte sie. ›Bring mich zu meinem Liebsten, und verstecke uns vor meinem Vater, und wenn ich eine Tochter bekomme, dann soll sie deine Braut sein.‹
    Und so brachte der König der Eisbären die Tochter des Nordwinds zu ihrem Menschenmann und versteckte die beiden im ewigen Eis.
    Voller Zorn fegte der Nordwind über Himmel, Land und Meer. Aber er konnte sie nirgends finden. Und so waren die Tochter des Nordwinds und ihr Mann lange miteinander glücklich.
    Nach der üblichen Zeit bekam die Frau ein Kind. Der Westwind, der zufällig gerade vorüberflog, hörte die Geburt und eilte zum Nordwind, um ihm zu sagen, wo er seine Tochter finden könne. Da stürzte sich der Nordwind mit der Kraft von tausend Schneestürmen hinunter auf das Haus, in dem seine Tochter, ihr Mann und das Neugeborene lebten. Beinahe hätte er es in tausend Stücke zerfetzt, aber die Frau rannte hinaus zu ihm. ›Nimm mich mit dir‹, rief sie weinend, ›aber verschone meine Liebsten!‹
    Und der Nordwind blies sie so weit fort, wie er nur irgend konnte – bis zu der Festung hinter dem Ende der Welt. Dort stürzte sie zu Boden, und Trolle nahmen sie gefangen.«
    Gram stand auf, und Cassie hörte das Bett knarren. Die kräftige Stimme ihrer Großmutter klang jetzt viel sanfter. »Es heißt, wenn der Wind aus dem Norden heult, weint er um seine verlorene Tochter.«
    Cassie blinzelte ihre Tränen weg. »Und Mami ist immer noch dort?«
    Gram war ein Schatten im Türrahmen. »Ja.«

Erster Teil
    Das Land der Mitternachtssonne

Kapitel Eins
    Vor langer, langer Zeit, da lebte in einem Land
    hoch im Norden eine liebliche Jungfrau …
    Geografische Breite: 72° 13 ' 30 " N
    Geografische Länge: 152° 06 ' 52 " W
    Höhe: 1 m
    Cassie schaltete den Motor ihres Schneemobils aus.
    Vollkommene Stille, ihr Lieblingsgeräusch. Eiskristalle tanzten in der arktischen Luft, glitzerten im Licht der frühen Morgendämmerung wie Diamantstaub. Ein Lächeln erschien unter der eisverkrusteten Gesichtsmaske. Cassie liebte das: nur sie, das Eis und der Bär.
    »Nicht bewegen«, flüsterte sie zu dem Eisbären hinüber.
    Ohne den Blick abzuwenden, griff sie nach hinten und hakte das Gewehr los. Der Bär stand reglos da, wie eine Statue aus Marmor. Ohne das Tier auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, lud Cassie die Waffe mit einem Betäubungspfeil, rein nach Gefühl. Weiß auf Weiß in einem Alkoven aus Eis sah er aus wie ein König auf seinem Thron. Einen Augenblick lang war Cassie, als könnte sie die Stimme von Gram hören, ihrer Großmutter, wie sie die Geschichte vom König der Eisbären erzählte … Sie hatte sie nicht mehr gehört seit jenem Tag, an dem Gram die Forschungsstation verlassen hatte, doch Cassie erinnerte sich immer noch an jedes einzelne Wort. Sie hatte damals geglaubt, die Erzählung sei wahr.
    Als
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