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Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)

Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)

Titel: Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)
Autoren: Sharon Draper
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Moms Stimme war leise, klang aber verzweifelt und voller Angst.
    Sie stieg aus dem Auto. Sie blickte auf den Boden. Sie schrie sehr, sehr lange.
    Ihre Schreie waren lauter als die Polizeisirene, die irgendwann um die Ecke kreischte, lauter als die nachfolgenden Feuerwehr- und Krankenwagensirenen, lauter als mein stummes Weinen.
    Ich saß da, wie es schien stundenlang, vergessen, angegurtet auf dem Vordersitz des Autos, während der Regen durch mein offenes Fenster fiel.
    Mir war schlecht vor Angst.

Kapitel 31
    Die Luft fühlte sich schwer und klamm an. Genau wie die Stille, die auf die Schreie, das Weinen und die Sirenen folgte. Der Regen war in einen Nieselregen übergegangen.
    Nachdem Mom und Dad mit dem Krankenwagen weggefahren waren, holte mich Mrs V. aus dem Auto und setzte mich in meinen Rollstuhl. Sie legte den klatschnassen, schmutzigen Karli auf mein Tablett.
    »Das habe ich unter dem Auto gefunden«, sagte sie mit bebender Stimme.
    Ich berührte ihn und brach in Tränen aus.
    Sie schob mich zu ihrem Haus und sagte: »Wir werden Karli sauber machen und er wird auf Penny warten, wenn sie nach Hause kommt. Hörst du?«
    Ich wusste nicht, ob sie mich oder sich selbst zu überzeugen versuchte. Mir war schwindlig und schlecht. Ich zitterte unaufhörlich.
    Nachdem ich in warmen, trockenen Jogginghosen steckte, schaltete sie das Radio an, stellte es auf einen leichten Unterhaltungssender und drehte die Lautstärke herab. Die einzige Farbe, die ich hörte, war grau.
    Mrs V. stand hinter mir und massierte mir sanft die Schultern.
    »Hast du Hunger?«, fragte sie.
    Verneinend schüttelte ich den Kopf.
    Sie fuhr fort, meinen Rücken und meine Schultern zu massieren, bis wir beide spürten, wie die Anspannung nachließ.
    »Ich gehe nach nebenan und hole deinen Medi-Talker und den Hund«, sagte sie. »Brauchst du sonst noch was?«
    Ich schüttelte den Kopf und hörte weiter den rauchgrauen Tönen zu.
    Als sie zurückkam, schien Toffee nervös. Sie lief hin und her und schnüffelte, als würde sie etwas suchen.
    »Ich glaube, sie sucht nach Penny«, sagte Mrs V. »Hunde haben ein feines Gespür.«
    Sie befestigte Elvira an meinem Rollstuhl und schaltete sie ein. Aber es gab nichts, was wir hätten sagen können. »Du weißt, dass es nicht deine Schuld ist«, sagte sie schließlich.
    Heftig schüttelte ich den Kopf. Mrs V. sollte es besser wissen. Sie sollte nicht einfach irgendetwas sagen, nur weil sie will, dass ich mich besser fühle.
    »Ich meine es ernst, Melody. Es ist
nicht
deine Schuld!«
    »Doch, ist es!«, antwortete ich durch meinen Medi-Talker. Ich drehte die Lautstärke auf.
    Mrs V. stellte sich so, dass ich sie sehen konnte, und beugte sich zu mir herab, bis ihr Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt war. »Du hast getan, was du konntest, um deine Mutter zu warnen. Du solltest stolz auf dich sein.«
    »Nicht stolz. Nicht genug« , tippte ich.
    »Manchmal passieren Dinge, Melody, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Du hast alles richtig gemacht.«
    Da stieg die Schuld in mir hoch.
    »Ich war wütend auf Penny« , tippte ich, langsamer als sonst.
    »Penny weiß, dass du sie liebst«, sagte sie.
    Tränen liefen meine Wangen herab.
    »Hab Mom gezwungen, mich zur Schule zu bringen.«
    »Na und? Dass du darauf bestanden hast, zur Schule zu gehen, selbst nach dem, was gestern passiert ist, zeigt, was für ein starker Mensch, ein besserer Mensch als alle anderen du bist. Deswegen bin ich stolz auf dich.«
    »Bitte nicht.«
    »Ich bin mir sicher, dass Penny wieder in Ordnung kommt«, sagte Mrs V. dann, aber ihre Stimme sagte etwas anderes. Zum ersten Mal seit ich denken kann, klang Mrs V. unsicher.
    »Wird sie sterben?« Ich musste es wissen.
    »Sie war am Leben und hat geatmet, als der Krankenwagen sie abgeholt hat, also gehe ich davon aus, dass das immer noch der Fall ist. Kleinkinder sind sehr zäh, weißt du?«
    Ich musste noch etwas wissen. »Ihr Gehirn? Beschädigt?« , fragte ich. Ich hatte genug Fernsehsendungen über Hirntraumata gesehen, um zu wissen, dass so etwas möglich war. Meine Klassenkameradin Jill hatte einen Autounfall gehabt. Ich könnte es nicht ertragen, Penny so zu sehen.
    Mrs V. antwortete bedacht und ehrlich. »Wahrscheinlich besteht die Möglichkeit, aber ich bete, dass das nicht der Fall ist.«
    »Zwei kaputte Kinder« , tippte ich. Allein bei dem Gedanken musste ich würgen.
    »Das wird nicht passieren, Melody.« Aber ich hatte das Zaudern in Mrs V.s Stimme gehört.
    Ich schwieg
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