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Mit Konfuzius zur Weltmacht

Mit Konfuzius zur Weltmacht

Titel: Mit Konfuzius zur Weltmacht
Autoren: S Aust
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seine Skepsis über die Gelehrten und ihre Bücher Shi und Shu , zwei konfuzianische Klassiker: »Ich habe das Reich zu Pferde gewonnen – was soll ich da mit dem Shi und dem Shu ?« Der Konfuzius-Anhänger Lu Jia antwortete ihm: »Ihr habt das Reich auf dem Pferde gewonnen. Aber könnt Ihr es auch zu Pferde regieren?« Schließlich reiste der erste Han-Kaiser nach Qufu, um das Grab des Konfuzius zu besuchen. Seine Nachfolger erhoben die Lehre des Philosophen – vielmehr das, was ihnen davon passte – zur Staatsideologie. Sie befahlen, dem Konfuzius viermal im Jahr zu opfern, und zwar jeweils ein Rind, ein Schaf und ein Schwein.
    Die Tang-Kaiser (618 – 907) ordneten an, in allen Städten Chinas Konfuzius-Tempel zu errichten, dem Tempel in Qufu nachgebildet, dem Heimatort des Philosophen. Der selbst hatte mit Religion nichts am Hut: »Worüber der Meister nicht sprechen mochte, das waren Zauberei, Kraftstücke, Aufruhr und Geister« , heißt es in den Gesprächen des Konfuzius . Und an anderer Stelle: »Wer nicht den Menschen zu dienen versteht, wie kann der den Geistern dienen?«
    Wichtiger als solche Kulthandlungen aber war ein System, das China für immer prägen sollte, besonders ab der Song-Dynastie (960 – 1279): die Auswahl von Beamten durch Aufnahmeprüfungen. Bei denen mussten die Anwärter zeigen, wie sie mit den vier Hauptwerken des Konfuzianismus vertraut waren, nämlich Das große Lernen , Gespräche des Konfuzius , Mitte und Maß sowie dem Buch des Mengzi (des bedeutendsten Nachfolgers von Konfuzius, der ungefähr von 370 bis 290 vor Christus lebte). Weitere Pflichtlektüre waren die »Fünf Klassiker«, Buch der Wandlungen , Buch der Lieder , Buch der Riten , Buch der Urkunden und Frühlings- und Herbstannalen . Diese Werke bestanden aus insgesamt 431 000 Schriftzeichen, welche die Kandidaten auswendig lernen mussten. In manchen Jahren fielen 98 Prozent von ihnen durch. Doch sie lernten nicht nur stupide auswendig. In einer Prüfung mussten sie etwa folgenden Satz des Konfuzius erörtern: »Sei gewissenhaft in deinem Verhalten und nur im Umgang mit dem Volk nachsichtig.« In Europa gelangte damals nur in Führungspositionen, wer in den Adelsstand geboren war, während in China im Prinzip jeder Minister werden konnte – auch wenn man natürlich einen gewissen Wohlstand brauchte, um die Zeit zu finden, sich auf die Prüfung vorzubereiten.
    »Ohne die Lehre des Konfuzius kann das Reich auch nicht einen Tag bestehen«, heißt es in einer Inschrift aus der Ming-Dynastie (1368 – 1644). Während ihrer Herrschaft wurde in Peking der Kaiserpalast gebaut, eines der Prunkstücke der Weltarchitektur – auch Verbotene Stadt genannt, denn nur der Kaiser und seine Angehörigen durften diese stadtähnliche Palast-anlage betreten, außerdem Minister und Gesandte, Konkubinen und Eunuchen. Ihre Bauweise entspricht der Philosophie der Ordnung, die Konfuzius entwickelt hat. Alle Tore und Zeremonialgebäude stehen auf der Nord-Süd-Achse. Die Haupthallen, etwa die Halle der Kultivierung des Herzens und die Halle der Vollkommenen Harmonie, schauen nach Süden. Zur Verbotenen Stadt gehören acht Paläste, acht Hallen und fünf Torbogen, insgesamt 9999 Räume. Geschwungene Dächer in kräftigem Gelb, der Farbe des Kaisers, erheben sich über Mauern in Rot, der Farbe von Glück und Erfolg. Zeugnisse von Chinas alter Größe.
    Den Ming-Kaisern diente auch der Eunuch Zheng He (1371 – 1433), der es bis zum Admiral brachte. Verglichen mit ihm war Kolumbus ein Hobbysegler. Zheng He befehligte 27 870 Seeleute auf 300 Schiffen, unternahm sieben Expeditionen nach Südostasien, Indien, Afrika und Arabien. Astronomen und Meteorologen begleiteten ihn. Kolumbus hingegen hatte gerade mal 90 Mann, seine drei Nussschalen waren lediglich halb so groß wie Zheng Hes 140 Meter langes neunmastiges Schiff.
    Die Geschichte von Zheng He zeigt aber auch etwas anderes: Wer die Fenster zur Außenwelt schließt, der erstickt. Ein Land, das sich nicht erneuert, geht unter. Denn unmittelbar nach dem Tod des Eunuchen beging China einen historischen Fehler, der den späteren Abstieg der Weltmacht einleitete: Der Kaiser verbot den Bau von hochseefähigen Schiffen, ließ die bisherigen vernichten und die Eigentümer verhaften. Begründung: Das Reich der Mitte brauche keine Verbindungen zur Außenwelt. Die europäischen Nationen entwickelten sich und expandierten − zum Leid der Kolonialvölker. China blieb stehen.

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