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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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I
    Er saß auf einer von Korallenbänken gebildeten Plattform zwei Meter über dem Meeresspiegel und beobachtete seine Angeln. Um ihn herum schimmerte das türkisgrüne Wasser so klar, daß er den ungefähr 15 Meter tieferen sandigen Meeresboden erkennen konnte. Schwärme buntschillernder Fische, die um die Schwimmer seiner Angeln kreisten, tanzten einen Reigen.
    Er hatte es sich bequem gemacht. Er trug nur eine knappe rote Badehose und einen an den Rändern zerzausten, breitkrempigen geflochtenen Strohhut, wie ihn die Eingeborenen in der Karibik als Sonnenschutz verwendeten. Als einzigen Luxus hatte er sich ein flaches Kissen gegönnt, auf dem er saß.
    Er hatte alle Mühe damit, daß die kleinen bunten Fische nicht anbissen; er klatschte ab und zu in die Hände oder warf Steinchen ins Wasser, um sie zu verjagen. Er wartete auf größere Fische, die der Blutgeruch seiner Köder – frisches Fleisch – anlocken würde: pfeilschnelle Barrakudas oder tückisch und mordlustig glotzende Haie.
    Sie würden kommen, das wußte er. Dieses Spiel hatte er schon oft gespielt; es war ganz nach seinem Geschmack, mit einem dieser starken Fische zu kämpfen und dann Sieger zu bleiben.
    Er angelte überhaupt gern, auch wenn er sich wenig aus Fischgerichten machte. Zwar lebte hier fast jeder von Fischen; das Meer und die Fruchtbarkeit der vielen hundert Atolle, die man hier Cays nannte, schenkten den Leuten das tägliche Brot … Aber meistens warf er die Fische, wenn er sie gefangen hatte, ins Meer zurück und rief dabei: »Dämlicher Kerl! Fällt auf solche Tricks herein! Wenn ich dich nun wirklich essen würde, na?!«
    Nur die Haie tötete er. Bog sich eine seiner Angeln so stark durch, als würde sie wie ein Pfeilbogen gespannt, dann wurde sein Gesicht kantig und hart. Und der Kampf, der nun begann, war genauso gnadenlos und der Tod des Hais genauso grausam wie die Absichten des großen Fischs, der angegriffen hatte.
    Etwas seitlich, am flachen sandigen Ufer der Koralleninsel, dümpelte das kleine Beiboot. Es trug in Goldbuchstaben einen Namen: ANNETTE II. Die ANNETTE I, ein schönes weißes Motorboot, ankerte etwa zwei Seemeilen weiter an der Hauptinsel des unbewohnten Glover Reef. Die Luxusyacht ANNETTE I hatte einen Salon und gemütliche Kabinen, eine vollautomatische Küche, zwei Steuerstände, zwei Mannschaftskojen, ein großes, mit orangener Plane überdachtes Deck aus Mahagoniholzplanken, eine Bar und vor allem einen so starken Motor, daß man kein Meer zu scheuen brauchte und die ganze Welt vor einem lag.
    Glover Reef war eine längliche Gruppe aus Koralleninseln, vielleicht 40 Stück, grüne Flecke in der See, winzige Paradiese mit schneeweißen Stränden und vom Wind gebogenen Palmen, mit bis ins Meer wachsenden Mangrovenwäldern und der unbeschreiblichen Schönheit einer Landschaft, die der Mensch noch nicht entdeckt und umfunktioniert hat zu Feriendörfern, Millionärsstränden, Hotelanlagen und Schlupfwinkeln amerikanischer Industrieller und ihrer Sekretärinnen.
    Hier gab es noch ein Stückchen Welt, nicht einkalkuliert in die Prospekte von Touristenbüros und Reisemanagern, aber doch schon ein Geheimtip für die, die einmal – mehr durch Zufall – hier gewesen waren, etwa bei einem Rundflug von Belize aus. Außer ein paar Maya-Ruinen auf dem Festland des ehemaligen Britisch-Honduras, das jetzt Belize heißt, hatte man nur zu bieten: das zweitgrößte Wallriff der Erde, aus Korallen in Jahrmillionen gebildet – Great Barrier Reef of the Caribbean. Nördlicher gab es einige Cays, wo schon Hotels standen, einfache Unterkünfte, die man ›Lodges‹ nannte.
    Etwa auf der Turneffe-Gruppe oder auf den Hicks Cays und San Pedro ankerten schon die Hochseeyachten der Amerikaner, für die es fast ein Sport war, die Karibik von Insel zu Insel abzufahren. Auch ein paar mutige Touristen, die das Gefühl haben wollten, für ein paar Wochen Robinson zu spielen, waren hier gelandet.
    Aber im Süden, am Glover Reef, die Weite des seine Farbe ständig wechselnden Yukatanmeers vor sich, das von Tiefblau bis Hellgrün schillern konnte und in der Abendsonne wie wogendes Gold glänzte … hier war man allein.
    Allein mit seinen Angeln, den Haien und dem Glück, tatsächlich ein freier Mensch zu sein.
    Der einsame Angler wußte, daß sein Schiff gut versorgt war. Sein Steuermann Juan Noales – klein, drahtig, listig wie ein Luchs, mit einem Gespür für Untiefen, das besser reagierte als jedes Echolot, ein Kerl, der die Karibik
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