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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Köder stürzte.
    In diesem Augenblick, als der Mann mit beiden Händen die Angel umfaßte, sagte eine ruhige, aber sehr harte Stimme hinter ihm:
    »Bleiben Sie so sitzen, Mister! Drehen Sie sich nicht um! Genau zwischen Ihre Schulterblätter zielt der Lauf einer Maschinenpistole. Wenn ich den Zeigefinger krumm mache, sind Sie ein Sieb. Was aber soll ich mit einem Sieb? Jetzt nehmen wir brav die Arme hoch und legen die Hände im Nacken zusammen. Die berühmte Haltung … Sie kennen sie doch, Mister?«
    Der Angler saß unbeweglich, beide Hände noch um den Angelstock, und stemmte sich gegen die Korallenbank. Der Hai hatte angebissen, der dreifache Haken hatte sich in seinem Gaumen festgekrallt, die Schnur spannte, die Angel bog sich …
    Der Kampf begann. Hai gegen Mensch. Gier gegen Haß.
    »Mann, ich habe einen Hai an der Angel!« erklärte der Mann. »Und was für ein Exemplar!« Er sprach englisch wie der Unbekannte hinter ihm, jenes merkwürdige Englisch, das man in der ganzen Karibik spricht. Ein Gemisch aus Negerenglisch, indianischen Ausdrücken und mit spanisch-französischer Klangfarbe.
    »Was ich mit Ihnen an der Angel habe, ist mir lieber, Mister! Tun Sie, was ich sage, und Sie leben weiter. Übrigens, was Ihr Schiffchen betrifft, die ›Annette I‹, da können Sie unbesorgt sein. Das haben wir schon besetzt. Ihr Steuermann ist ein kluger Bursche; er hat sich nicht gewehrt, sondern uns Whisky angeboten. Los! Nun nehmen Sie endlich die Arme hoch, Mister!«
    Resignierend ließ der Mann die Angel los. Der große Hai riß sie mit einem Ruck aus der Verankerung der Korallen, schleuderte sie ins Meer und raste mit ihr davon. Seine Spur in dem klaren Wasser war noch lange zu sehen.
    Der Angler stand auf, hob die Arme und kreuzte dann die Hände im Nacken. Zwei schnelle, große und zu des Anglers Verblüffung weiße Hände tasteten ihn ab, nahmen ihm die Pistole aus dem Gürtel und schleuderten das Kurzgewehr mit der Sprengmunition außer Reichweite. Auch die Axt flog weg.
    »Jetzt dürfen Sie mich ansehen, Mister«, sagte der Fremde.
    Der Angler drehte sich um.
    Hinter ihm stand ein Mann von fast zwei Metern, ein Fleischkoloß mit einem Schädel, der über und über mit roten Haaren bedeckt war. Zwischen diesem roten Haarwald waren nur grüne Augen, eine dicke Nase und ein breiter Mund zu erkennen. Der Mann trug eine Art Marineuniform; blaue Hose, ein weißes Hemd und weiße Schuhe. Auf dem Hemd prangten Schulterstücke mit drei goldenen Balken. Es war über der breiten Brust offen bis zum Gürtel, und auch hier quollen rote Haare wie üppiges Buschwerk heraus.
    »O Gott, ein Ire!« sagte der Angler.
    »Was heißt ›O Gott‹? He?«
    »In der Karibik, in den Cays von Belize, ein Ire als Räuber … da darf man wohl noch ›O Gott!‹ sagen. So selbstverständlich ist das nicht.«
    »Ich heiße McDonald, Jim McDonald. Steuermann.«
    »Aha! Mit einer Maschinenpistole.«
    »Das ist mein zweiter Beruf. – Amerikaner?«
    »Wer? Ich?«
    »Wer denn sonst? Der Hai etwa?«
    »Über den Hai reden wir noch, Jim.«
    »Steuermann!« brüllte McDonald. »Ich werde mit Steuermann angeredet! Darauf lege ich Wert.«
    »Also gut, Steuermann!« Der Angler sah, die Hände noch immer hinter dem Nacken verschränkt, über das Meer. Der Hai mit der Angel war weg … Irgendwo würde er jetzt mit dem Holz und der Schnur kämpfen, die Angel zermalmen, die Schnur endlich doch durchbeißen … aber der Haken blieb in ihm. Verrecke, dachte der Angler grimmig. Verrecke, du Biest …
    »Ich hätte den Hai gern rausgeholt und erschlagen«, sagte er und drehte sich wieder zu dem Iren um. »Ich war so mit dem Kerl beschäftigt; da habe ich Sie nicht kommen hören.«
    Er blickte sich um. An der anderen Seite des Atolls schaukelte ein breites, flaches Boot mit Ausleger, wie man es sonst nur in der Südsee benutzt.
    Ein kleines Segel hatte es lautlos an die Koralleninsel gebracht.
    »Das ist meine Spezialität, Mister. Lautlos sind wir da, lautlos sind wir wieder weg! Und wenn man uns sieht, sind wir schneller als alle anderen.«
    »Wir? Sie sind ein Team, Steuermann?«
    »Engländer?«
    »Ich? Nein.«
    »Holländer!«
    »Deutscher.«
    »Habe ich mir doch gedacht, aber ich wollte nicht so dämlich sein, es auszusprechen. Ein Deutscher mit einem solchen Privatschiff in der Karibischen See … Und da wundern Sie sich über einen Iren, Mister? Der Name Annette …«
    »Meine Tochter.«
    »War aber nicht auf dem Kahn.«
    »Sie ist zu Hause geblieben
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