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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das?«
    Tolkins legte sich auf das Bett zurück.
    »Ehe ich mich entscheide«, sagte er zögernd, »was mit Ihnen geschehen wird, wollte ich Sie etwas näher kennenlernen.«
    »Das war ein guter Gedanke! Wir könnten beispielsweise ein Plauderstündchen über Ihre Piratenvorfahren halten. Die Karibik war einmal berühmt und berüchtigt als das am besten organisierte Seeräubergebiet der ganzen Welt. Nur im Gelben Meer, bei den chinesischen Piraten, gab es eine ernsthafte Konkurrenz. Ich nehme an, Sie wollen diese Tradition mit anderen Mitteln fortsetzen? Da Sie Belize als Sitz gewählt haben, scheint Ihr Vorbild der ehrenwerte Sir Walter Raleigh zu sein! Nach seinen Raubzügen suchte er immer Schutz hinter den Cays, dem Great Barrier Reef vor Belize. Ein teuflisches Gebiet für jeden, der das Riff nicht genau kennt! Man schätzt, daß etwa dreihundert Schiffe dort verstreut auf dem Meeresboden liegen, alle Opfer der Riffe und der verrückten Winde. Millionen im Meeressand … Warum lockt Sie so etwas nicht? Warum überfallen Sie Lebende, wenn die Toten genug Reichtümer hinterlassen haben?«
    Tolkins sah Dr. Rainherr stumm an. Seine schönen Lippen, die fast herzförmig waren, wölbten sich spöttisch nach vorn. »Sie reden gern, was?« fragte er dann.
    »Ich dachte, ich sollte Sie unterhalten, Gespenst der Karibik …«
    »Haben Sie keine Angst?«
    »Nein. Was kann ich verlieren? Das Leben? Mein Gott, das Leben ist schön, ist herrlich, ein Abenteuer von Tag zu Tag, auch wenn es die wenigsten merken, man muß das Leben einfach lieben … Aber ich habe auch keine Angst, es zu verlieren. Einmal sind wir alle dran, auch Sie, Tolkins. Sie können allen Verfolgern mit Ihrem schnellen Schiff davonfahren … der letzten Stunde aber nicht! Das tröstet mich immer wieder, wenn ich höre, wie wichtig viele Menschen Dinge nehmen, und am Ende bleibt ihnen doch nur ein am Rücken offenes Totenhemd.«
    »Sie waren der erste, der sich bei unserer Kaperung wehrte.«
    »Sieh an! Und die anderen?«
    »Wenn sie unsere Bewaffnung sahen, hoben sie die Arme. Sie gaben ihre Dollars und Brillanten, und wir verabschiedeten uns wie Geschäftsleute. Es ist erstaunlich, oft einfach verrückt, wieviel Geld diese Amerikaner auf ihre Yachten mitnehmen. Und der Schmuck ihrer Frauen! Total irrsinnig! Ich würde solche Werte nie mitnehmen auf ein Privatboot.«
    »Sie denken ja auch nicht wie eine Frau, Tolkins. Ich kenne Frauen, die halten ihre Bikinis mit Brillantenschnallen zusammen.« Dr. Rainherr blickte auf die Zellstofflagen, die Tolkins' Brust bedeckten. Sie färbten sich rosa.
    »Sie bluten noch immer. Haben Sie denn keinen an Bord, der Wunden fachgerecht behandeln kann?«
    »Nein.«
    »Also doch kein vollkommener Pirat!«
    »Eine gute Bordapotheke haben wir, sie gehört zur Grundausstattung der Yacht. Aber wir haben sie nie gebraucht. Nur höchstens mal ein Pflaster oder ein paar Mullbinden. Es hat sich ja – wie gesagt – nie einer gewehrt!«
    »Wo ist die Apotheke?«
    »Im Nebenraum.«
    »Wenn Ihre Helden mich dranlassen, könnte ich Ihnen vielleicht helfen.«
    »Indem Sie mir die Namen vorlesen, die keiner aussprechen kann? Sie – ein Chemiker?«
    »Was nicht in meinem Paß steht, Mr. Tolkins, ist: Vor meinem Chemiestudium habe ich sechs Semester Medizin studiert. Ein bißchen davon ist hängengeblieben. Auf Cayman Brac behandele ich die Landarbeiter und Fischer, und vor allem die Arbeiter in den Fabriken, die Schildkröten konservieren. Die beiden Ärzte auf Brac sind mir ewig dankbar … Es sind zwei fanatische Schachspieler, die nicht gestört werden wollen. Kann ich jetzt ungehindert an die Apotheke?«
    »Ja.« Tolkins nickte. Er sah sehr elend und blaß aus. »Jim hält Wache am Aufstieg. Wir sind hier unten allein.«
    Bis auf deine unsichtbare Lady, die hier an Bord ist, dachte Andreas Rainherr. Irgendwo in einer der anderen Kajüten sitzt sie und wartet ab, was mit mir geschieht. Eine Lady, die Orchideen liebt und ein herbes Parfüm benutzt. Ein Parfüm mit einem Hauch von Muskatduft. Muskat – das Gewürz der Karibischen See.
    Rainherr verließ das Schlafzimmer, ging in die nächste Kajüte und fand dort eine Art Bibliothek vor. Englischer Stil, Mahagoniholz, Stühle mit Sitzen aus grünem Antikleder. Alles sehr gepflegt, sehr geschmackvoll und – sehr teuer. Ein Luxuspirat, dachte Andreas Rainherr weiter, eine ganz neue Variante innerhalb der Absonderlichkeiten, die man bisher von Korsaren kannte.
    Der Apothekenschrank war
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