Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ausgekocht, bevor er es Ihnen in die Brust warf. Außerdem nehme ich an, daß die Lady noch lange etwas von Ihnen haben möchte …«
    »Welche Lady?« fragte Tolkins tonlos.
    »Spielen Sie nicht mit mir Verstecken! Hier an Bord befindet sich eine Lady.«
    »Nein!«
    »Im Salon stehen Orchideen in einer Kristallvase …«
    »Ich liebe Orchideen.«
    »Und in der Luft ist ein Duft von Parfüm.«
    »Mein Rasierwasser …«
    »Tolkins, ich bin ein alter Frauenkenner. Mit Fünfundvierzig schnuppere ich die Anwesenheit einer Frau mit dem Instinkt eines Tiers!«
    »Tun Sie das?« Sein Kopf sank noch tiefer. Die Schwäche nahm zu. »Dr. Andreas Rainherr, der Frauen sammelt wie andere Menschen Briefmarken. Das ist Ihr ganzer Stolz, was?«
    »Irrtum! Ich lebe auf Cayman Brac zurückgezogen und allein mit meiner Tochter Annette. Darüber müssen wir überhaupt noch reden … über Ihre Fehleinschätzung, die Sie sich beim Kapern meines Bootes geleistet haben. Ich bin nämlich kein Goldfisch. Mein Haus auf Cayman Brac ist ein schönes Haus, zugegeben. Meine Yacht – ein Hobby, das mein ganzes Geld verschlungen hat. Wovon ich lebe? Von Patent-Tantiemen, die man mir überweist. Ich habe einmal auf dem Kunststoffsektor eine Erfindung gemacht, seitdem faulenze ich nur noch. Ein sinnloses Leben, denken viele. Wenn ich Ihnen erzählen würde, wie ich dazu gekommen bin …«
    »Sie werden es mir einmal erzählen, Dr. Rainherr.«
    »Kaum, wenn Sie sich nicht umgehend behandeln lassen.«
    »Was ist denn jetzt bei mir wichtig?«
    »Die Auffüllung des Blutverlustes. Die Infusion.«
    »Gut!« Tolkins streckte seinen linken Arm aus. »Fangen Sie an. Ich habe gute Venen. Sie brauchen nicht lange zu suchen.«
    »Aber das ist doch Blödsinn, Tolkins. In die Vene tropfe ich Blutersatz hinein, und aus der Wunde läuft's wieder raus! Erst muß ich die Wunde versorgen, reinigen, nachsehen, wie tief sie ist. Ich muß erst wissen, ob das Schlüsselbein angekratzt ist, denn soviel ich mich erinnere, stak das Messer knapp unter dem Schlüsselbein. Dann Antibiotika-Infusionen – und das alles gleichzeitig mit dem Tropf, denn aus ihm kommt die Kraft in Ihren Körper zurück. Wenn sich der Stich entzündet, haben Sie noch fröhliche Tage und Nächte vor sich! Also los: Oberkörper frei!«
    Dr. Rainherr steckte die Infusionsnadel an den Schlauch, legte die Schlauchklemme zur Regulierung der Tropfgeschwindigkeit an und zog eine Spritze mit Penicillin auf. Eine Mega-Ampulle.
    Ein Antibiotikastoß.
    Tolkins knirschte mit den Zähnen, die Schmerzen wurden stärker und breiteten sich über den ganzen Körper aus. In seinen Augen, groß, fast schwarz, sah man Panik.
    »Warum mußten Sie sich auch wehren?« fragte er jetzt schwach. »Das Schiff war gekapert, Sie sind nur zwei Mann, wir aber haben Maschinengewehre und eine Kanone. Es war doch völliger Irrsinn von Ihnen!«
    »Ich gebe nie ohne Gegenwehr auf, Tolkins. Wer mir ans Leder will, der muß das Gerben verstehen. Dazu ist mir mein Leder zu wertvoll! Und ziehe ich schon den kürzeren, dann muß ich wenigstens die Freude haben, daß einer mit mir gegangen ist, der auch nicht mehr zurückkommt!«
    »Und das … bin ich …«
    »Vielleicht, wenn Sie noch länger quatschen.«
    »Wissen Sie, was mit Ihnen und Ihrem Steuermann geschieht, wenn ich sterbe?«
    »Natürlich weiß ich das. Deshalb habe ich ja das größte Interesse daran, daß Sie weiterleben. Ich helfe Ihnen nicht nur aus biblischer Samaritersucht! Haifraß, meinte Ihr McDonald. Wenn Sie wüßten, wie ich Haie hasse!«
    »Ich bin auch ein Hai.«
    »Wenn man es poetisch sieht – von mir aus! Wenn es Sie stolz macht, nennen Sie sich ruhig so. In Wirklichkeit sind Sie ein mieser kleiner Räuber, der die Yachten amerikanischer oder sonstiger Millionäre überfällt, sie ausplündert und dann davonrennt in seinem superschnellen Schiff. Aber wir leben nicht mehr im sechzehnten Jahrhundert, wo Piraten zu Helden hochgejubelt und geadelt wurden! Sie adelt keiner, Tolkins. Sie bekommen sicherlich nur fünfzehn Jahre Zuchthaus.«
    Dr. Rainherr betrachtete den hingestreckten Arm, den Ärmel der Uniformjacke hatte Tolkins hochgestreift. Ein verblüffend zarter Arm! Hände wie ein Knabe, aber die Finger waren länger als bei einem Kind. Gepflegte, spitz zugefeilte Nägel …
    »Sie sind eitel, nicht wahr?« fragte Rainherr. »Sie sind ein Narziß … in sich selbst verliebt? Wie viele Menschen haben Sie schon umgebracht?«
    »Keinen«, antwortete Tolkins
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher