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Mit Herrn Lämmlein ist was los

Mit Herrn Lämmlein ist was los

Titel: Mit Herrn Lämmlein ist was los
Autoren: Tilde Michels
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von den Schulkameraden, und warum
er das Geld aus dem Bankhaus Wolf geholt hatte.
    „Sag mal“, fragte er zum Schluß, als
Mondschein noch immer still dasaß, „verstehen Sie, ich meine verstehst du das,
daß einer durch die Wand gehen kann?“
    Mondschein richtete sich auf.
    „Zu verstehen ist das wohl nicht, aber
glauben tu ich’s dir aufs Wort. Ich habe in meinem Leben schon allerlei
Wunderliches gesehen. — Aber wie soll die Sache jetzt weitergehen?“
    „Das weiß ich selbst noch nicht“, sagte
Lämmlein. „Ich komme heute vor den Untersuchungsrichter.“
    „Dann schlage ich vor, daß wir das erst
mal abwarten“, sagte Mondschein. „Du erzählst alles wahrheitsgemäß, und dann
werden wir weitersehen.“
    Das Türschloß rasselte wieder.
    „Guten Morgen, die Herren.“ Der Wärter
erschien mit Brot und zwei Blechnäpfen voll Kaffee.
    „Ist wohl lustiger zu zweit, wie?“
    Dann zog er einen Zettel aus der
Tasche, nahm eine dienstliche Haltung an und verkündete:
    „Lämmlein um 9 Uhr zum
Untersuchungsrichter.“

Herr Lämmlein hat es satt
     
    Um 10 Uhr wurde Lämmlein wieder in
seine Zelle zurückgeführt. „Wie war's?“ fragte Mondschein.
    „Er glaubt mir nicht“, sagte Lämmlein. „In
8 Tagen ist die Gerichtsverhandlung. Da muß ich es vormachen.“
    „Das kommt natürlich nicht in Frage.“
    „Nein, das kommt nicht in Frage. Und
überhaupt, ich habe es satt. Weißt du, Mondschein, am besten wär 5 s,
ich könnte es gar nicht mehr.“
    „Du willst es also los sein?“
    „Ja, ich will nicht mehr durch die Wand
gehen.“
    Mondschein versank in Nachdenken.
Endlich sagte er:
    „Ich habe schon mal einen gekannt, der
das auch konnte. Damals in der Heide. Es war ein Knecht, der ging durch die
Scheunen, und ein Bauer hat gesehen, wie er mit dem Mistkarren geradewegs durch
die Stallwand fuhr. Das ganze Dorf fürchtete sich vor ihm. Da wollte er es los
sein. Es gab noch einen alten Schäfer in der Heide, der sich auf sowas verstand. Mit dem zusammen habe ich einen Trank
gebraut für den Knecht, der hat ihm geholfen. Ich kriege das Rezept schon noch
zusammen. Nur die Zutaten sind schwierig zu beschaffen. Hast du jemand, dem wir
vertrauen können?“
    „Das macht Theo“, sagte Lämmlein.
    „Sehr gut“, brummte Mondschein
zufrieden.
    Dann kramte er einen Bleistiftstummel
und einen Fetzen Papier aus der Tasche und schrieb, indem er vor sich hin
murmelte:
    „Drei rostige Nägel über Nacht in
Wasser legen. Am nächsten Tag 100 g Mohnsamen in der Brühe quellen lassen.
    Einen getrockneten Regenwurm und einen
kleinen Bernstein in einem Mörser zu Pulver zerstoßen.
    Alles zusammen mit einem halben Liter
Ochsenblut mischen und in einem Kupferkessel auf Holzfeuer eine Stunde unter
ständigem Rühren sieden lassen. Den fertigen Trank durch ein Sieb gießen. —
    So, das wär’s!“
    Lämmlein spürte, daß sich sein Magen
zusammenzog.
    „Das soll ich trinken?“ fragte er mit
Abscheu. Aber er setzte sofort hinzu: „Natürlich trinke ich es, wenn’s hilft.“
    „Jetzt müssen wir sofort Theo
benachrichtigen“, erklärte Mondschein.
    „Theo darf mich besuchen, da kann ich’s
ihm ja sagen“, meinte Lämmlein.
    „Du Neuling! Glaubst du etwa, man ließe
dich mit Theo allein? Da sitzt die ganze Zeit über ein Wärter dabei und paßt
genau auf, was ihr redet.“
    „Ja, aber wie soll Theo denn erfahren,
was wir brauchen?“
    „Das wirst du gleich sehen.“
    Mondschein klopfte dreimal kurz, einmal
lang an die Wand, und nach einiger Zeit kam ein Klopfzeichen von nebenan als
Antwort.
    Darauf gab Mondschein weitere
Klopfzeichen, und wieder erhielt er Antwort. Das ging mehrmals hin und her,
schließlich nickte Mondschein und sagte:
    „Tadellos! Ist schon alles geregelt.
Morgen wird der Kamerad von Zelle 319 entlassen. Wir schreiben Theos Adresse
und alles, was wir brauchen, auf einen Zettel — Kassiber nennt man das in unserer
Sprache. Den Kassiber stecken wir morgen früh ganz klein gefaltet unter unserer
Türe durch. Der Kamerad kommt vorbei, bückt sich, als ob er seinen Schuh
schnüren müßte und hebt dabei den Kassiber auf. Dann bringt er ihn zu Theo.“
    Lämmlein war überwältigt.
    „Das habt ihr euch alles jetzt eben
zugetrommelt?“
    „Gut, was?“ sagte Mondschein stolz. „Unser
Nachrichtendienst funktioniert.“
    Und alles andere funktionierte auch.

Pimmel vollbringt eine Tat
     
    Der entlassene Kamerad brachte den
Kassiber zu Theo.
    Theo war sehr beeindruckt von diesem
Besuch. Er
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