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Mit Herrn Lämmlein ist was los

Mit Herrn Lämmlein ist was los

Titel: Mit Herrn Lämmlein ist was los
Autoren: Tilde Michels
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hatte noch nie einen echten Sträfling gesehen, und da der bärtige
Mann obendrein ein Abgesandter seines Vaters war, empfing er ihn mit allen
Ehren.
    Er bot seinem Gast Zigarren an, weil er
das von seinem Vater gesehen hatte, und stellte Rotwein auf den Tisch,
überhaupt zeigte sich Theo seiner Aufgabe ganz gewachsen.
    „Wenn Sie Hilfe brauchen“, sagte er zum
Abschied, „wir stehen zu Ihrer Verfügung.“
    Als der Mann aber gegangen war, kippte
Theo doch ein bißchen aus seiner Fassung. Aufgeregt las er immer wieder den
Zettel durch, dann rannte er zu den Kameraden. Es dauerte eine Weile, bis er
ihnen alles erklären konnte.
    „Das ist ein Leben!“ rief Arthur tief
befriedigt und rieb sich die Hände. „Fast wie bei meinem Onkel im afrikanischen
Busch.“
    „Wir müssen sofort handeln“, sagte
Theo. „In drei Tagen darf ich meinen Vater besuchen. Bis dahin muß das Zeug
fertig sein.“
    „Also: Drei rostige Nägel, die finde
ich bei uns im Werkzeugkasten.“
    „Den Regenwurm übernehme ich freiwillig“,
sagte Specht. „Wenn der einen Tag vor meinem Fenster in der Sonne liegt, ist er
trocken wie eine alte Brotrinde.“
    „ Edi geht auf
den Markt und kauft die Mohnsamen“, bestimmte Theo. „Ochsenblut zu besorgen
erfordert eine gewisse Geschicklichkeit. Ich schlage vor, das macht Arthur.
Aber wo kriegen wir den Bernstein her? Soviel Geld haben wir ja gar nicht.“
    Daran hatten sie nicht gedacht. Die
allgemeine Begeisterung sackte zusammen wie die Asche eines großen
Papierfeuers. Die Buben waren plötzlich sehr niedergeschlagen. Wo sollten sie
bloß den Bernstein herkriegen?
    „Es braucht ja nur ein kleiner zu sein“,
sagte Specht und schaute aufmunternd in die Runde, als ob es doch noch eine
Hoffnung gäbe.
    Da ging mit Pimmel etwas vor. Alle
sahen es. Pimmel wurde abwechselnd blaß und rot, er
schluckte schwer, und es war ihm deutlich auf das Gesicht geschrieben, daß er
mit sich rang.
    Die Kameraden warteten, keiner fragte.
Endlich sagte Pimmel leise:
    „Ich bringe euch den Bernstein.“
    „Pimmel, Du?“
    „Ja, ich bringe euch den Bernstein“,
wiederholte Pimmel, und zögernd fuhr er fort: „Mein Vater hat einen Siegerpokal
mit einem Deckel, und auf dem Deckel oben drauf sitzt ein Bernstein. Den breche
ich heraus.“
    Die Buben waren tief bewegt. Sie waren
nicht gewöhnt, daß Pimmel ein Opfer für die Gemeinschaft brachte, und jetzt
wollte er sogar sein Heiligtum angreifen, um zu helfen.
    „Prima“, sagte Arthur und mußte sich
ein bißchen räuspern, „Du bist einfach prima, Pimmel.“
    Und Pimmel war sehr glücklich. Bisher hatte
er nur etwas gegolten, weil sein Vater ein berühmter Rennfahrer war, jetzt aber
vollbrachte er selbst eine große Tat.
    „An die Arbeit, Leute!“ sagte Theo. „Jeder
kennt seine Aufgabe. Morgen Nachmittag treffen wir uns wieder bei mir.“

Wie in einer Hexenküche
     
    Um vier Uhr waren alle versammelt.
    Arthur schwenkte eine Milchkanne voll
Ochsenblut.
    „War ein schweres Stück Arbeit“, sagte
er. „Bei fünf Metzgern bin ich gewesen. Drei trauten der Sache nicht. Sie
meinten, wir wollten ja doch nur Dummheiten machen. Der vierte sagte ,Blut gebe ich nicht ab, das kommt in die Blutwurst’.
Der fünfte hat einen Vertrag mit dem Institut für Blutforschung und muß alles
abliefern. — Im Schlachthof habe ich es dann endlich gekriegt.“
    Er stellte die Kanne auf den
Küchentisch. Theo holte den Topf mit den eingeweichten rostigen Nägeln. Edi brachte eine Tüte Mohnsamen. Specht zog den
getrockneten, klapperdürren Regenwurm aus der Tasche, und zum Schluß kam
Pimmel. Er hatte den kleinen, runden Bernstein in die hohle Hand gelegt und trug
ihn so feierlich wie einen Reichsapfel.
    Die Freunde nickten ihm anerkennend zu.
    „Meinst du nicht, dein Vater merkt’s ?“
    „Eine Weile wird’s schon gut gehen“,
sagte Pimmel. „Ich habe einen gelben Schusser aus Glas auf den Deckel gelegt.“
    Theo prüfte alles eingehend.
    „Ganze Arbeit, Jungs!“ lobte er. „Jetzt
werden wir zuerst mal die Mohnsamen in die Rostbrühe schütten, und während sie
quellen, müssen wir den Regenwurm und den Bernstein pulverisieren.“
    „Der Regenwurm ist ’ne Kleinigkeit, den
kann man zwischen den Händen zerbröseln, wenn’s sein muß. Aber der Bernstein!“
    „Im Mörser geht der nicht kaputt.“
    „Mahlt ihn doch durch die Kaffeemühle!“
    „Was glaubst du, was da kaputt geht —
der Bernstein oder die Kaffeemühle?“
    „Wir müssen ihn zuerst in
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