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Mit geschlossenen Augen

Mit geschlossenen Augen

Titel: Mit geschlossenen Augen
Autoren: Melissa Panarello
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daran haften gebliebenen Erdbeergeschmack auf einen Schlag weg.
Dann kam die nächste Überraschung: Plötzlich hatte ich den Mund voll mit einer zähen, heißen Flüssigkeit, die etwas säuerlich schmeckte. Wahrscheinlich bin ich bei dieser Entdeckung leicht zusammengezuckt, und das muss ihm irgendwie wehgetan haben, jedenfalls umklammerte er meinen Kopf und drückte ihn noch fester an sich. Ich hörte ihn über mir keuchen und hatte ein paar Mal das Gefühl, seinen heißen Atem ihm Genick zu spüren. Weil ich nicht wusste, was ich mit der Flüssigkeit im Mund anfangen sollte, habe ich sie einfach runtergeschluckt, dabei gab meine Speiseröhre ein Geräusch von sich, für das ich mich schämte. Während ich noch vor ihm auf dem Boden kniete, sah ich, wie seine Hände nach unten glitten; ich lächelte, weil ich dachte, er wolle mich aufrichten, stattdessen hat er aber nur seine Badehose hochgezogen ‒ ich konnte hören, wie der Gummibund auf seine schweißnasse Haut klatschte. Da stand ich alleine auf und sah ihm in die Augen, in der Hoffnung, er würde irgendetwas Nettes oder Liebevolles zu mir sagen.
»Willst du was trinken?«, fragte er mich.
Da ich immer noch den säuerlichen Geschmack dieser Flüssigkeit im Mund hatte, sagte ich: »Ja, ein Glas Wasser, bitte.«
Er ging in die Wohnung rüber und kam nach ein paar Sekunden zurück, während ich noch an der Tür lehnte und mich neugierig umsah; da Daniele inzwischen das Licht angemacht hatte, konnte ich die Seidengardinen und Skulpturen in dem Zimmer betrachten und die eleganten Sofas, auf denen alle möglichen Zeitschriften und Bücher herumlagen. Ein riesiges Aquarium warf bunte Schatten an die Wände. Ich hörte Küchengeräusche und war weder verstört, noch schämte ich mich; eine seltsame Genugtuung war alles, was ich empfand. Die Scham kam erst hinterher, als er mir gleichgültig das Glas Wasser reichte und ich ihn fragte: »Macht man das wirklich so?«
»Klar!«, erwiderte er mit einem spöttischen Grinsen und entblößte dabei seine wunderschönen Zähne. Da hab ich ihn angelächelt und umarmt; und während ich noch seinen Hals beschnupperte, hörte ich, wie er mit einer Hand hinter mir die Türklinke runterdrückte.
»Wir sehen uns morgen wieder«, sagte er und schickte mich mit einem Kuss, den ich zärtlich nennen würde, wieder zu den andern in den Garten runter.
Alessandra hat mich lachend angeschaut, und ich wollte zurücklächeln, aber es ging nicht; und als ich den Kopf senkte, waren Tränen in meinen Augen.
29. Juli 2000
    Tagebuch,
es sind jetzt gut zwei Wochen, dass ich mit Daniele zusammen bin, und ich hänge bereits sehr an ihm, obwohl er mich echt grob behandelt und nicht ein nettes Wort oder Kompliment für mich übrig hat; außer Gleichgültigkeit, Beleidigungen oder provokativem Gelächter kommt nicht viel rüber. Aber das macht mir nichts aus, im Gegenteil, es stachelt mich an. Mit der Leidenschaft, die in mir steckt, werde ich ihn irgendwann dazu kriegen, dass er mir völlig verfällt, das weiß ich, und er wird es auch bald merken. An den monotonen Nachmittagen dieses heißen Sommers mache ich oft nichts anderes, als an ihn zu denken, an seinen Geschmack, die Frische seines Erdbeermunds, seine straffen Muskeln, die zucken wie lebende Fische. Und fast immer berühre ich mich dabei und erlebe wundervolle, intensive Orgasmen voller Phantasien. Ich habe das Gefühl, dass die immense Leidenschaft, die in mir steckt, von innen an meine Haut pocht, sie will raus und sich hemmungslos austoben. Ich bin verrückt danach, Liebe zu machen, auch jetzt sofort, und ich würde es tagelang tun, nicht aufhören, bis diese ganze Leidenschaft endlich raus ist und frei. Dabei weiß ich schon jetzt, dass ich trotzdem nie satt wäre, nach kurzer Zeit würde ich alles, was ich rausgelassen hätte, wieder in mich aufsaugen, um es dann neuerlich zu entfesseln, in einem ewigen, aufregenden Kreislauf.
1. August 2000
    Er hat zu mir gesagt, dass ich es nicht kann, dass ich nicht leidenschaftlich genug bin. Er hat es mir mit seinem üblichen spöttischen Grinsen gesagt, und ich bin heulend und gedemütigt weggerannt. Wir lagen auf einem Liegestuhl in seinem Garten, sein Kopf auf meinem Schoß, ich streichelte seine Haare und betrachtete dabei seine geschlossenen Wimpern, die Wimpern eines Achtzehnjährigen. Ich bin ihm mit einem Finger über die Lippen gefahren und habe mir dabei die Fingerkuppe ein wenig angefeuchtet, da ist er aufgewacht und hat mich fragend
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