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Mit falschem Stolz

Mit falschem Stolz

Titel: Mit falschem Stolz
Autoren: Andrea Schacht
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Lauryn ist ein Mädchen von großem Verstand.«
    »Und Hedwigis eine Tochter aus angesehenem Hause.«
    »Ist ihm das wichtig?«
    »Nein, Frau Alyss. Soweit ich meinen Bruder kenne, sucht er ein Weib, das ihm eine gewisse Zuneigung entgegenbringt. Würde es Euch sehr stören, wenn er seine Bekanntschaft mit der jungen Hedwigis vertiefen wollte?«
    Alyss zauderte einen Augenblick. Hedwigis konnte sehr hochnäsig auftreten und hatte einigen Dünkel, an dem ihre Mutter nicht ganz unschuldig war. Doch die letzten Monate hatte sie sich sehr gebessert. Eigentlich wäre es gar keine so schlechte Idee …
    »Nein, es würde mich nicht stören, aber sollte Euer Bruder wirklich ernsthaft eine Verbindung in Erwägung ziehen, wäre es angebracht, das Gespräch mit ihrem Vater, dem Baumeister Bertolf, zu suchen.«
    »Ich werde ihn darauf hinweisen.«
    Alyss erhob sich und gab den Jungfern einen Wink mit der Hand. Gehorsam erhoben sie sich, dankten artig für die Gastfreundschaft und wurden von den Gebrüdern Brouwer zur Tür geleitet. Auf dem Heimweg fühlte sich Alyss ein wenig wie Lore, die eine Schar schnatternder Gänse vor sich herscheuchte.

3. Kapitel
    M ochte Lore auch der Meinung sein, dass Wasser schädlich für den Leib sei – viele andere teilten diese Ansicht nicht. Pitters Badehaus an der Marspforte erfreute sich einer reichlichen und reinlichen Kundschaft. In der Schwitzkammer lagen frische Reisigbündel bereit, in großen Zubern, gefüllt mit heißem Wasser, konnte man leichte Mahlzeiten und kühlen Wein zu sich nehmen. Allerlei Gespräche heiterer, aber auch ernsthafter Art wurden geführt, denn vor allem Händler und ehrliche Handwerker, Männer wie Frauen, suchten das Badehaus auch auf, um Neuigkeiten auszutauschen und das eine oder andere Geschäft in entspannter Stimmung in die Wege zu leiten. In einem Nebenraum wurden eifrig stoppelige Männerwangen geschabt und, wenn nötig, kleine Operationen ausgeführt. Pitter selbst war ein kundiger Barbier, seine Kunst sehr gefragt. Seit Kurzem beschäf tigte er einen gelehrigen Gehilfen, der es verstand, ge wandt mit den scharfen Messern umzugehen. Lediglich die Tatsache, dass er sein Gesicht ständig unter einer tief in die Stirn gezogenen Gugel verbarg, machte einige Kunden misstrauisch. Dennoch hatte es sich herumgespro chen, dass er weit unblutiger barbierte als viele seiner Kollegen und sich auch mit der Pinzette geschickt der schmucken Bärtchen annahm, die mancher Geck gerne zur Schau stellte. Maulfaul war er allerdings, was aber nicht so unangenehm auffiel, denn die Prozedur des Bartscherens verlangte von dem Klienten eine möglichst unbewegte Miene. Inzwischen war bekannt geworden, dass der Geselle, den Pitter mit dem bedenklichen Namen Malefiz anredete, eine gute Hand hatte, wenn es darum ging, Geschwüre zu öffnen oder Furunkel oder lästige Warzen zu entfernen oder auch dann und wann mal einen Aderlass vorzunehmen.
    Gerade eben aber sollte eine weit delikatere Operation durchgeführt werden. Ein Mann der Wache war zu Pitter gekommen und hatte über eine Pfeilspitze geklagt, die in seinen Oberschenkel eingewachsen war. Die Verletzung lag schon einige Monate zurück, ein unkundiger Feldscher hatte den Pfeil herausgezogen, dabei aber den Schaft abgebrochen und lediglich die Wunde verbunden. Sie war zwar mit einem dicken Narbengewebe verheilt, doch hatte der Mann weiterhin große Schmerzen im Bein, die ein ständiges Hinken zur Folge hatten.
    »Es wird Euch Schmerzen bereiten, Willem«, meinte Pitter, der das entblößte Bein betrachtete. »Wir müssen die alte Wunde aufschneiden.«
    »Einen kurzen Schmerz gegen die ständigen zu tauschen soll mir recht sein.«
    »Nun dann. Wir werden Euch festbinden müssen.«
    »Warum das? Ich werde Euch schon nicht vom Lager springen.«
    »Nicht willentlich, aber wenn Ihr zuckt, kann es sein, dass das Messer größeren Schaden anrichtet, als es soll.«
    Nach kurzem Nachdenken nickte der Wachmann und ließ sich mit breiten Lederriemen den Oberkörper und die Beine an den Stuhl binden. Er akzeptierte nach einigem Zureden auch die Augenbinde, damit er die Vorbereitungen zur Operation nicht mitbekam.
    »Die frisch geschliffenen Messer, Malefiz!«
    Der Gehilfe suchte bereits aus einem Kasten nach den Klingen und wollte sie dem Bader reichen. Eine Handbewegung jedoch deutete ihm an, dass er den Eingriff vornehmen sollte.
    Marian, in Pitters Badehaus Malefiz genannt, atmete tief ein. Es gehörte zu seiner selbstgewählten
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