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Mit dem Blick aufs weite Meer

Mit dem Blick aufs weite Meer

Titel: Mit dem Blick aufs weite Meer
Autoren: Vanessa Grant
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Donnerstagmorgen packte sie die Pakete für Bellingham und gab sie dem Boten von UPS mit. Nachdem der grüne Lastwagen abgefahren war, merkte sie, dass sie vergessen hatte, die Rechnung mitzuschicken. Sie schrieb sie rasch, steckte sie in ein Kuvert und warf es wenig später in den Briefkasten.
    Sally fuhr mit ihrem Lieferwagen vorbei und kurbelte die Scheibe herunter. Auf dem Sitz neben ihr lag Wendy in der Babyliege. Scott war inzwischen stolzer Schüler der Grundschule geworden. In der vergangenen Woche hatte er Angela verkündet, er wolle später Lehrer werden.
    “Angie!” rief Sally, und Angela ging zum Auto hinüber. Es war das erste Mal seit dem Wochenende, dass jemand sie anlachte.
    “Hallo.” Sie kannte Sally schon so lange, doch jetzt war Angela verlegen. “Fährst du einkaufen?” wollte sie wissen.
    “Ja, zum Supermarkt. Und ein neues Kleid werde ich mir für die Tanzveranstaltung nächste Woche leisten. Willst du morgen zum Essen zu uns kommen?”
    Angela nickte. Das Leben ging weiter, und es wurde Zeit, dass sie ihre alten Gewohnheiten wieder aufnahm. “Braucht ihr einen Babysitter?”
    “Nein, wir wollen dich sehen. Zieh dir was Hübsches an. Wir haben unseren neuen Nachbarn eingeladen.”
    Angela fühlte einen Stich in der Herzgegend. “Sally…”
    “Angie, du musst dir endlich einen Ruck geben und dir einen anderen suchen. Jemand, der zu dir passt.”
    Der zu mir passt? Sie schloss die Augen und sah Kent vor sich. “Sally, ich kann einfach nicht kommen.”
    Sally blickte sie vorwurfsvoll an und strich sich das blonde Haar zurück. “Du hast ihn doch nur ein paar Wochen gekannt?”
    “Das ist nicht ausschlaggebend.” Angela umklammerte den Griff der Autotür so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. “Er ist mir so unter die Haut gegangen, dass mir schon heiß wird, wenn ich nur seinen Namen höre.” Die Tränen schössen ihr in die Augen. Sie blinzelte ein paarmal, ehe sie traurig hinzufügte: “Das wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern.
    Also plan bitte in nächster Zeit keine Essen mit diesem neuen Nachbarn.”
    Wahrscheinlich hatten Sally und ihr Mann schon ein volles Programm für sie ausgearbeitet.
    Schritt Nummer eins war die Begegnung mit dem Nachbarn bei einem gemeinsamen Grillabend. Der Himmel wusste, wie Schritt Nummer zwei aussehen würde. Angela war klar, dass Sally und Barney das taten, weil sie sie liebten und ihr über ihren Kummer hinweghelfen wollten.
    Charlotte allerdings war überzeugt, dass die Schuld bei Angela selbst lag. Charlotte hatte meistens Schwierigkeiten, die Dinge richtig zu sehen.
    Kent ließ sich am Wochenende nic ht blicken, aber Angela hatte auch nicht damit gerechnet.
    Irgendwann würde er zwar kommen, um Charlotte zu besuchen, denn zwischen den beiden war ein freundschaftliches Verhältnis entstanden. Angela hatte sich entschlossen, bald auszuziehen. Sie wollte irgendwohin ziehen, wo sie nicht Gefahr lief, Kent häufig zu begegnen.
    Am Montag kam ein Brief von Angelas Vater aus England an. Er schrieb in seiner nüchternen knappen Art und hatte ein unbegrenzt gültiges Flugticket von Seattle nach London in das Kuvert gesteckt. “Dein Besuch bei uns ist längst fällig”, schrieb er.
    Diese Ausdrucksweise war typisch für ihren Vater. Er konnte nicht sagen, dass er sie gern wiedersehen wollte. Sie waren sich nie sehr nahe gestanden. Angela hatte immer das Gefühl gehabt, sie hätten lieber ein arideres Kind gehabt als sie gehabt. Vielleicht lag es auch daran, dass sie ihnen ihre Reaktion auf ihre Nachricht, sie wäre mit Ben verheiratet, immer noch nicht verziehen hatte. Drei Tage nach der Hochzeit hätte sie von einer Telefonzelle in Kalifornien zu Hause angerufen. Ben hatte im Lastwagen ungeduldig auf ihre Rückkehr gewartet.
    Ihr Vater hatte ihr befohlen, auf der Stelle zurückzukommen, und ihr angeboten, sich um die Scheidung zu kümmern: Die Botschaft war unmissverständlich: Entweder Ben oder ihre Familie, Sie hatte ihren Mann gewählt, und ihre Eltern hatten sie trotzdem nicht verstoßen.
    Aber das Verhältnis zu ihnen hatte sich stark abgekühlt. Nun hielt Angela den Brief ihres Vaters in den Händen und überlegte, ob es ratsam sei, das Flugticket zu benutzen.
    Die Ironie des Schicksals war, dass Kent genau der richtige Schwiegersohn für ihre Eltern wäre. Falls sie doch fliegen würde, dann hauptsächlich deshalb, um nicht immer Kents Namen von Charlotte hören zu müssen” Angela war sich über ihre Gefühle für ihre
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