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Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent
Autoren: P. C. Cast
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PROLOG
    Sie war nicht tot.
    Sie war auch nicht lebendig.
    Tatsächlich könnte sie ungezählte Jahre einfach in den Weiten des Bewusstseins verweilt haben. Nicht sterbend – nicht lebend. Einfach nur da. Wären nicht das Leben gewesen, das sich in ihrem Bauch rührte, und die Wut, die in ihrer Brust tobte. Bevor sie sich daran erinnerte, wer sie war, erinnerte sie sich daran, dass sie verraten worden war.
    Ja, Wut ist gut …
    Die Stimme in ihrem Kopf war nicht ihre, aber sie fühlte sich vertraut an. Sie griff danach in dem Versuch, sich selbst wiederzufinden. Wer war sie? Wo war sie? Wie hatte ihr das passieren können?
    Sie öffnete die Augen. Schwärze umgab sie. Schwärze und Schwere, als wäre sie in einem warmen Wasserbecken untergetaucht. Einen Moment lang drohte Panik sie zu überwältigen. Wenn sie unter Wasser war, wie konnte sie dann atmen? Sie musste tot sein. Tot und eine Ewigkeit begraben für Verbrechen, die nicht begangen zu haben sie sich erinnerte.
    Das Kind in ihr bewegte sich wieder.
    Der Tod gebar kein Leben.
    Sie befahl der Panik zu weichen – und die gehorchte. Panik war niemals hilfreich. Nüchternes, logisches Denken. Genaue Planung und präzise Ausführung. Das war der Weg zum Sieg. Auf diese Weise hatte sie immer gesiegt.
    Bis jetzt.
    Sie war hintergangen worden. Von wem? Ihre Wut wurde stärker, und sie gab ihr neue Nahrung, indem sie ihren ganzen Frust und ihre Angst bündelte.
    Ja … erlaube der Wut, dich zu reinigen …
    Ihre Selbstwahrnehmung wurde stärker. Ihr Gehirn war nicht mehr ganz so benebelt. Ihr Körper kribbelte. Ihre Wut nahm zu, bis sie die Wärme des Zorns überall um sich herum spürte. Das gab ihr neue Energie.
    Ich bin verraten worden … ich bin verraten worden … ich bin verraten worden …
    Die Worte kreisten in ihr und lockten Erinnerungen durch diedunklen Barrieren, hinter denen sie verborgen gewesen waren.
    Ein Schloss am Meer.
    Träume, die flüchtige Einblicke in die Wirklichkeit waren.
    Ein marmorner Tempel, außergewöhnlich schön und widerstandsfähig.
    Der Ruf einer Göttin.
    Das war es! Sie war göttlich! Sie war die Auserwählte einer Großen Göttin!
    Rhiannon …
    Der Name stürzte in ihre Gedanken, und mit diesem Wissen brachen die Dämme, die ihre Erinnerungen blockiert hatten, und die Vergangenheit erschütterte sie.
    Sie war von ihrer Göttin verraten worden!
    Rhiannon erinnerte sich jetzt an alles. Die eigensinnigen Entscheidungen, die sie ihr Leben lang getroffen hatte und deretwegen die Große Göttin Epona ständig mit ihr gehadert hatte. Die Verge waltigung, zu der ihr Aufstiegsritual geworden war. Die Tatsache, dass sie Epona niemals hatte zufriedenstellen können. Die Erkenntnis, dass niemand in Partholon sie wirklich liebte – man verehrte sie nur als Vertreterin der Göttin. Die Visionen, die der Magische Schlaf ihr zeigte, in denen sie gesehen hatte, wie die Fomorianer die Wachtburg infiltrierten und die Zerstörung Partholons planten. Das Wispern der Dunkelheit, das ihr gesagt hatte, es gebe noch einen anderen Weg … eine andere Welt … eine andere Wahl. Die Bilder dieser anderen Welt, die ihr durch die Macht der dunklen Stimme gezeigt worden waren. Und die Entscheidung, ihren Platz mit Shannon Parker zu tauschen, einer einfachen Frau aus dieser Welt, einer Frau, deren äußeres Erscheinungsbild ihrem so ähnlich war, dass sie im selben Leib hätten herangewachsen sein können.
    Rhiannons Körper zitterte, als sie sich an den Rest erinnerte. An Clint, den Schamanen, den sie in dieser Welt gefunden hatte, das Ebenbild von Partholons Hohem Schamanen ClanFintan. Und daran, dass Clint ihr seine Hilfe verweigert hatte, als sie die Kräfte dieser seltsamen Welt hatte nutzen wollen, in der die Technologie herrschte und Magie eine nahezu ungenutzte Quelle war. Deshalb war sie gezwungen gewesen, die Mächte der Dunkelheit einzusetzen und einen Diener herbeizurufen.
    Dabei war irgendetwas fürchterlich schiefgegangen. Clint hatteShannon aus Partholon zurückgeholt. Die beiden hatten sich zusammengetan und sie mit vereinten Kräften bezwungen.
    Die Bäume hatten Shannon, nicht sie, als Eponas Auserwählte, die Geliebte der Göttin, bezeichnet.
    Epona sprach ihren Namen nicht mehr aus. Die Göttin erkannte sie nicht mehr als ihre Auserwählte an. Als Rhiannon das begriffen hatte, war etwas in ihr zerbrochen. Ihr wurde schlecht bei der Erinnerung daran, wie verloren und verängstigt sie gewesen war. Aber diese Wunde schmerzte jetzt nicht mehr
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