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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume
Autoren: Bärbel Böcker
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der
Ort für Touristen wieder attraktiv werden konnte, vor allem für die Jugend und junge
Familien. »An die Gewerbesteuereinnahmen des letzten Jahres reichen wir sicher nicht
heran«, sagte er und fragte: »Kaffee?«
    »Gern.«
    Mit sicherer
Bewegung schraubte er den Verschluss seiner Thermoskanne auf und goss ein. »Zucker
oder Milch?«
    »Nein, danke.«
Bea schüttelte den Kopf. Seit dem Bratwurstabend in Köln achtete sie wieder konsequent
auf die Kalorien, die sie täglich zu sich nahm. »Was Sie brauchen, ist ein ordentliches
Marketingkonzept«, lächelte sie und fügte hinzu: »Mit einer Strategie.«
    Der Bürgermeister
legte den Kopf schief, und Bea konnte es hinter seiner Stirn förmlich rattern hören.
    »Wir haben
bereits eine Organisation, die sich um das Marketing kümmert«, erwiderte er.
    »Speziell
für Altenahr?«
    »Nein, für
die ganze Region.«
    »Na, also.«
    »Na, also was?«
    »Das reicht
nicht. Sie brauchen ein Konzept, das auf die neuen Anforderungen im Ort abgestimmt
ist.«
    Hubertus
Hohenstein erwiderte nichts.
    »Und Sie
brauchen jemanden, der das für Sie macht. Ich bin dafür qualifiziert.«
    Der Bürgermeister
fixierte sie. Ihr Selbstbewusstsein war bemerkenswert, fand er, entschloss sich
aber zu einer Antwort: »Da mögen Sie recht haben, ich habe schon viel von Ihnen
gehört.«
    Bea lächelte
und beugte sich ein wenig vor. »Hoffentlich nur Gutes.«
    Jetzt lächelte
auch der Bürgermeister, aber es war ein Lächeln, das vage blieb. In seinem Kopf
wirbelten die Gedanken durcheinander, als seien sie Blätter, die bei einem Sturm
durch die Luft flogen, und plötzlich dachte er, dass es vielleicht einen Versuch
wert war. Vielleicht hatte ihm diese Frau der Himmel geschickt. Wenn sie Altenahr
touristisch wieder nach vorne brachte, lag darin die Lösung all seiner Probleme.
Na ja, fast all seiner Probleme, korrigierte er sich.
    »Die Hälfte
des Konzepts steht bereits. Analyse der Ausgangssituation, Zielgruppendefinition,
Auswahl geeigneter Marketinginstrumente und Medienpartner.« Beim letzten Wort dachte
Bea an Johannes und seine Pressekontakte, und auf einmal wusste sie, dass sie auf
der Zielgeraden war. »Für 5.000 Euro bekommen Sie das ganze Paket«, lockte sie.

62
     
    Die Welt stand Kopf. Alles hatte
sich ins Gegenteil verkehrt, nichts war mehr wie zuvor. Die Freundinnen fühlten
den verhallenden Schrei des Jubels um sich herum, und es kam Bea so vor, als würde
die Luft noch immer zittern und ihre Haut zum Schwingen bringen. Eine Vibration,
wie sie nur von kollektiver Emotion ausgelöst werden kann, und nur in Kombination
mit hohen Tönen, dachte sie. Das Gefühl rief den Moment in ihr wach, als Caro vor
Jahren aus dem Koma erwacht war. Sie hatte einen Verkehrsunfall gehabt, und als
sie die Augen aufschlug, hatten Bea, Lilly und Caros Mutter im Krankenhaus an ihrem
Bett gesessen und vor Freude so laute und hohe Töne von sich gegeben, dass irgendein
Alarmsignal losgegangen war. Unwillkürlich sah sie sich prüfend um, obwohl sie wusste,
dass sich außer den Küchengeräten keine technischen Geräte in ihrer Nähe befanden.
    »Wer sagt
es ihnen?«, fragte Caro und vollführte in ihren Sneakern auf dem Küchenboden einen
kurzen Hüpfer, ein Trockentuch in der Hand. Ihre Wangen glühten.
    »Natürlich
Bea«, antwortete Bruni, und Ulrike fragte: »Steht Sekt kalt?«
    »Moment,
ich schaue nach.« Bea öffnete die Kühlschranktür und entnahm dem Schrank zwei Flaschen
Champagner.
    »Wollen
wir hoffen, dass sie nicht auf Reiswein bestehen«, grinste Caro und sagte: »Dann
nichts wie hin.«
     
    Bei den Wangs war es ruhig, nur
Wang San befand sich im Gastraum ihres Restaurants. Er saß allein an einem Tisch
am Fenster, den Kopf in beide Hände gestützt, vertieft in ein Buch.
    »Du kannst
aufhören, Trübsal zu blasen«, rief Bruni beim Hereinkommen mit glänzenden Augen
und Caro und Bea schwenkten freudig mit hoch erhobenen Armen die Flaschen: »Es gibt
einen Grund zu feiern«, frohlockte Caro. Mr. Fred und Sappho, die sie begleitet
hatten, sprangen aufgeregt zwischen ihren Beinen hin und her.
    »Ja?« Hoffnungsvoll,
aber ihrer Aussage misstrauend, sah er auf. »Was gibt’s?«
    »Ihr werdet
euch wundern. Mach schnell, trommele die Familie zusammen«, grinste Caro verschmitzt
und fragte: »Ist Wang Ai auch da?«
    Wang San
nickte.
    »Nun mach
schon«, trieb Bruni ihn an. »Hol sie alle her.«
    Er erhob
sich und verschwand. Nach wenigen Minuten kam er zurück, Vater und Mutter
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