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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume
Autoren: Bärbel Böcker
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Händen ihrer Mutter. Das Verhältnis
zu ihr hatte sich im Laufe der letzten Wochen verbessert. Sie fand, ihre Mutter
war viel entspannter geworden, und seit sie sich nicht mehr mit jungen Männern vergnügte,
musste Lilly sich auch nicht mehr so für sie schämen. Ihre Mutter schien sich zu
ihrer Erleichterung endlich so zu benehmen, wie es sich für eine 50-Jährige gehörte.
Lilly gestand sich aber ein, dass das Landleben auch auf sie selbst eine ausgleichende
Wirkung hatte. Es war, als würde der hohe Sauerstoffgehalt der Luft hier eine chemische
Zusammensetzung aufweisen, die die Menschen auf eigentümliche Art besänftigte. Nach
einer geraumen Weile sagte sie, und es war als Kompliment gemeint: »Mama, wenn du
eins kannst, dann das.«
    Caro gab
ihr einen Klaps. »Ich dachte eigentlich, ich kann noch ein bisschen mehr, so, das
reicht jetzt aber.« Sie zog die Gartenschuhe über und widmete sich wieder dem Unkraut.
    »Schade«,
sagte Lilly und reckte sich. »Wenn es euch recht ist, höre ich jetzt mit der Gartenarbeit
auf.«
    »Du hast
doch gerade erst angefangen«, lachte Bea.
    »Ja, aber
ich kann das Zeug sowieso nicht von den Blumen unterscheiden«, erwiderte Lilly.
»Ehe ihr euch verseht, sind nicht nur die Disteln raus, sondern auch die Indianernessel,
der Rittersporn, guckt mal, ist das nicht auch Unkraut?« Lilly hielt ein Büschel
Katzenminze in die Luft.
    »Nein! Fallen
lassen, aber schnell«, schimpfte Caro drohend, doch Lilly blieb unschlüssig mit
dem blühenden Kraut in der Hand stehen. »Wisst ihr, eigentlich würde ich gern etwas
mit euch besprechen.«
    »Was denn?«,
fragte Caro ungeduldig.
    »Was haltet
ihr davon, wenn ich mit dem Fußballspielen anfange?«
    »Du?«
    »Ja, ich.«
    »Warum nicht.«
Caro nahm ihr die Katzenminze aus der Hand und pflanzte sie wieder ein. »Die Idee
ist nicht schlecht, aber ich fürchte, du musst erst einmal etwas für deine Kondition
tun. Du hast ja ewig keinen Sport mehr getrieben.« Sie fragte sich, was ihre Tochter
zu diesem Entschluss bewogen haben mochte. Wenn sie ihr gesagt hätte, dass sie joggen
gehen wollte, aber ausgerechnet Fußballspielen?
    Lilly versetzte
es einen kleinen Stich. Warum traute ihr ihre Mutter so wenig zu? Es war immer schon
so gewesen. Lilly biss sich auf die Lippe. Sie ahnte, dass ihre Mutter sie für diesen
Sport zu dick hielt.
    »Sprich
doch einmal mit Wang Ai«, sagte Bea, die die Missstimmung spürte. »Vielleicht nimmt
sie dich unter ihre Fittiche und übt ein bisschen mit dir. Die Regeln kennst du
doch bestimmt, oder?«
    Lilly zuckte
die Schultern. »Einigermaßen, aber Wang Ai hat sicher keine Zeit für mich. Sie ist
doch jetzt schon überbeschäftigt, und wenn das neue Semester beginnt, hat sie vermutlich
gar keine Zeit mehr.«
    Auf einmal
hörten sie hinter sich eine Stimme, die vorsichtig sagte: »Das macht nichts, das
Fußballspielen könnte ich dir auch beibringen.« Erstaunt schauten sie sich um, und
vor ihnen stand Ben Stur. Er lächelte verlegen, die Hände in den Taschen seiner
Jeans vergraben. »Das Erste, womit wir beginnen würden, wäre Ausdauertraining«,
sagte er.
    Caro wusste
sofort, dass sein Kommen kein Zufall war. Bereits an dem Tag, als der Kölner Kegelverein
bei ihnen im ›Ahrstübchen‹ eingefallen war und er zusammen mit Lilly hinter der
Theke gestanden hatte, war ihr aufgefallen, dass die beiden sich erstaunlich gut
verstanden. Seither kam er regelmäßig bei ihnen vorbei.
    »Du willst
mir Privatunterricht geben?«, fragte Lilly. Sie konnte sich nur schwer vorstellen,
dass er das wirklich tun wollte. »Im Ernst?«, fragte sie.
    »Warum nicht?
Im Augenblick habe ich doch Ferien.«
    Er war rot
geworden, und Caro und Bea tauschten einen verstohlenen Blick.
    »Gern.«
Lilly war gespalten. Einerseits freute sie sich über sein Angebot, andererseits
dachte sie sofort daran, dass sie sich vor ihm blamieren würde, untrainiert, wie
sie war, und ehe sie sich versah, schoss auch ihr die Röte ins Gesicht.
    Caro, die
die beiden aufmerksam beobachtet hatte, musste an das Gespräch im ›Kahlshof‹ denken,
als Lilly ihr ihre Vorliebe für junge Männer vorgeworfen hatte. Ein Lächeln glitt
über ihr Gesicht, und sie nahm sich fest vor, ihrer Tochter die Frage zu stellen:
»Meinst du nicht, dass er ein bisschen zu jung für dich ist?«

64
     
    Die nächsten Wochen verliefen ohne
größere Aufregung. Das ›Ahrstübchen‹ verzeichnete zu aller Zufriedenheit einen stetigen
Umsatzgewinn, und die Freundinnen waren
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