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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume
Autoren: Bärbel Böcker
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freien Tag, und obwohl sie versucht gewesen war, ihn lesend und schlafend
auf dem Bett zu verbringen, hatte sie sich einen Ruck gegeben. Johannes wollte in
den Wald hinter Burgsahr gehen, und sie hatte auf einmal Lust verspürt, ihn zu begleiten.
Die ungewohnte körperliche Arbeit würde ihr gut tun. Die Bäume waren bereits gefällt,
und jetzt sollten die Stämme zerlegt werden. Eigentlich eine Männerarbeit, aber
Johannes hatte nicht mit der Wimper gezuckt, als sie ihm den Vorschlag machte, ihm
zur Hand zu gehen.
    Sie schufteten
den ganzen Tag. Zwischendurch machten sie eine kurze Pause, jedoch nur, um die Brote
zu essen, die Bea mitgebracht hatte, und sich mit viel Mineralwasser und einigen
Bechern Kaffee aus der Thermoskanne zu stärken. Johannes war den ganzen Tag über
wortkarg, schier unermüdlich bei der Arbeit, doch die Zielstrebigkeit und Ausdauer
seines Wesens waren ihr inzwischen schon nicht mehr fremd. Als endlich das letzte
Stück Holz gespalten und geschichtet war, fühlten sie sich erschöpft, aber glücklich.
Die Arbeit war vollbracht, und sie hatten sie gemeinsam geschafft.
    »Was hältst
du davon, wenn ich die Szene von heute in meinem Roman verwende? Darf ich?«, fragte
Johannes, als sie matt nebeneinander am Holzstapel lehnten.
    »In deinem Männerroman ?«
    »Genau.
Als Beispiel dafür, dass Frauen alles andere als zimperlich sind.«
    »Nur zu«,
sagte Bea. »Wenn du willst, kann ich dir auch noch ganz andere Beispiele geben.«
    »Welche
denn?«
    »Vielleicht
findest du es ja bald selbst raus«, lachte sie und fragte: »Wie weit bist du denn
mit dem Buch?«
    »Ungefähr
die Hälfte habe ich, allerdings bin ich nicht so weit, wie ich eigentlich sein wollte.
Ich war in letzter Zeit zu abgelenkt.« Er zog sie zu sich heran.
    »Und woran
hat’s gelegen?«.
    »Vor allem
an den Chinesen, ein bisschen aber auch an dir«, erwiderte er und gab ihr einen
Kuss.
    Nachdem
Bea sich aus seinen Armen gelöst hatte, wollte sie wissen: »Wann musst du das Manuskript
abgeben?«
    »Im Frühling,
es bleibt noch genug Zeit. Im Winter schreibt es sich sowieso am besten, außerdem
ist da im Wald außer Rehe zu füttern nicht viel zu tun.«
    »Der einsame
Poet sitzt also, wenn der Schnee fällt, am Kamin und schreibt?«
    Johannes’
Zähne blitzten. »So ungefähr. Und er freut sich, wenn ihn hin und wieder eine charmante
Frau aus seiner Kemenate holt und in die Großstadt entführt.«
    »Nichts
leichter als das.« Bea überlegte gerade, ob er sie auch in die Philharmonie begleiten
würde, als er sagte: »Früher habe ich vor allem ans Geldverdienen gedacht, heute
will ich meine Zeit nur noch mit den Dingen verbringen, die mir gut tun.« Wieder
zog er sie zu sich heran, und wieder küsste er sie. Er schmeckte ein bisschen salzig,
aber Bea störte es nicht.
    » Du tust mir gut«, sagte er.
    Sie blinzelte,
ihre Knie wurden weich.
    »Ich glaube,
wir sollten noch viel mehr Zeit miteinander verbringen«, lachte er.
    »Ich habe
nichts dagegen. Lass uns einfach schauen, wie sich alles entwickelt.« Bea überlegte,
ob dies der Moment war, um auszusprechen, was sie schon seit einiger Zeit in Erwägung
zog. Aber sollte sie sich wirklich so weit vorwagen? Ein wenig schreckte sie noch
davor zurück. Johannes war frei, das glaubte sie ihm. Die letzte Beziehung zu einer
Frau hatte er vor einem Jahr beendet, und sein einziger, unehelicher Sohn lebte
in München. Aufgewachsen war er bei seiner Mutter, und angeblich verstand Johannes
sich mit beiden gut. Zu gut? Sie feierten Weihnachten zusammen und Ostern, und hin
und wieder fuhren sie auch gemeinsam in die Berge, um Ski zu laufen. Bea fragte
sich, wie das kommende Weihnachtsfest wohl aussehen mochte. Würde sie im ›Ahrstübchen‹
arbeiten müssen? Und würde Johanna zu ihr nach Altenahr kommen? Plötzlich überfiel
sie eine tiefe Sehnsucht nach ihrer Tochter, und sie nahm sich vor, an ihrem nächsten
freien Tag wieder nach Köln zu fahren.
    Im Gegensatz
zu Caro hatte sie ihre Tochter immer vor ihren Männerfreundschaften verschont, auch
wenn es nicht allzu viele gewesen waren. Nur einmal hatte sie jemanden mit nach
Hause gebracht. Sie hatte Johanna immer das Gefühl vermitteln wollen, die Nummer
eins in ihrem Leben zu sein. Und nun?
    Bea sah
Johannes an, und zu ihrer eigenen Überraschung hörte sie sich fragen: »Was hältst
du davon, wenn ich dir bald einmal meine Tochter vorstelle?« Schon im selben Moment
wusste sie: Dies war der richtige Gedanke.

66
     
    Vier Wochen später
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