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Mit 12 fühlt man ganz anders

Mit 12 fühlt man ganz anders

Titel: Mit 12 fühlt man ganz anders
Autoren: Tina Caspari
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Also spielte Jörg Katja den Ball zu. Katja fing ihn geschickt ab und spielte ihn Oliver zu. Oliver war so verblüfft, daß er ihn direkt zu Katja zurückschoß.
    Gerade in diesem Augenblick erschienen die Köpfe von Frau Haubenstock und Tante Otti hinter der Gardine.
    Katja holte aus und trat den Ball mit aller Kraft. Der Ball schoß wie eine Rakete knapp über Olivers Kopf hinweg in Frau Haubenstocks Wohnzimmerfenster. Es klirrte ohrenbetäubend. Einsame Spitze! war Katjas erster Gedanke. Ein Gefühl herrlicher, heiterer Ruhe durchströmte sie, am liebsten hätte sie laut gelacht. Sie hatte sich lange nicht mehr so gut gefühlt!
    Die drei Jungen standen mit offenen Mündern wie zu Salzsäulen erstarrt. Über ihnen wurde das Fenster aufgerissen.
    „Ganz ruhig bleiben“, sagte Katja, „macht euch keine Sorgen. Das ist ganz allein meine Sache.“

Ein Märchenprinz verliert seine Krone

    Mit vielen Entschuldigungen und dem Versprechen, den Schaden so schnell wie möglich wiedergutzumachen, hatte Katja Frau Haubenstock besänftigt. Tante Otti hatte bis zu ihrer Abfahrt kein Wort mehr mit Katja gesprochen. Die war ihr allerdings auch weitgehend aus dem Wege gegangen.
    Zwar hatte Katja beteuert, sie würde die zerbrochene Fensterscheibe von ihrem Sparkonto bezahlen, aber da Papi gegen solche Mißgeschicke versichert war, erübrigte sich das.
    Drei Tage waren seit Tante Ottis Abschied vergangen, und Katja hatte den Ärger über die Mäkelei der Tante schnell vergessen. In der Schule hatte ihr neuer Haarschnitt Aufsehen erregt. Ein halbes Dutzend Mädchen hatte sich bereits bei Katja erkundigt, bei welchem Friseur man sich so eine tolle Frisur machen lassen könne, und Katjas Selbstbewußtsein, um das es in letzter Zeit nicht gerade zum besten bestellt war, war wieder ein Stückchen gewachsen.
    Der einzige, der Katjas neue Frisur noch nicht gesehen hatte, war Herr Fellner. Als er am Freitag die Klasse betrat, stutzte er, legte den Kopf schief und sah Katja eine Weile schweigend an. Die Klasse lachte.
    „Na, so was!“ sagte Herr Fellner grinsend. „Ich hätte dich beinahe nicht mehr erkannt! Steht dir ausgezeichnet!“
    Damit trat er auf Katja zu und fuhr ihr prüfend durch die Haare. Er ließ ein paar Strähnen durch die Finger gleiten und wieder zurückfallen.
    „Nein, wirklich! Prima geschnitten!“ lobte Herr Fellner noch einmal und setzte sich schwungvoll auf eine Ecke ihres Tisches, um mit dem Unterricht zu beginnen.
    Katja war, als flösse ein Strom heißer Lava durch ihre Adern. Ihr Herz klopfte in harten, schnellen Schlägen. Die Berührung seiner Hand löste einen Schauer auf ihrer Haut aus. Angestrengt schaute sie vor sich auf die Tischplatte. Sie wäre jetzt nicht imstande gewesen, ihn anzusehen, ohne glutrot im Gesicht zu werden.
    Der Lehrer begann über die Zeit der Christianisierung in Deutschland zu sprechen: Namen wie Bonifatius, Gregor, Fulda, Fritzlar und Würzburg rauschten an Katja vorbei, ohne daß sie den Sinn verstand. Sie ging bereits wieder Hand in Hand mit Herrn Fellner durch den Stadtpark. Warum nicht auch mal in den Dom? Sie standen vor einem Seitenaltar. Wolfgang Fellner legte ihr den Arm um die Schultern, während er ihr das Altarbild erklärte. Sie spürte seine Hand auf der Schulter; jetzt zog er sie ein wenig an sich, der Druck der Hand verstärkte sich.
    Es ist schön so allein mit dir hier, sagte Wolfgang Fellner leise an ihrem Ohr; seine Lippen berührten ihr Ohrläppchen. Und sie antwortete: allein? unter so vielen Menschen? Und er wieder: Was gehen uns die anderen an, mit dir bin ich überall wie auf einer einsamen Insel! Oder nein, noch schöner war es, wenn er sagte: Du hast recht, laß uns gehen! Wohin möchtest du? Und sie sagte: Laß uns wegfahren, einfach drauflos, irgendwohin!
    Dann verließen sie den Dom und stiegen ins Auto. Was hatte er eigentlich für ein Auto? Vielleicht war ein Motorboot besser. Ja, er hatte ein Motorboot unten am Rhein. Es waren nur ein paar Schritte, schon sprangen sie an Deck; Wolfgang Fellner machte die Leinen los, und ab ging die Fahrt rheinaufwärts in Richtung..., in Richtung... Mosel? Oder vielleicht zum Neckar? Heidelberg? Jedenfalls fuhren sie erst mal, und das Boot war mit einem Salon, einem Bad und einer Schlafkoje, mindestens drei mal drei Meter groß, alles mit weichen Kissen und Fellen ausgelegt, eingerichtet.
    Erst einmal standen sie nebeneinander am Ruder; natürlich legte er wieder den Arm um ihre Schultern, und dann bog er
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