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Mister Medusa

Mister Medusa

Titel: Mister Medusa
Autoren: Jason Dark
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dritten Lebensjahr in London lebte und seinen Sohn bereits mit ins Geschäft genommen hatte.
    Italien war für Mario trotzdem das Nonplusultra. Um seiner Heimat näher zu sein, hörten die Kunden die gesamte Zeit über italienische Volksmusik aus dem Radio, die zum Glück nicht zu laut eingestellt worden war.
    Hin und wieder sang Mario mit, und wenn er in Form kam, dann schleuderte er die Schere, den Kamm und die Bürste in die Höhe und spielte seinen Kunden den Jongleur vor.
    Langweilig wurde es bei ihm nie. Zudem war er noch einer vom alten Schlag. Wer sich bei ihm die Haare schneiden ließ, der fühlte sich noch echt bei einem Friseur, denn die Einrichtung war bestimmt mehr als 30 Jahre alt. Es gab ja Kollegen von Mario, die ihren Laden ›Hair Factory‹ nannten und Designer beauftragt hatten, um die Einrichtung zu stylen, aber darauf konnte Mario verzichten. Wobei sein Sohn allerdings anders darüber dachte.
    Er war auch jemand, der gern redete. Hin und wieder, wenn ich in Form war, gab ich ihm auch Antwort, doch an diesem frühen Abend hatte ich keine große Lust zu einem Gespräch. Das hatte Mario auch sehr bald festgestellt und behelligte mich nicht mehr mit Fragen. Seine gute Laune hatte er trotzdem nicht verloren, denn er summte hin und wieder die Melodien aus dem Radio mit.
    Zu gern sprach er mich auf meinen Beruf an. Da wollte er dann herausfinden, welche Fälle ich bearbeitete, und er ahnte auch, auf welch einem Gebiet ich tätig war, doch genau geäußert hatte ich mich darüber nicht.
    Sein Sohn kümmerte sich um meinen Nachbarn. Er rasierte ihn, und seine Bewegungen hatten schon etwas Künstlerisches an sich. Es sah aus, als würde er dabei von einem TV-Team beobachtet.
    Ich ließ mich gegen die weiche Rückenlehne sinken und schloss die Augen. Entspannen, vielleicht ein paar Minuten schlafen, das war doch etwas.
    Die italienische Musik trat zurück in den Hintergrund, und eigentlich hörte ich nur das helle Schnippschnapp der Schere, die sich gerade an meinem linken Ohr entlang bewegte. Ich hoffte nur, dass die Hand nicht ausrutschte und bei mir ein blutendes Erbe hinterließ.
    Es tat wirklich gut, sich zu entspannen. Die Beine hatte ich ausgestreckt und die Füße gegen ein Trittbrett gestellt. Der Spiegel war mir auch egal geworden, denn so eitel war ich nicht, um stets in ihn hineinzuschauen. Da sah man nur immer, dass man älter wurde.
    Meine Gedanken kreisten nicht mal um berufliche Dinge. Ich hatte alles zurückgestellt und überließ mich voll und ganz dem Meister der Schere.
    Mario wusste auch, wie er meine Haare zu schneiden hatte. Ich wollte sie nicht zu lang haben, um so schneller musste ich ihn wieder aufsuchen. Das war zwar für sein Geschäft gut, für meine Zeit allerdings weniger.
    Es lief alles ab wie immer. Meine Haare waren auch gewaschen worden, jetzt schnitt man sie halbfeucht, und die Musik der Schere ließ mich immer schläfriger werden.
    Bis plötzlich jemand meinen Namen rief. Und zwar so laut, dass die Musik übertönt wurde.
    »Sinclair! John Sinclair!«
    Die Musik der Schere verstummte. Selbst Mario war so überrascht, dass er keine Antwort gab.
    Wir alle hatten gehört, dass mein Name von einer Frau gerufen worden war.
    Ich öffnete die Augen.
    »Sind Sie hier, Sinclair?«
    Ja, ich war anwesend. Ein Blick in den Spiegel reichte aus, um die Person zu sehen, die den Laden betreten hatte und zwischen Tür und Spiegel wie eine Rachegöttin stand...
    ***
    Die Polizisten hatten zwei Möglichkeiten, um das Haus des Thore Hamrin zu erreichen. Sie konnten mit dem Wagen auf die Halbinsel fahren, aber auch vom Wasser her kommen. Diesmal hatten sie sich für die Autos entschieden. Drei Fahrzeuge rollten an. An den Seiten vorn und hinten waren sie blau lackiert, alles andere war in einem trüben Weiß gehalten.
    Einige Beamte in ihren blauen Uniformen stiegen aus, aber es waren auch Männer in Zivil dabei. Sie stiegen aus einem grauen Volvo, und der Älteste von ihnen war wohl deren Chef. Er schaute sich um und unterhielt sich dabei mit einem Mann, der in der rechten Hand einen Arztkoffer trug.
    Thore Hamrin war um seine Hütte herumgegangen und stand vor der Tür, wo auch der mit struppigem Gras bewachsene Weg endete. Die Männer hatten zunächst keinen Blick für ihn, bis sich der Ältere aus der Gruppe löste und auf Thore zukam.
    Graue Haare wuchsen bis über die Ohren. Ein zerknittertes, aber nicht unfreundliches Gesicht zeigte sich unter der flachen Schirmmütze, und schmale
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