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Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Titel: Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
Autoren: Patrick R.Ullrich
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Stellungen in den Fürstentümern, Graf- und Ritterschaften Thules bekleiden würden, zumal als Schüler des Wenduul. Zwei, vielleicht drei der Adepten des Sanctums mochten womöglich einmal Meistermagier werden, aber auch unter ihnen befand sich kein Wenduul; und er sagte sich das ohne einen Anflug von Eitelkeit. Es ist noch Zeit, flüsterte er zu sich selbst und fand nur wenig Beruhigung darin. Du wirst einen Nachfolger finden. Du musst – einen Nachfolger finden!
    Und er trank den letzen Rest Tee, aber er war kalt geworden, schmeckte nun bitter. Enttäuscht versuchte er die Tasse abzusetzen, doch sie entglitt seinen gefühllosen Fingern, zerschellte auf dem Steinboden, ohne dass er ihren Fall mit seinen ewig jungen geistigen Fingern gebremst hätte. Ohne erkennbare Regung betrachtete er seine Hand, an der die Gicht, die in tödlicher Absicht durch seinen Körper kroch, sichtbare Zeichen hinterlassen hatte. Mit einem Gefühl von Traurigkeit sah er zu, wie das Weltengewölbe sich färbte und ein winziger Lichtreflex, dort, wo das Meer in den Himmel überging, den Aufgang der Sonne versprach.
    Etwas später am Tag musterten die Torwachen am Eingang der Schlossburg Dornruhe mit leichtem Argwohn den näher kommenden Erzmagier. Hatten sie doch in den Stadtschenken schon die tollsten Geschichten über den alten Wenduul gehört, wenngleich etliches davon ausgeschmückt sein dürfte und mangelnde Glaubwürdigkeit durchaus dem Grad der Betrunkenheit des Erzählers geschuldet war. Trotzdem rissen sie die Hellebarden zum Ehrengruß hoch und standen in exzellenter Haltung, bis die hagere Gestalt, in der Robe der thulischen Magier, um die nächste Ecke verschwand; und wahrscheinlich taten sie auch gut daran, denn der Geistgreifer war in grüblerischer Stimmung und daher leicht reizbar. Zügigen Schritts durchmaß er die Gänge und Hallen und hatte wenig Beachtung für die Aufmerksamkeit, die sein Erscheinen auslöste und noch weniger für jene tuschelnden Höflinge nebst dazugehörigen Damen, die, als unvermeidbarer Bestandteil des Schlosslebens, sich im Glanze der Mächtigen sonnten.
    Nur Gordred, dem ehrgeizigen Haushofmeister und Kanzler des Reiches, nickte er knapp zu und nahm einen ebenso karg bemessenen Gruß entgegen. Man mochte sich nicht besonders, man nahm sich gegenseitig hin wie schlechtes Wetter – unerfreulich, aber unvermeidbar. Er wird die kurze Zeit leicht warten können, bis ich nicht mehr bin, dachte Wenduul finster, denn Gordred war jung. Einstweilen aber war er der Erzmagier, und damit eine der drei Säulen von Thules Autorität, und er war in der rechten Stimmung, dem Kanzler dieses auch klarzumachen. So hielt er an und wartete stumm, den Blick des Kanzlers in seinem haltend. Nicht unzufrieden stellte er fest, dass der Kehlkopf Gordreds zu hüpfen begann. Nach nur wenigen Augenblicken brach dessen Widerstand zusammen und er vollführte eine formvollendete und viel beachtete Verbeugung. Als er sich aber mit hochrotem Kopf aufrichtete, war Wenduul schon weitergeschlurft. An der Bohlentür angelangt, die zu den Lieblingsräumen des Königs führten, sie waren eine Kombination aus Bibliothek und Arbeitsraum und schon der Vater des jetzigen Herrschers hatte sich gerne dort aufgehalten, scheuchte er die schwer gerüsteten Wachen mit einer Handbewegung fort und trat ein. Sofort erklang die kräftige Stimme des Königs.
    »Einen guten Morgen, Großmeister Wenduul.« Das entlockte dem ernst gestimmten Magier ein Lächeln, denn Keleb saß, ihm abgewandt, in einem Ohrensessel und schien zu lesen. Wer aber sonst, außer dem störrischen Erzmagier, betrat die ureigenen Räume des Königs, ohne avisiert zu sein.
    »Einen ebensolchen, mein junger König«, erwiderte der Magier des Königs Gruß und wartete ab. Mit einem Seufzer klappte Keleb den Folianten zu, warf ihn achtlos auf den Tisch vor sich und stemmte sich aus seinem Sessel hoch.
    »Was führt Euch zu mir, Erzmagier?«, fragte er und sah seinen Besucher gefasst an.
    »Kann ich etwas für Euch tun?« Das Bild, das sich ihm bot, erfreute Wenduul. Sah doch Keleb seinem Vater so ähnlich und wurde ihm mit jedem Tag noch ähnlicher. Vielleicht, dass sein Haar von einem noch kräftigeren Rot war, aber die Augen waren ganz die des verstorbenen Thore und leuchteten und funkelten in strahlendem Blau aus dem kantigen Gesicht.
    »Es ist vielmehr so, mein König, dass ich etwas für Euch tun möchte.« Sollte er neugierig sein nach dieser Eröffnung seines Erzmagiers, so
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