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Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Titel: Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
Autoren: Patrick R.Ullrich
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Tarinth. Warum wohl, frage ich mich.« Bissig war der Ton, in dem er sprach und bewusst gewählt, nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, seiner Laune wegen. Ruhig verschnürte er die Arme, zupfte die Rüschen zurecht und verschloss den Mantel, während er auf eine Antwort wartete, die, so schien es, nicht kommen wollte.
    »Sollte dich der unverhüllte Anblick eines alten Mannes derart sprachlos gemacht haben?«, schloss er mit bitterer Belustigung.
    »Großmeister. Es ist nur ...«, stammelte der Junge.
    »... dass es sich genau so verhält, nicht wahr?«, hielt er dem Stotternden entgegen, hob einen Arm und wies auf den großen Balkon seines Gemachs. Tarinth, folgsam, setzte sich in Bewegung und servierte den Tee, peinlich darauf bedacht, nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten. Des Großmeisters Vergnügen an Verwirrung seiner Umgebung war nur zu gut bekannt und es gab nicht wenige, die seine Zunge noch mehr fürchteten, als sein Wissen um die Macht der Magie. Jener Gefürchtete hatte sich zwischenzeitlich bequem auf einem der eigens für ihn von den Zwergen hergestellten Sessel niedergelassen und rückte die zahllosen Kissen zurecht.
    »Sonst noch etwas, Großmeister?«
    »Nein. Das heißt, du kannst mir etwas Gesellschaft leisten und eine Tasse Tee mit mir trinken.« Das wirre, weiße Haar hing ihm ungeordnet ins Gesicht, weshalb seine Augen, die längst begonnen hatten, spöttisch zu blinzeln, nicht zu erkennen waren.
    »Oder möchtest du das gar am Ende nicht?«, fragte er in einem Tonfall, als spräche er etwas Unvorstellbares aus und setzte die Tasse klirrend ab. Das Geräusch ließ den Jungen erschauern wie ein kalter Luftzug.
    »Ehre und Vergnügen gleichermaßen, Großmeister«, beeilte sich Tarinth zu versichern und hoffte darauf, die Überzeugung, die er in seine Stimme gab, mochte glaubhaft klingen.
    »Tatsächlich? Das freut mich, guter Junge. Setz dich nur und schenk ein!« Während der alte Zauberer genüsslich an seiner ersten Schale Tee nippte, versuchte Tarinth vergebens, mit den Rädern und Hebeln der zwergischen Konstruktion fertig zu werden, die ihm als Sitzgelegenheit dienen sollte, und manövrierte sich, im völligen Widerspruch zu den Möglichkeiten der meisterhaften Arbeit, in die denkbar unbequemste Stellung, die nur vorstellbar war.
    Gerade noch dazu in der Lage, führte er die Tasse zum Mund und verbrannte sich prompt die Zunge.
    »Ist er gut, der Tee? Du hast gar keinen Kandis genommen«, fragte der Magier ungerührt. »Ich trinke ihn gerne so, Großmeister«, lispelte Tarinth unglücklich.
    »Erstaunlich. Genau wie ich. Da sieh einer an.« Mit einem Zug trank der Alte seine Tasse leer, lehnte sich ein wenig zur Seite, besah sich den Schlamassel interessiert und ausgiebig. Tarinth, der mittlerweile derart in den Sessel verbaut war, dass er sich kaum noch zu rühren vermochte, versuchte mit Energie, doch vergeblich, einen letzten Rest Würde zu bewahren. Mit einem Seufzer griff der Zauberer nach einem Hebel an der Seite der zwergischen Arbeit und in einer Serie von Klicklauten faltete sich das Konstrukt zusammen und kam flach auf dem Sandsteinboden des Balkons zum Liegen, der Junge nun obenauf. Die Tasse aber blieb, wie von Geisterhand gehalten, in der Luft zurück.
    Tarinth konnte sich nicht sattsehen. Nicht ein einziges Mal war ihm dieses Kunststück bisher gelungen. Gefäß oder Inhalt, ja, ja, eines von beiden immer, ja, aber niemals, nie beides zusammen. Eines entzog sich ihm zuverlässig, und da er schon ausreichend Geschirr, Krüge, Gläser und Becher zerbrochen hatte, endete jede Übung in letzter Zeit immer mit einem großen, nassen Fleck auf dem Boden des Sanctums und einem Blick des Erzmagiers, der ihm Schlaf und Selbstvertrauen nachhaltig raubte.
    »Beherrsche deine Gesichtszüge, bleibe, wann immer möglich, bei der Wahrheit und täusche keinen Geschmack an Dingen vor, nur um wohlgelitten zu sein!« Unter den Worten des Meisters begann der Schüler sich aufzurappeln und stand mit schuldbewusster Miene da. »Ja, Meister.«
    »Kein Grund für Betrübnis«, sprach der Magier eine Spur sanfter. »Das passiert hohen und höchsten Herrschaften, reicher an Erfahrung und Jahren. Du aber wirst einmal Magier sein und über einen Teil der Allmacht verfügen, wenn auch über einen recht überschaubaren Teil, wie ich befürchte. Damit nicht du und die Macht, die dir innewohnen wird, missbraucht werden können, musst du Selbstbeherrschung lernen.« War auch Inhalt und Bedeutung der
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