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Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Titel: Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
Autoren: Patrick R.Ullrich
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niedergeworfen, erhebt sich von Neuem. Das Gleichgewicht ist in Gefahr.
    Ist es dies nicht immer? Es beginnt gerade erst und so ist noch Zeit, denn alles bewegt sich stets.
    Und wir? Und wir? Sehen wir nur zu, Schwester? Lassen dem Schicksal den freien Lauf?
    Es ist nicht an uns, Liebes. Noch nicht, denn es ist eine Welt der Menschen. Hab Geduld. Hab Vertrauen. Vertrauen und Geduld.
    Ja, Schwester.

»Die Quantenmechanik ist achtungsgebietend, aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist.
    Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der Alte nicht würfelt.
    Albert Einstein im Streit mit Max Born
    *
    »Als der Schöpfer die Welten schuf, war es vermutlich nicht sein größtes Anliegen, dass wir alles verstehen müssen.«

    Wenduul von Thule zu den Adepten des Magiersanctums
    *

 
Erster Teil

Das Kind aus dem Baum
    » E s war nur ein Tier.«
    Der beschwichtigende Tonfall der Frau war deutlich zu hören, auch wenn sie tapfer versuchte, ein wenig Trotz hineinzulegen.
    »Tiere haben einen Sinn dafür. Wer noch hat je einen Borkenkeiler vor einem kleinen Mädchen Reißaus nehmen sehen?«
    Die Stimme, die da so hart und herrisch den kargen Raum der Erdhütte füllte, gehörte zum Müller des Weilers Njörndaal, der gleichzeitig auch das Amt des Ortsmeiers wahrnahm. Bis heute, denn so ein Müller war ein mächtiger Mann unter kleinen Leuten, hatte ihm auch noch nie jemand seine Stellung streitig gemacht. Und nun stand diese kleine, aber überaus wehrhafte Frau vor ihm und kannte nur Widerworte.
    »Wer hat es denn gesehen, Müller? Wer?«
    Absichtlich sprach Ariane, die Frau von Mors dem Köhler , den Erbosten nicht mit seinem Amtstitel an und wich auch seinem Blick nicht aus. Keck schob sie das Kinn vor und die blauen Augen im stupsnasigen, sommersprossigen Gesicht funkelten kampfeslustig. Der Angesprochene registrierte es mit Unbehagen und das ärgerte ihn noch mehr. Anstatt, wie es sich seiner Meinung nach gehörte, demütig den Blick zu Boden zu richten und sein Urteil zu empfangen, empörte sich des Köhlers Weib auch noch frech. Da soll doch Araas´dunkle Schwester dazwischen fahren!
    »Mein Sohn sah es. Wer bist du, ihm nicht zu glauben, Weib?«, fuhr er sie an und probierte sich in würdevoller Verachtung. So, wie seine Frau es ihm immer beizubringen versuchte; was jedes Mal damit endete, dass er sich anschließend betrank, um ihren mitleidigen Blick zu vergessen.
    »Ein Junge von sechs Jahren, jawohl. Und darauf also stützt sich dein Urteil?« »Er sah, was er sah und ich glaube ihm ...«
    »Grad so, wie ich meiner Tochter glaube!«, begehrte die Köhlerin auf und weder ihre Stimme noch die Klarheit ihres Blickes schwankten.
    »Es ist deine Tochter nicht!«, brüllte der Müller; sein letztes, und, wie er meinte, gewichtiges Argument in den Ring werfend, jedes einzelne Wort betonend.
    »Also rede nicht daher. Aus dem Wald hat er sie angeschleppt und dorthin wird er sie auch wieder bringen, bevor ein Unheil über uns alle kommt.«
    Im Freien, direkt unter der Fensterbank, die nicht, wie der Rest der Behausung, ins Erdreich eingegraben war, kauerte das Objekt des Zwistes und zitterte still vor sich hin. Der Ärger darüber, dass es ihr nicht gelingen wollte, ihre flatternden Gliedmaßen unter Kontrolle zu bringen, erzeugte einen Kloß in ihrem Hals und wütend stellte sie fest, dass sich nun auch noch ihre Augen, ganz gegen ihren Willen, mit Tränen füllten. Diese dummen, eigensinnigen Augen, dachte das vibrierende Bündel erbost. Sie verabscheute die laute, rumpelnde Stimme des Müllers. Sie verabscheute den Mann selbst und am meisten verabscheute sie die Angst, die beide, Stimme und Mann, in ihr auslösten. Alles nur wegen des dummen ... Schweins!
    Dabei war es schon einige Stunden Tag gewesen. Wer sollte denn damit rechnen, im helllichten Sonnenschein einem Borkenkeiler über den Weg zu laufen? Im letzten Moment erst hatte sie das Ungetüm gesehen. Wohl auch deswegen, weil sie die Hänseleien Horges, des Müllersohns, überhören wollte, was ihr derart gut gelungen war, dass sie das Fehlen der hämischen Sticheleien erst bemerkte, als der borstige Muskelberg sich schon angriffsbereit machte. Nahezu unfähig, sich zu rühren, prägte sich jede Einzelheit in ihr Gedächtnis: Der krumme Rücken, der wie ein haariger Hügel aufragte. Die mächtigen, gelben Hauer, die kreuz und quer aus dem Maul des Keilers
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